Ansbach:Der Dienstbusfahrer

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Hält zum umstrittenen Klinikchef: Der Bezirkstagspräsident Mittelfrankens Richard Bartsch. (Foto: oh)

Neue Zweifel am Gebaren von Mittelfrankens Bezirkskliniken-Chef Nawratil: Das detaillierte Angebot einer Firma landete "vertraulich" bei deren Konkurrenz

Von Uwe Ritzer, Ansbach

Eigentlich sollte die jüngste Sitzung des Verwaltungsrates der Bezirkskliniken Mittelfranken eine Art Fortbildung sein. Chefärzte der psychiatrischen Kliniken und Therapieeinrichtungen des Bezirks, in denen 3000 Menschen arbeiten, sollten über Entwicklungen in ihren jeweiligen Fachgebieten referieren. Weit brisanter jedoch war ein von Verwaltungsratschef und Bezirkstagspräsident Richard Bartsch (CSU) kurzfristig auf die Tagesordnung gesetztes Thema. Es ging unter anderem um die Frage, warum Klinik-Chef Helmut Nawratil gleich zwei Dienstwagen braucht und einer davon ein hervorragend ausgestatteter Campingbus sein muss.

Auch die fast 50-prozentige Gehaltserhöhung auf 380 000 Euro jährlich, welche die Verwaltungsräte eine Sitzung vorher für den intern wegen seiner Methoden umstrittenen Klinikmanager beschlossen hatten, kam noch einmal zur Sprache. Nicht etwa, weil sich die Bezirkspolitiker fragten, ob ein solch gewaltiger Gehaltsaufschlag samt einem VW Phaeton, plus einem Campingbus als Dienstautos für monatlich gut 2200 Euro Leasinggebühren statthaft sind für den Vorstand eines öffentlichen Unternehmens, das beim Personal doch erklärtermaßen sparen will.

Vielmehr äußerten sich Sitzungsteilnehmern zufolge vor allem CSU-Verwaltungsräte empört darüber, dass diese und andere merkwürdige Details aus dem konfliktreichen Innenleben der Bezirkskliniken überhaupt öffentlich geworden sind. Genauso wie das ständige Kommen und Gehen von Führungskräften oder die bizarre Abmahnung, die Nawratil einer Pförtnerin erteilen ließ, weil sie an einem düsteren Herbstmorgen um 6.45 Uhr die Jalousie der Ansbacher Klinikpforte noch nicht hochgezogen hatte.

Bezirkstagspräsident Bartsch und Busfahrer Nawratil sind bemüht, Kritik als anonyme und damit gewissermaßen unanständige Vorwürfe abzutun, die längst überprüft und als unberechtigt qualifiziert seien. Informationen von Mitarbeitern der Bezirkskliniken und interne Unterlagen deuten jedoch darauf hin, dass es noch einiges im Gebaren Nawratils zu hinterfragen gibt. Zum Beispiel einen E-Mailverkehr vom November 2015.

Damals stand bei den Bezirkskliniken die Überlegung im Raum, die eigene Fahrzeugflotte komplett auf Mietautos umzustellen. Also holte der zuständige Mitarbeiter ein detailliertes Angebot einer Firma ein. Der Autoverleih schickte ihm daraufhin eine präzise Offerte, die bis auf den Cent die Kosten für verschiedene Fahrzeugtypen, aber auch Versicherungskonditionen, Tankpauschalen oder auch den Verzicht auf Kilometerbegrenzungen enthielt.

Der Mitarbeiter leitete die E-Mail der Firma an seinen Chef Nawratil weiter. Der wiederum behielt das Angebot nicht für sich, sondern schickte es eins zu eins an einen Konkurrenten des Autoverleihs weiter - das VW-Autohaus Breitschwert in Ansbach, das der Familie des früheren CSU-Landtagsabgeordneten und Ansbacher Kommunalpolitikers Klaus-Dieter Breitschwert gehört. "Bitte zur unbedingt vertraulichen Information und nur persönlichen Rücksprache mit mir", wie Nawratil in seiner Mail an einen Breitschwert-Vertreter bat. Biete die Firma Breitschwert eventuell in Kombination mit einem anderen Autohaus "ein besseres Angebot, dann würde ich gerne dies über Breitschwert machen", schrieb Nawratil.

Eine geplante Vergabe ohne vorherige Ausschreibung? Warum leitet ein Klinikvorstand überhaupt das detaillierte Angebot einer Firma an deren Konkurrenten weiter? Wie verhält sich das mit den Grundsätzen für sauberes, einwandfreies Wirtschaften, neudeutsch "Compliance" genannt, die auch für Bezirkskliniken gelten. Und warum die Heimlichtuerei in der E-Mail, wenn doch alles korrekt ist?

Letzteres behauptete zumindest auf SZ-Anfrage die Sprecherin der Bezirkskliniken. Es habe sich nur um eine völlig normale "Markterkundung" gehandelt, um herauszufinden, ob eine EU-weite Ausschreibung nötig sei. Bei solchen Erkundungen sei es "üblich, die Vertraulichkeit der Anfrage zu wahren". Im Übrigen sei eine solche Anfrage "nur mit Mengengerüsten sinnvoll, da Preise mengenabhängig sind", so die Sprecherin. Ein Jahr später sei der Auftrag dann EU-weit ausgeschrieben worden, und die Firma Breitschwert habe sich an diesem Verfahren nicht beteiligt. Offen blieb, warum bei einer "Markterkundung", einer schieren Umfrage also, Breitschwert das Angebot seines Konkurrenten kennen musste.

Im Verwaltungsrat kam der fragwürdige Vorgang dem Vernehmen nach noch nicht zur Sprache. Dafür soll den Aufsehern eine hübsche Erklärung geliefert worden sein, warum Nawratil neben seinem eigentlichen noch einen schicken Campingbus als Dienstwagen braucht. Betriebswirtschaftlich soll das sinnvoll sein, hieß es. Und außerdem arbeite der Mann doch so viel. Selbst im Campingbus.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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