Verkehrsgeschichte:Botschafter auf Schienen

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Der neue Chef des DB-Museums in Nürnberg plant zahlreiche Höhepunkte in diesem Jahr - unter anderem das Treffen zweier Zug-Veteranen.

Von Marco Völklein

Für Oliver Götze sind Eisenbahnmodelle viel mehr als Spielzeuge für kleine oder große Kinder. Über 16 000 Modelle diverser Größen und Spurweiten befinden sich im Bestand des DB-Museums, das von einer Stiftung der Deutschen Bahn getragen wird. Allein 2000 Modelle sind in einer speziellen Abteilung des Nürnberger Stammhauses zu sehen. Für Museumschef Götze ist das "ein absoluter Schatz". Schließlich wurden die meisten Modelle nicht gebaut, um sie auf einer Anlage im Keller fahren zu lassen, sondern um Nachwuchskräften die Technik der Eisenbahn näherzubringen. Sie dienten auch als Aushängeschilder der Unternehmen und als Identifikationsobjekte für die Belegschaften. Bis in die Achtzigerjahre hinein, sagt Götze, wurden Modelle in den Werkstätten vor allem der früheren Bundesbahn gefertigt. Sie seien "historische Zeitdokumente". Ohne sie ließe sich so mancher Aspekt der Eisenbahngeschichte nur schwer nachvollziehen. Oder wer weiß heute noch, dass früher Fäkalientransportwagen dabei halfen, die mit der Industrialisierung rasch wachsenden Städte von Dreck und Gestank zu entlasten? Ein detailreiches Modell im Maßstab 1:10 erinnert in der Nürnberger Dauerausstellung daran.

Götze steht seit etwas mehr als einem halben Jahr an der Spitze des Museums. Der gebürtige Berliner, Jahrgang 1978, war zuvor Vizedirektor des Museums für Kommunikation in Berlin, nun hat er viel vor mit dem ältesten Eisenbahnmuseum der Welt. Derzeit sind Mitarbeiter dabei, die Abteilung zur Geschichte der Eisenbahn während der deutsch-deutschen Teilung zu modernisieren. Götzes Vorgängerin Russalka Nikolov hatte die Um- und Neugestaltung noch angeschoben.

Anfang Juni soll die Abteilung wieder geöffnet werden. Götze verspricht einige "Highlights": So haben die Historiker etwa ein Baumodell des Grünauer Kreuzes aufgetan, eines Bahnknotens auf dem Berliner Außenring. Das Ring-Projekt (errichtet in den Fünfzigerjahren) war Voraussetzung dafür, dass die DDR den Mauerbau 1961 überhaupt erst angehen konnte, sagt Götze. Denn nur so konnten die Züge der DDR-Reichsbahn von Westen kommend nach Ostberlin gelangen, ohne das Westberliner Schienennetz zu nutzen. Das Museum plant zudem im Sommer ein Zusammentreffen zweier spezieller Züge: In den Fünfziger- und Sechzigerjahren träumten Bahner in beiden Teilen Deutschlands davon, Reisende schnell und komfortabel zu transportieren. Anknüpfend an Triebzüge aus der Zeit vor 1945 entwickelten sie im Westen den "Trans Europ Express" (linkes Bild); im Osten entstand der "Vindobona". Beide Züge waren grenzüberschreitend unterwegs, dienten als Botschafter ihrer Länder. Und beide landeten in den Achtzigern auf dem Abstellgleis: Sie passten nicht mehr ins Konzept ihrer jeweiligen Bahngesellschaften. Von Juli an sind sie in Nürnberg gemeinsam zu sehen.

© SZ vom 03.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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