Seat Alhambra:Raumwunder

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Vernunftbegabt: Der Alhambra spricht mehr den Kopf an als den Bauch. (Foto: Gemma Rubio espin)

Vater, Mutter, Kind und der halbe Hausstand: Der kürzlich aufgefrischte Seat Alhambra darf noch ein waschechter Van sein. Besonders schön ist er nicht, dafür aber enorm praktisch für bis zu sieben Passagiere.

Von Felix Reek

Einfach nur praktisch darf heute kaum ein Auto sein. Stattdessen soll es Emotionen wecken, Fahrspaß vermitteln, ein Stückchen Lebensstil verkörpern. Nicht so der Seat Alhambra. 1995 erblickte der Van die Welt, zwanzig Jahre später ist er noch immer genau das: ein Auto mit viel Platz. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Während sich die Begründer der Fahrzeugklasse in Richtung SUV verabschieden (man denke nur an den aktuellen Renault Espace), sind die Zielgruppe des Alhambra noch immer Familien. Bis zu sieben Sitze bietet der Seat, 2430 Liter Kofferraum (bei umgeklappten Sitzreihen) reichen nicht nur für Vater, Mutter und Kind, sondern auch noch für den halben Hausstand. Natürlich, eine Schönheit ist der Seat nicht. Darüber täuscht auch nicht der Name hinweg, der dem Weltkulturerbe im spanischen Granada entliehen ist, einer malerischen Burganlage auf dem Sabikah-Hügel. Der Alhambra ist ein Schuhkarton mit Rädern, viel Verstand, wenig Leidenschaft. Das hat sich auch nach dem Facelift nicht geändert. Die Unterschiede zum fünf Jahre alten Vorgänger sind von außen kaum zu erkennen. Nicht einmal die Scheinwerfer, wie sonst üblich, wurden von den Designern angerührt. Stattdessen brachte VW den Van aus dem Konzernbaukasten auf den neuesten Stand. Unter der Haube arbeitet jetzt der 2,0-Liter-Dieselmotor mit 150 PS. Der klingt so, wie das Auto aussieht: unspektakulär. Um präzise zu sein: Wer nicht genau hinhört, wird kaum merken, ob der Motor des Alhambra läuft oder nicht. Zu sportlichen Höhenflügen taugt der genügsame Diesel (7,5 Liter im Testdurchschnitt) trotz einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h aber nicht. Das wird auch beim Betätigen des Knopfes für ein strafferes Fahrwerk nicht besser. Wozu der Van einen Sportmodus braucht, weiß wohl nur Seat.

Trotzdem: Der Diesel ist die vernünftige Wahl für ein vollkommen vernünftiges Auto. Wie praktisch der Alhambra ist, zeigt sich vor allem im Innenraum. Hier ist so viel Platz wie in keinem anderen Van dieses Formats. Die riesige Frontscheibe ragt weit nach vorn, die Armaturen darunter sind breit wie eine Schreibtischplatte. Die Kopffreiheit: beeindruckend. Füße ausstrecken auf der Rückbank - kein Problem. Leichter beladen und einsteigen? Dafür sorgen die Schiebetüren im Fond. Und am Ende der Fahrt erinnert das Display des Radios daran, das Handy mitzunehmen. Allzu genau sollte man sich den Innenraum aber nicht ansehen. Er ist in der Standardausstattung puristisch bis fad. Hier herrscht schnöde Nüchternheit. Wer mehr Wohnzimmeratmosphäre will, muss tiefer in die Tasche greifen und dem Van eine luxuriösere Ausstattung spendieren. Aber das ist kein Vorwurf. Der Seat ist ein nützliches Auto. Er soll der Familie ein treuer Begleiter sein. Den Nachwuchs in den Kindergarten transportieren, die Eltern zur Arbeit. Und alle zusammen in den Urlaub. Wer braucht da ein durchgestyltes Interieur? Früher oder später werden die Kinder sowieso im Auto essen und trinken, Saft verschütten und Schokoriegel zerbröseln, die Innenverkleidung mit Filzstiften verschönern. Und eines ist sicher: Den Kleinen ist es egal, ob sie die lustigen gelben Minions auf eine Verkleidung aus Leder oder Plastik malen.

© SZ vom 06.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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