Agrar:Wetter-Sorgen: Bauern erwarten unterdurchschnittliche Ernte

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Eine Pflanze ist auf einem Acker zu sehen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Auf den Feldern in Bayern rollen die Mähdrescher, die Erntesaison beginnt. Erneut machen den Bauern die Folgen des Klimawandels zu schaffen.

Von Sabine Dobel, dpa

Vaterstetten (dpa/lby) - Zerrupft und vertrocknet sehen die Ähren des Winterweizens aus. Und die Karotten, die Bauer Markus Großmann zeigt, sind klein. Im Frühjahr Nässe und damit zu späte Aussaat, dann Trockenheit: Bayerns Bauern kämpfen mit den spürbaren Folgen des Klimawandels und erwarten für diese Saison eine unterdurchschnittliche Ernte.

Das sei keine „tolle Botschaft“, sagte Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) am Mittwoch bei der Erntefahrt in Vaterstetten im Landkreis Ebersberg. Deutschlandweit wird die Getreideernte nach Schätzungen um fünf Prozent unter dem Zehnjahresschnitt und drei Prozent unter dem Vorjahr liegen.

„Seit Wochen fehlen Niederschläge, es ist viel zu trocken“, sagte Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). Das sei vor allem für Kulturen wie Sommergerste, Mais oder Kartoffeln dramatisch. Beim Weizen hoffen die Bauern noch auf Regen zur besseren Reifung. „Wir wissen schon sehr lange, dass der Klimawandel keine Theorie ist, sondern wir spüren ihn jeden Tag in der Praxis.“

Nordbayern werde es noch stärker treffen als den Süden, sagte Felßner. Trotz der erwartbar geringeren Ernte fielen die Getreidepreise. Die gestiegenen Lebensmittelpreise wiederum kämen nicht bei den Landwirten an, die bei hoher Inflation erhöhte Kosten für Düngemittel, Treibstoff und Futter finanzieren müssten. Die Bauern sorgten nicht nur für Ernährung; ihre Flächen dienten auch der Energieversorgung, der CO2-Speicherung und der Artenvielfalt.

Scharfe Kritik gab es an der Agrarpolitik aus Brüssel und Berlin. EU-Vorgaben zur Stilllegung von Flächen seien kontraproduktiv. „Wo ist denn der Vorteil, wenn man Fläche stillegt?“, sagte Kaniber. „Die Weltbevölkerung wächst jeden Tag.“ China und Russland kauften weltweit Flächen auf. „Andere große Länder produzieren und produzieren - und sichern sich damit natürlich auch ein strategisches Ziel. Was uns bei der Energie passiert ist, dass wir abhängig geworden sind, darf uns bei den Lebensmitteln auf keinen Fall passieren. Ernährungssouveränität Europas hat oberstes Gebot.“

Auch Felßner sagte: „Wir brauchen Lösungen, wie wir Flächen mehrfach nutzen. Dass wir hier in Bayern weniger produzieren, ist der falsche Weg.“ Das bedeute nur mehr Importe - aus Ländern, in denen niedrigere Standards gelten. „Das hilft den Tieren nicht, der Umwelt nicht, dem Klimaschutz nicht.“ Das sei eine „unehrliche Politik“.

Bayerns Bauern arbeiteten nach höchsten Umweltstandards, unterstrich Kaniber. Tierwohlprogramme müssten auch finanziell ausreichend ausgestaltet sein, sagte sie Richtung Berlin. Das Programm, das derzeit auf dem Tisch liege, sei ein „Armutszeugnis“. Es handele sich nicht um ein Umbauprogramm bei der Nutztierhaltung, sondern um ein Abbauprogramm. Bayern unterstütze die Bauern hier über den Umbau von Ställen hinaus bei den Folgekosten.

Zum Öko-Landbau sagte Kaniber, die Zahl der Ökobetriebe habe sich im Freistaat binnen zehn Jahren verdoppelt. Man wolle 30 Prozent Öko-Landbau bis 2030 erreichen. Bayern nehme hier 110 Millionen Euro jährlich in die Hand. Dennoch hält Kaniber an der Freiwilligkeit bei der Umstellung auf Öko-Landwirtschaft fest. Bei der Mehrgefahrenversicherung sei Bayern vorn dran. Der Freistaat unterstütze das mit zweistelligen Millionenbeträgen. Auch etwa Hagel macht den Bauern immer wieder zu schaffen.

Auf dem Mais-Feld von Ökobauer Matthias Hackl im Vaterstettener Ortsteil Baldham sind die Blätter vom Hagel zerfetzt, zwischen den Maispflanzen sprießt Unkraut, das sonst im Schatten der Blätter klein geblieben wäre. Daneben auf dem abgeernteten Wintergerste-Feld ist der Boden zwischen Stoppeln mit Körnern bedeckt, die der Hagel heruntergeschlagen hat. 75 Prozent der Körner sind vernichtet.

Auf den Weltmärkten führten der russische Krieg gegen die Ukraine, aber auch globale Extremwetterereignisse wie El Niño zu Verwerfungen, sagte BBV-Getreidepräsident Hermann Greif. In den USA, aber auch in Indien und Australien gebe es Trockenheit. „Es ist damit zu rechnen, dass damit Ausfälle bei den in den vergangenen Jahren wichtigen Weizenexporteuren verbunden sein werden.“

© dpa-infocom, dpa:230704-99-284124/4

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