Die Statistik des Energie-Informationsdienstes EID ist ebenso eindeutig wie unerwartet: Seit den späten Sechzigerjahren hat die Anzahl der Tankstellen auf dem Gebiet der Bundesrepublik stark abgenommen. Gab es laut EID 1969 mit 46 684 Stationen so viele wie nie, waren es zum Jahresende 2013 nur noch 14 328 - ein neuer Tiefstwert, Tendenz weiter fallend. Angesichts eines Gesamtstraßennetzes von etwa 645 000 Kilometern ergibt sich daraus eine relativ geringe Tankstellendichte in Deutschland: Statistisch gesehen bietet sich nur alle 45 Kilometer die Möglichkeit, Kraftstoff nachzufüllen.
Das ist eine Erklärung dafür, warum immer wieder Autos ohne Sprit liegenbleiben. Das ist nicht nur ärgerlich für den Fahrer, wenn er sich zu Fuß auf den Weg zur nächsten Tankstelle machen oder den Pannendienst rufen muss, sondern das kann auch richtig teuer werden. Und zwar nicht nur deshalb, weil Kraftstoffkanister an den Tankstationen oft extrem teuer sind. Passiert das Malheur auf der Autobahn und wird von der Polizei bemerkt, werden laut neuem Bußgeldkatalog für widerrechtliches Parken je nach Gefährdungsgrad zwischen 70 und 105 Euro sowie ein Punkt fällig. Der Grund: Das Halten oder Parken auf der Autobahn ist nicht erlaubt und das Liegenbleiben ohne Kraftstoff eine vermeidbare Verkehrsbehinderung, bei der die Polizei von Verschulden des Fahrers ausgehen kann.
Die Reichweite ist abhängig von vielen Faktoren
Dabei geben sich unsere Autos redlich Mühe, darauf aufmerksam zu machen, dass der Sprit zur Neige geht. Meist weisen sie ihren Fahrer sowohl optisch als auch akustisch auf den Kraftstoffmangel hin. Wann das passiert, ist jedoch von Hersteller zu Hersteller und von Modell zu Modell unterschiedlich. "Je nach Fahrzeuggröße haben wir eine Tankreserve zwischen etwa sechs und zehn Litern", sagt VW-Sprecher Michael Franke. Die sparsamste Variante der neuen Mercedes C-Klasse, der C 220 Bluetec, behält in seinem 41-Liter-Tank eine Reserve von sieben Litern.
Unterschiede gibt es auch beim Zeitpunkt, zu dem eine Warnlampe auf die Ebbe im Tank hinweist. Dieser hängt von mehreren Größen ab. Fahrzeugtyp und Motorisierung beeinflussen die Reichweite ebenso wie die Fahrweise, die Außentemperatur, die Belastung der Lichtmaschine durch Klimaanlage oder Autoradio, die Gelände-Topographie, der Beladungszustand oder die Verkehrsverhältnisse. Auf Basis dieser Werte errechnen die Bordcomputer der meisten modernen Autos dynamisch die verbleibenden Kilometer, bis der Tank leergefahren ist.
Wann ist Panik angebracht?
Die Bordcomputer der meisten BMW-Modelle warnen den Fahrer erstmals etwa 80 Kilometer, bevor der Tank vollständig leergefahren ist. Sinkt die verbliebene Reichweite auf 50 Kilometer, zeigen die Instrumente diese Meldung kontinuierlich an. Der Mercedes C 220 Bluetec schlägt schon etwa 100 Kilometer vor Kraftstoffende Alarm - allerdings nur dann, wenn der Fahrer den Normverbrauch von 4,0 bis 4,2 Litern auf 100 Kilometer erreicht. Verbraucht er mehr, schrumpft die Restreichweite entsprechend.
Doch was passiert, wenn der Bordcomputer eine Restreichweite von null Kilometern anzeigt? Laut VW-Sprecher Franke ist dann in der Regel noch Kraftstoff für zehn bis 20 Kilometer im Tank. Andere Hersteller äußern sich in dieser Hinsicht zurückhaltender: "Einen garantierten Puffer gibt es nicht", sagt Christophe Koenig von BMW. "Das ist so ausgelegt, dass unter Berücksichtigung aller Toleranzen die Restreichweite von null Kilometern erreicht werden kann." Der Fahrer sollte sich also nicht auf eine großzügige Kalkulation des Bordcomputers verlassen.
Wie der Kraftstoffstand errechnet wird, ist von Hersteller zu Hersteller ebenfalls etwas unterschiedlich. BMW verwendet ein Potenziometer, an dem ein Schwimmkörper angebracht ist. Je nach Füllstand ändert sich der mechanische Widerstand, wodurch die verbleibende Reichweite errechnet werden kann. VW-Modelle messen den Tankinhalt dagegen mithilfe eines Schwimmer und Schleifkontakten.
Keine Schäden, wenn der Sprit ausgeht
Und was passiert mit dem Auto, falls der Tank doch einmal völlig leer wird? Gerade bei Dieselfahrzeugen hat dies in der Vergangenheit zu technischen Problemen geführt, da die Einspritzpumpe Schaden nehmen konnte und auch das Kraftstoffsystem entlüftet werden musste. Allerdings scheinen sich diese Sorgen bei Dieselmodellen der neuesten Generation in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. "Wird ein Tank bis zum Stillstand leergefahren, was in der Praxis durchaus vorkommen kann, so sind an unseren Fahrzeugen keine Schäden zu befürchten", sagt VW-Sprecher Franke. "Es geht nichts kaputt, das Fahrzeug wird nicht beschädigt", ergänzt Koenig von BMW. "Nach dem Tanken kann ganz normal weitergefahren werden." Auch Mercedes verneint die Frage, ob durch Spritmangel Schäden am Fahrzeug auftreten könnten.
Dennoch gilt: Besser auf Nummer sicher gehen, was das Nachtanken angeht, und sich gar nicht erst auf die vom Auto angezeigte Reichweite verlassen. Und wer Zweifel hat, ob er rechtzeitig an einer Zapfsäule vorbeikommt, kann immer noch sein Navigationssystem befragen. Die meisten Geräte bieten Tankstellen im Bedienmenü über die "Points of Interest" an und lotsen so das Auto bei Bedarf zur nächsten Tankstation. Außerdem gibt es Smartphone-Apps, die die nächste Tankmöglichkeit und auch die dortigen Spritpreise anzeigen. Eine Garantie, dass diese auch geöffnet ist oder den richtigen Kraftstoff anbietet, gibt es allerdings nicht.