Verkehrsrecht:Stau-Frust auf der Kreuzung

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Wenn die Ampel grün ist, hält es viele Autofahrer mit ihrem Gefährt nicht mehr am Platz. Egal, ob die Kreuzung vor ihnen frei ist oder nicht. (Foto: imago/Eibner)

Sobald die Ampel auf Grün springt, drängen Autofahrer im Feierabendverkehr auf die eigentlich überfüllte Kreuzung - obwohl das verboten ist. Ein Fahrlehrer erklärt, wie man es besser macht.

Von Felix Reek

München, 18.30 Uhr. Die Straßen sind wie immer chronisch überfüllt. Jeder will von der Arbeit nach Hause, natürlich zur selben Zeit. Endlich wird die Ampel grün. Die Kreuzung ist zwar immer noch voller Autos, aber egal. Es ist spät, der Feierabend ruft, wer nicht fährt, kommt nicht nach Hause. Also schießt der erste an der Ampel nach vorne, auch wenn er nach ein paar Metern hinter zwei anderen Fahrzeugen mitten auf der Kreuzung zum Stehen kommt. Quälende Sekunden verstreichen, doch es geht nicht weiter. Bis die Ampeln des Querverkehrs auf Grün schalten und die Autos dieser Spur wiederum hupend auf die Kreuzung fahren. Der Verkehr kommt vollständig zum Erliegen.

Die beschriebene Situation wiederholt sich so oder so ähnlich täglich auf deutschen Straßen. Dabei sollten es die Autofahrer eigentlich besser wissen. Dass eine Kreuzung nur befahren werden darf, wenn sie frei ist, lernen sie in der Fahrschule. Es gibt sogar eine Aufgabe im offiziellen Fragenkatalog der theoretischen Fahrprüfung dazu: "In welchen Fällen dürfen Sie nicht in eine Kreuzung einfahren, obwohl die Ampel 'Grün' zeigt?" Eine der richtigen Antworten dazu: "Wenn ich auf der Kreuzung warten muss, weil der Verkehr stockt."

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Ist die Kreuzung voll, heißt es warten

Bei der Frage, warum die Autofahrer es dann doch immer wieder tun, stöhnt Klaus Bruckmaier nur auf. Er ist seit 25 Jahren Fahrlehrer und bildet in zwei Filialen in München Fahranfänger aus. "Der unbedingte Wille, es noch auf die Kreuzung zu schaffen, bevor die Ampel umschaltet, ist wahrscheinlich größer als das Pflichtbewusstsein, stehen zu bleiben."

Dabei ist das vorgeschriebene Verhalten in dieser Situation eindeutig. "Wenn ich nicht mit der kompletten Fahrzeuglänge an der Ampel vorbeikomme, muss ich vor der Haltelinie der Ampel warten", erklärt Bruckmaier. Ist an der Kreuzung jedoch Platz dafür, darf man auch bei Stau ein kleines Stück hineinfahren. Allerdings nur, wenn dabei der Fußgänger- und Fahrradweg frei bleiben und das Auto nur so weit in die Kreuzung ragt, dass der Querverkehr frei passieren kann. Ist das nicht möglich, muss der Autofahrer an der Haltelinie der Ampel stehen bleiben. Auch wenn sie grün ist.

Missachten Verkehrsteilnehmer diese Regel, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit, die mit 20 Euro geahndet wird. Blockiert das im Stau feststeckende Auto Einsatzkräfte oder kommt es zu einem Unfall, fallen die Strafen härter aus. 2012 übersah ein Lkw-Fahrer auf einer stockenden Kreuzung ein Auto des Querverkehrs, das sich vor ihn auf die überfüllte Kreuzung drängte. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschied, dass der Fahrer des Pkw beim darauffolgenden Unfall eine Mitschuld von zwei Drittel trug (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.10.2012, Az.: 1 U 66/12).

Rückwärts aus der Kreuzung herausfahren

Doch nicht immer lässt sich voraussehen, dass sich der Verkehr auf der Kreuzung staut. Also was tun, wenn man doch einmal mitten drin feststeckt? Wie verhält man sich in dieser Situation richtig? Eine Möglichkeit ist es, zur Seite auszuweichen. "Das heißt aber nicht, dass man zu diesem Zweck auf einen Bürgersteig oder in den Gegenverkehr fahren darf", mahnt Fahrlehrer Klaus Bruckmaier. Besser ist: "Den Verkehr beobachten und wenn die Möglichkeit besteht, wieder rückwärts aus der Kreuzung fahren." Ist das keine Option, bleibt dem Autofahrer nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis der Verkehr weiterfließt und dann schnellstmöglich die Kreuzung zu verlassen.

Das kommt besonders dem quer verlaufenden Verkehr zugute. Die Fahrer dort sind die größten Leidtragenden, wenn es sich auf der Kreuzung staut. "Sie müssen vor der Ampel stehen und warten, bis diejenigen, die die Kreuzung blockieren, sie freigemacht haben", erklärt Bruckmaier. Das erfordert Geduld und kann mitunter mehrere Grünphasen dauern. Doch nur wenn sich alle an die Regeln halten, löst sich das Chaos auf. Und jeder Verkehrsteilnehmer kommt endlich in den Feierabend.

Ärgern Sie sich auch immer wieder im Straßenverkehr über andere, die die Regeln nicht einhalten? Die Rettungsgasse nicht freihalten? Oder nicht verstanden haben, wie das Reißverschlussverfahren funktioniert? Schreiben Sie uns an auto-online@sz.de und wir fragen für Sie nach, wie man sich richtig verhalten sollte.

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