Unterwegs:Vertrödelt und verdödelt

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Stadt, Land, Fluss: Am idyllischen Ufer herrscht Stille. Statt Kähnen liegt gähnende Leere auf dem Wasser. Dabei wäre der automatisierte Schiffsverkehr doch leichter zu realisieren als Roboterautos im Großstadtdschungel.

Von Richard Christian Kähler

Egal wie man an den großen Fluss gekommen ist, über eine überfüllte Autobahn, mit der überlasteten Bahn - hier am idyllischen Ufer herrscht Stille. Schlammbraun, silbergrau, manchmal sogar etwas blau liegt er da, der Strom, beziehungsweise er fließt aus unerschöpflichem Energieantrieb voran und an einem vorbei. Und trägt als Last mit sich so gut wie nichts außer eben einer Menge Wasser, hoffentlich noch ein paar Fischlein sowie den üblichen Dreck in sich.

Wann hat man eigentlich zuletzt ein Schiff, einen Lastkahn-Verbund, auf diesem ältesten Transportweg der Welt gesehen? Beim Zustandsdesaster von Straßen und Autobahnen, Schienenwegen und selbst Flughäfen wird ja gern vergessen, welch Elend sich erst auf den alten und neueren Wasserstraßen des Landes breitgemacht hat: Kanäle, Schleusen, Wehre, Brücken - sie alle weisen Zustände auf wie zu Kaisers Zeiten. Nur da waren diese Massentransportwege brandneu und von emsigen Ingenieuren und Facharbeitern gerade erst errichtet.

Stattdessen wird gerechnet, ob noch längere Trucks und ganze "Gigaliner"-Kolonnen dem Spediteur noch mehr Freude machen können, vielleicht sogar per neu zu errichtender Oberleitung mit elektrischer Energie aus der Höhe versorgt. Während gleichzeitig eine modernere Nutzung leerer Schienen durch beispielsweise deutlich längere und leisere Transportzüge vom Güterverkehrsmanagement der Deutschen Bahn seit Jahrzehnten vertrödelt und verdödelt wird.

Und was, bitte schön, wäre selbst in dieser friedlichen kleinen Sandbucht dagegen zu sagen, zögen auf der Mitte des breiten Stroms ganz leise lange Schleppkähne vorbei? Breite, leichte Lastboote mit Elektromotor, extra Akku-Boot, Solarpanel-Bedeckung - so in diese Richtung halt. Hauptsache, irgendwo auf dem Schiff flattert auch noch romantisch die frisch gewaschene Wäsche im Wind.

Und sollte es wirklich die angeblich alternativlose rechnergesteuerte Maschinenzukunft sein, die die Menschheit sich doch so doll wünscht, dann werden sich selbst steuernde Computerschiffe auf einer öden, blöden Wasserstraße sicherlich noch eher zurechtfinden, als mit uns Millionen Biohirn-Lenkern im wahnwitzigen Großstadtgewimmel je mithalten zu können.

© SZ vom 18.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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