Aufhausen:Umzug in den Kuhstall

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In Schloss Aufhausen residierten über die Jahrhunderte hinweg verschiedene Adelsgeschlechter. (Foto: privat)

In Schloss Aufhausen leben heute auch Familien mit Kindern

Von Lisa Schnell, Aufhausen

Baron und Baronin von Hammerstein wohnen in einem Kuhstall. So weit ist es also mit dem Adel gekommen, seufzen da vielleicht Leser von Klatschblättern, die gerne über die goldenen Schleifchen im Haar von Prinzessinnenschoßhündchen lesen. Mit Freuderufen dürfte die Nachricht vom Adelsgeschlecht im Kuhstall dagegen im eher links orientierten Lager aufgenommen werden. Dort wollte man ja nie so recht einsehen, warum manche eben gleicher sind als andere. So wird man sich in diesen Kreisen wohl auch nicht wundern, dass der Kuhstall eigentlich gar kein Kuhstall mehr ist, sondern renoviert und hergerichtet und wohl recht königlich möbliert.

Nicht Geldnot zwang die Hammersteins, ihr Gemach zu wechseln, sondern das Alter. Der ehemalige Kuhstall ist nun mal ebenerdig und für das Adelspaar, er 85, sie 83 Jahre alt, eben bequemer. Früher aber, da wohnten sie natürlich in ihrem Schloss, nicht weit vom Kuhstall. Baronin Friederun von Hammerstein erbte Schloss Aufhausen von ihrem Onkel vor 32 Jahren. "Wir haben die Erfüllung unseres Lebens gefunden", sagt ihr Mann Alexander von Hammerstein. Davor lebten sie wohl auch nicht schlecht. Sie betrieben einen Antiquitätenhandel in Gauting. Ihr Einfamilienhaus, das sie sich dort hinbauten, war bestimmt auch sehr wohnlich, ein Schloss aber war es eben nicht. Pferde gab es nicht, keine Kapelle, keinen Rittersaal und schon gar keine eigene Kegelbahn mitten im Garten. Schloss Aufhausen allerdings war für Hammerstein ein Traum, auch wegen seiner Lage.

Auf der einen Seite der Wald, stundenlang kann man dort reiten, ohne eine Menschenseele zu sehen, auf der anderen Seite die S-Bahn, vier Minuten entfernt, das Einkaufszentrum fünf. Auch schon im 16. Jahrhundert war es die Nähe zu München, die das Schloss für den damaligen Bürgermeister Christoph Schrenk zu Notzing attraktiv machte. Nur einen Tagesritt durfte er von seinem Amtssitz entfernt wohnen, so war die Bedingung des damaligen Magistrats, erzählt Schlossherr Hammerstein. Im Jahr 1720 wurde das Schloss dann im barocken Stil umgebaut, wie es auch heute noch dasteht. "Ein ganz kleines Schlösschen", sagt der Schlossherr und meint damit 400 bis 500 Quadratmeter. Doch in den üppigen Treppenhäusern kann man ja nicht wohnen, auch nicht in den Festsälen. Die Wohnräume reichten gerade so für seine Frau, ihre vier Kinder und ihn. Die Festsäle vermieten sie für Hochzeiten, die überdachte Kegelbahn im Garten - mehr als 100 Jahre alt und wohl eine der ältesten in Bayern - wird gerne für Herrenabende genutzt. In den früheren Gesinderäumen wohnen mittlerweile etwa zehn Familien mit etwa 40 Kindern. Dazwischen stolzieren Pfaue und so interessante Geschöpfe wie sechshörnige Ziegen über die Wiesen. Die beobachten Hammersteins von ihrem königlichen Kuhstall mit ebenso viel Freude wie früher vom Schloss.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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