Unterwegs:Zur Sonne, zur Freiheit!

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Frühling. Die Natur schaltet von Schwarz-Weiß auf Farbe um. Flower-Power statt Winter-Blues. Bloß keine Sonnenstrahlen verpassen. Auf den Menschen hat dieser Chlorophyll-Schub die erstaunlichsten Auswirkungen.

Von Joachim Becker

Frühling. Die Natur schaltet von Schwarz-Weiß auf Farbe um. Flower-Power statt Winter-Blues. Auf den Menschen hat dieser Chlorophyll-Schub die erstaunlichsten Auswirkungen. Sobald die innere Ampel auf Grün springt, kommt Bewegung in die sofamüden Knochen. Alles rennet, rettet, flüchtet, um ja keinen Sonnenstrahl zu verpassen. Schade, dass der Küchenbalkon so chronisch unterbelichtet ist. Also eilt der Etagenwohnungs-

bewohner ins Freie, irrt durch Häuserschluchten und steigt bald ins Auto: Echte Frühlingsgefühle brauchen echte Frühlingssonne.

Der Landmensch rümpft ob der kollektiven Stadtflucht die Nase: Wie sinnlos, die ersten Sonnentage ausgerechnet im Stau zu verbringen. Wie viel klüger ist es, sich auf der heimischen Parzelle fußläufig einzurichten. Mit dem Kaffee in der Hand zum still vergnügten Sonnenkollektor zu werden. Alles ruht, jede Bewegung ist doch letztlich Ausdruck des Mangels und der (Sinn-)Suche. Soweit die Küchenpsychologie.

In Wahrheit ist auch der Landmensch ein Getriebener. Der Baumarktprospekt hat ihn schon vor Tagen schwer ermahnt: Büsche und Bäume schneiden, letzte Blumenzwiebeln pflanzen und den Rasenmäher aus der Winterruhe holen! Dass der Landmensch im Kampf gegen das explodierende Grün letztlich unterliegen wird, kann seinen anfänglichen Schaffensdrang nicht mindern.

Was die Frühlingsgefühle mit dem Klima machen? Wir wollen nicht richten, schließlich war der Winter lang und trist, wenn auch ziemlich mild. Trotzdem sollten wir ein wenig nachrechnen: Die Ausdünstungen des Freizeitverkehrs lasten schwer auf dem Umweltkonto des sonst ach so klimabewegten Städters. Der Landmensch, zumal in seiner Daseinsform als ruheloser Teilzeitstädter, schneidet ebenfalls nicht besonders gut ab. Denn zum Pendeln kommen auch noch die Abgase im heimischen Garten.

Pünktlich zum Saisonstart warnt die Deutsche Umwelthilfe vor den Ausdünstungen motorbetriebener Gartengeräte. Acht von zwölf geprüften handgeführten Maschinen verpesteten die Luft mit einer Grenzwertüberschreitung um das bis zu 8,5-fache. Dagegen ist ein VW-Diesel mit Betrugs-Software noch richtig umweltfreundlich.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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