Unterwegs:So fremd vertraut ist der Chinese

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Freizeitmobilität, das ist es, was uns mit dem Chinesen verbindet! Die Caravan-Messe in Peking kann bereits stolze 11000 Besucher vorweisen. Doch Caravaning braucht vor allem eines: Ganz viel Zeit!

Von Joachim Becker

Viel lesen wir über den Chinesen an sich. Er isst gern Hunde und liebt Pyjamas. Außerdem soll er dem Schwimmen abhold sein, und das Radeln in großen Gruppen hat er angeblich auch aufgegeben. Stattdessen fährt er gern mit deutschen Luxusautos zur Arbeit, die er dort dann mit größter Sorgfalt und Sorglosigkeit bis auf die letzte Design-Sicke kopiert.

So oder so ähnlich sehen das wohl viele Langnasen in Westeuropa. Jetzt kommen neue und unerwartete Signale aus dem Land des nachholenden Konsums. Im Verborgenen knospen erste Blüten einer Zurück-zur-Natur-Bewegung. Statt mit Mundschutz durch den Smog der Megacitys zu hetzen, soll sich der Chinese auf seine gesunden Wurzeln besinnen. Unter dem Slogan "Caravaning Lifestyle" posieren junge Chinesen vor Wohnmobilen und feiern auf gerade mal 500 Campingplätzen das einfache Glück der Großfamilie, des Landlebens und der Naturverehrung.

Freizeitmobilität, das ist es, was uns mit dem Chinesen verbindet! Demonstrieren wir im sommerlichen Urlaubsstau nicht auch für Landleben und Naturverehrung? Schon kann die Caravan-Messe in Peking stolze 11 000 Besucher vorweisen. Klar, angesichts von 1,4 Milliarden Gesamtbevölkerung liegt das unter der Promillegrenze. Aber es ist ein Anfang. Genauso wie die fulminanten 13 Urlaubstage pro Jahr, die in China inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr sein sollen. Dadurch entstehen ungeahnte Freiräume und eine völlig neue Urlaubsphilosophie. Weil Caravaning vor allem eines braucht: Zeit. Freilich müssen die Chinesen das Schneckentempo mit dem eigenen Haus im Huckepack erst noch lernen. Und wir sind das große Vorbild bei der Entschleunigung.

Der Chinese schaut nicht nur nach Europa, wenn es um Luxusuhren, Handtäschchen und SUV geht. Auch so einen Wohnwagen zum Neupreis von 18 000 Euro kann er sich durchaus leisten. Bleibt nur noch die Frage, wo er das Caravan-Gespannfahren lernt. Vielleicht bei Jeremy Clarkson? Dessen Wohnwagenrennen sind ja legendär. Außerdem hat der vor Kurzem geschasste Top-Gear-Moderator vor allem eins: ganz viel Zeit.

© SZ vom 25.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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