Scheunenfund Mercedes Flügeltürer:Nummer 43 lebt

Fünfzig Jahre stand der Mercedes 300 SL bei einem Händler in Florida. Sein Zustand: miserabel. Doch dieser Schrotthaufen ist Millionen wert.

Von Felix Reek

1 / 8
(Foto: Daimler AG)

Für jemanden, der sich nicht mit Oldtimern auskennt, ist dieses Auto auf dem Bild nur ein Mercedes in einem wirklich erbärmlichen Zustand. Der Lack ist abgeschliffen, das Chrom angelaufen, die Sitze sind rissig und zerschlissen. Für die Fans der Marke ist diese Schrottmühle der Traum ihrer schlaflosen Nächte. Der Scheunenfund, von denen viele ihr Leben lang träumen, bei dem aber klar ist: Es ist wahrscheinlicher, im Lotto zu gewinnen. Mehrmals hintereinander.

2 / 8
(Foto: Daimler AG)

Es handelt sich um einen Mercedes 300 SL, genannt "Gullwing", wegen seiner Türen, die sich wie Flügel nach oben öffnen. Er ist für viele das schönste Auto, das jemals von Daimler produziert wurde, ein zeitloser Klassiker. Schon während seiner Bauzeit zwischen 1954 und 1963 galt er als Ikone, so unterschiedliche Prominente wie Tony Curtis, Sophia Loren, Romy Schneider, Clark Gable und Herbert von Karajan setzten sich hinter sein Steuer. Damals war er mit 29 000 D-Mark das zweitteuerste Auto im Portfolio von Mercedes. Sein heutiger Wert im restaurierten Zustand: mindestens 1,5 Millionen Euro. Wenn ein Flügeltürer abseits der großen Auktionen überhaupt auftaucht.

3 / 8
(Foto: Daimler AG)

Genau das ist jetzt passiert. Auf dem Amelia Island Concours, einem Event für Oldtimer in Florida, zeigte Mercedes diesen 300 SL, den das Unternehmen erst vor kurzem zurückkaufte. Bill Warner, der Vorsitzende der Veranstaltung, hatte die Deutschen auf die Spur des Autos gebracht. Bereits mit 16 Jahren sah er den Flügeltürer bei einem Händler in Jacksonville, Platt Motors.

4 / 8
(Foto: Daimler AG)

Wie er dort landete, ist noch relativ klar: 1957 kaufte ihn ein Anwalt der amerikanischen Winn-Dixie Supermarktkette und fuhr damit einige Rennen. Danach landete er bei seinem Mechaniker, der ihn wiederum an einen Navy-Piloten verkaufte. Der wollte ihn umlackieren lassen und brachte ihn zu Platt Motors. Doch nach dem Abschleifen wurde der Prozess offenbar unterbrochen. Der Mercedes blieb in diesem Zustand. Seit wann, lässt sich ganz genau datieren: Auf dem Rücksitz lag noch eine Zeitung aus dem Jahr 1965. Warum ihn sein letzter Besitzer nicht mehr abholte, ist unklar. Über Jahrzente stand er bei Platt Motors, bis das Unternehmen ihn vor zehn Jahren in eine Mietlagerhalle "entsorgte".

5 / 8
(Foto: Daimler AG)

Das erklärt, warum sich der 43. von 1400 hergestellten Gullwings noch weitgehend im Originalzustand befindet. Normalerweise müssen Oldtimer im Laufe der Jahrzehnte immer wieder aufbereitet werden. Der 300 SL hingegen besitzt die grauen Ledersitze, die Scheiben, die Karosserie, den Antriebsstrang und sogar die "Englebert Competition"-Reifen, mit denen ihn Mercedes auslieferte.

6 / 8
(Foto: Daimler AG)

Seit Jahren schon versuchte das Mercedes-Benz Classic Center, den Sportwagen zurückzukaufen, doch sein Besitzer ließ sich nicht erweichen. Jetzt haben sich Hersteller und Kunde offenbar geeinigt. Etwa 880 000 Euro bezahlte Daimler für den Flügeltürer.

7 / 8
(Foto: Daimler AG)

Was mit dem 300 SL geschieht, ist bisher noch ungeklärt. Nach dem Amelia Island Concours will ihn Daimler auf der Techno Classica in Essen zeigen, danach soll er nach Stuttgart zurückkehren.

8 / 8
(Foto: Daimler AG)

Dort wird der Konzern entscheiden, ob der Sportwagen restauriert oder verkauft wird. Dieser Prozess würde zwei Jahre dauern und etwa 700 000 Euro kosten. Aber was sind schon zwei Jahre für ein Auto, das mehr als fünf Dekaden auf seinen großen Auftritt gewartet hat.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: