70. Geburtstag von Edmund Stoiber:König für eine Nacht

Lesezeit: 3 min

Mit großen Gesten und den Gebirgsschützen: Auf einer imposanten Feier zu seinem 70. Geburtstag erhält Edmund Stoiber späte Genugtuung und wird mit Lob überschüttet.

Peter Fahrenholz

Lange Reden ist Edmund Stoiber gewohnt. Allerdings hat er sie meist selber gehalten, und die anderen mussten sich in Geduld fassen. An diesem Abend muss Stoiber erst einmal fast zwei Stunden zuhören, ehe er selber zu Wort kommt. Aber wohl selten dürfte er dabei von einer vergleichbaren Woge des Wohlgefühls erfasst worden sein.

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"Bleib unbequem, dann bist du am besten": Im Prinzregententheater in München feiert die Prominenz aus Politik und Gesellschaft den 70. Geburtstag von Edmund Stoiber. Dem einstigen CSU-Chef und Ministerpräsidenten gefällt es - und seine Gesten erinnern an alte Zeiten.

Birgit Kruse und Ingrid Fuchs

Die Feier zum 70. Geburtstag des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden ist nämlich weit mehr als ein gigantisches Fest. Sie ist vor allem eine lang ersehnte Wiedergutmachung für Stoiber, eine Huldigung, die die Schmach von 2007 vergessen macht, als seine eigene Partei ihn gestürzt hat.

Allein schon der Rahmen ist imposant. Wer kommt schon in den Genuss, seinen Geburtstag im vollbesetzten Prinzregententheater zu feiern (noch dazu, wenn die Kosten freundlicherweise von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft übernommen werden)?

Und als Gratulanten neben dem Gastgeber, Arbeitgeber-Chef Randolf Rodenstock, nicht nur den amtierenden Ministerpräsidenten Horst Seehofer sowie den Präsidenten des FC Bayern, Uli Hoeneß, sondern auch Kanzlerin Angela Merkel und den Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, geboten zu bekommen? Auch die Gästeliste ist illuster und reicht weit über die übliche Münchner Bussi-Gesellschaft hinaus. Eine ähnliche Mischung aus wirklich Prominenten und Wichtigen hat sonst nur der Neujahrsempfang geboten, den Horst Seehofer dummerweise aus falscher Sparsamkeit abgeschafft hat.

Dass Edmund Stoiber an diesem Abend mit Lob überschüttet wird, hat aber nicht nur damit zu tun, dass er Geburtstag hat. Sondern auch damit, dass seine Zeit an der Spitze Bayerns über viele Jahre eine Erfolgsgeschichte gewesen ist. Grob gesagt zerfällt Stoibers Regierungszeit in drei Teile: Die ersten Jahre waren strahlend, nach der gescheiterten Kanzlerkandidatur wurde es allmählich anstrengender mit ihm, und ganz am Schluss erst stand das Desaster. In der Gesamtbilanz ergibt das klarerweise ein positives Saldo.

Normalerweise haben es Geburtstagsreden ja an sich, dass jegliche Animositäten und Konflikte mit dem Geburtstagskind unter den Teppich gekehrt werden und für die Dauer der Rede die Illusion unverbrüchlicher Freundschaft beschworen wird. Das ist bei den Gratulationsrednern an diesem Abend allerdings nicht so einfach, denn einige von ihnen haben eine durchaus wechselvolle Geschichte mit Stoiber hinter sich.

Am leichtesten tut sich da Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der es nur mit dem Fußballfan Stoiber zu tun hat. Hoeneß gelingt es auf liebevolle Weise, einen Stoiber zu zeichnen, den die Öffentlichkeit sonst nicht kennt. Der auf der Tribüne ausflippen kann, wenn es bei seinem FC Bayern schlecht läuft, aber am liebsten sofort alle Verträge verlängern würde, wenn die Mannschaft mit 3:0 führt. "Wir brauchen dich noch lange, Edmund", ruft er ihm zu.

Mit Abstand am elegantesten löst Horst Seehofer das Problem, dass er mit Stoiber nicht nur schöne Momente erlebt hat. Seehofer kann, wenn er will, ein unwiderstehliches Portwein-Timbre in seine Stimme legen, das über alle Konflikte hinwegschmeichelt. "Vergelt's Gott für dieses großartige Lebenswerk", sagt er zu Stoiber und dann umarmen sich beide Männer, ohne dass auch nur der Hauch eines Anscheins entsteht, sie könnten es nicht absolut ehrlich dabei meinen.

EU-Präsident Barroso, der sich völlig zu Unrecht für sein - in Wahrheit ausgezeichnetes - Deutsch entschuldigt, verzichtet galant darauf, die Euro-kritische Phase im Leben Stoibers auch nur zu streifen, sondern lobt statt dessen Tönen dessen heroischen Kampf gegen die Brüsseler Bürokratie. Angela Merkel hingegen hat nicht ihren besten Tag.

Vielleicht spukt ihr der Euro-Rettungsschirm im Kopf herum, so lustlos spult sie ihre Rede herunter. Für Merkel war der hitzköpfige Stoiber immer so eine Art Wesen von einem anderen Stern, was auch umgekehrt gegolten hat. Aber auch eine lustlose Merkel beherrscht die Kunst, en passant ein paar Hiebe zu verteilen. "Unsere Wege haben sich oft gekreuzt, ziemlich oft bei Mahlzeiten", sagt Merkel, und natürlich lacht der Saal und hat das Wolfratshauser Frühstück vor Augen.

Dann endlich kommt Edmund Stoiber dran. Stoiber ist zur Rührung zwar durchaus fähig, hat in seinem politischen Leben aber meist deren Unterdrückung favorisiert. An diesem Abend aber zeigt er sich "überwältigt und natürlich auch menschlich bewegt". Auch Stoiber verschweigt in seiner Dankesrede die Konflikte mit Merkel nicht. "Du hast es glänzend überstanden", attestiert er ihr und fügt dann hinzu: "Und ich glaube, ich auch."

Dann sind die Reden vorbei, und Edmund Stoiber steht im Foyer des Theaters, umlagert von Gratulanten. Er ist der Mittelpunkt, so wie früher. Plötzlich ist das alte Bayern wieder da. Es ist, als ob das Ancien Régime eine kurze Auferstehung feiern würde, das mit Edmund Stoiber seine Glanzzeit erlebte, aber dann mit ihm auch irgendwie versunken ist. Oder etwa doch nicht? "Ich habe noch einiges vor", ruft Stoiber in seiner Rede. Das lässt interessante Assoziationen zu. Wo doch Stoiber-Freund Putin eben erst verkündet hat, dass er in den Kreml zurück möchte.

© SZ vom 30.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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