Hauptversammlung in München:ADAC will seinen Stolz zurück

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  • Der ADAC beschließt auf seiner Hauptversammlung in München eine Reform, die Probleme der Intransparenz lösen und Mitglieder einbinden soll.
  • Kernpunkt ist dabei eine strikte Trennung zwischen Aktiengesellschaft, Stiftung und Verein.
  • August Markl wird zum Präsidenten des ADAC gewählt.

Von Max Hägler

"Focus" heißt ein Kunstwerk in der Aula der Münchner ADAC-Zentrale, Mittelpunkt, Brennpunkt: Der Künstler Stee Bishop hat einen Metallreifen mit nach innen gerichteten Zähnen gebaut. Dafür hatten die Mitglieder des Automobilclubs an diesem Samstag aber keinen Blick. Obwohl es ganz gut passen würde, steht ihr Verein doch wieder im Fokus. Bei der außerordentlichen Hauptversammlung soll die Skandaltruppe endlich wieder Struktur und eine klare Führung bekommen.

Der gefälschte Autowettbewerb mit den "Gelben Engeln", teure Autobatterien für Pannenopfer, privat genutzte Rettungshubschrauber - beinahe ein Jahr lang wurde der Verein von immer neuen Enthüllungen gebeutelt. Die Süddeutsche Zeitung hatte erstmals im Januar 2014 berichtet. Folge des Skandals: Der ADAC gilt nicht mehr als die wohltätige Organisation gelber Engel, sondern als profitorientierter, intransparenter Wirtschaftskonzern.

ExklusivDesignierter ADAC-Präsident Markl
:"Wir waren vom Erfolg geblendet"

Bescheidenheit nach der Krise: Der designierte ADAC-Präsident August Markl erzählt im Interview, wie er die Zeit nach dem Manipulationsskandal erlebt hat und wie die Organisation mit ihren fast 19 Millionen Mitgliedern mehr Demokratie wagen will.

Der ADAC wird dreigeteilt

Doch jetzt will der Automobilverein alles besser machen, offen und korrekt. Um die Probleme anzugehen, sei es wichtig, "nicht an einzelnen Stellen am ADAC herumzudoktern", sagt der nun gewählte Präsident August Markl. Das grobe Rezept ist niedergelegt als "Reform für Vertrauen", die die etwa 200 Delegierten aus ganz Deutschland einstimmig verabschieden.

Der wichtigste Inhalt: Der ADAC wird dreigeteilt. In einen Verein, der sich um seine Mitglieder kümmert, um die Pannenhilfe vor allem. Alles was darüber hinausgeht, Versicherungen etwa, werden in einer ADAC-Aktiengesellschaft gebündelt. Und deren Gewinne wiederum sollen in eine gemeinnützige ADAC-Stiftung fließen, die zur Unfallverhütung und zur Luftrettung forschen, aber auch den Motorsport fördern will. Eine personelle Verflechtung in den Führungsgremien, wie bislang im ADAC und den 18 Regionalclubs gerne gepflegt , soll es dabei nicht mehr geben. Die Aktiengesellschaft solle etwa von einem Aufsichtsrat geführt werden, in dem der Automobilclub nicht dominiert, beteuern Markl und seine Kollegen.

Transparenz-Wächter sind semi-zufrieden

Die Aufspaltung ist auch eine Reaktion auf die laufende Prüfung des Vereinsstatus' durch das Registergericht München. Die bisherige Struktur und Verquickung von Vereinsleben und profitorientiertem Wirtschaften dürfte wohl einer Überprüfung nach dem Vereinsgesetz nicht mehr standhalten - ein Verein darf Profit nur als Nebenziel verfolgen, urteilten Rechtsberater des ADAC.

Der Beirat sieht das ähnlich - und übt Kritik. Er besteht unter anderem aus dem Unternehmer und Unicef-Deutschland-Chef Jürgen Heraeus, dem Ex-Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier, und Edda Müller, der Vorsitzenden von Transparency International. Zu weit habe sich der ADAC von seinen Wurzeln entfernt, tragen die Räte vor, zu sehr die Mitglieder und die Mitbestimmung aus den Augen verloren.

Ihr Tenor: Der ADAC habe nach einigem Zögern nun mutige Entscheidungen getroffen. Auch wenn man keinen Hehl daraus machen wolle, "dass es Themenbereich gegeben hat, zu denen wir uns noch konsequentere Entscheidungen gewünscht hätten", sagt Heraeus. Etwa ein Ende der Verquickung von Berichten und Anzeigen in der Mitgliederzeitung Motorwelt oder auch eine klares Verbot von ADAC-Vereinsfunktionen für ADAC-Vertragsanwälte. Aber die Aufgaben seien so vielfältig, sagt Hereaus, es sei klar, "dass diese Reise nicht innerhalb weniger Monate abgeschlossen sein kann".

Was das für normale Mitglieder heißt

Markl hatte die Resolution und die Aufräumarbeiten in den vergangenen Monaten koordiniert. Und er soll damit weitermachen, auch dafür plädiert eine große Mehrheit der Delegierten: Über 80 Prozent wählen den studierten Mediziner und Motorsportfan, der auch unangenehme Fragen stellt, am Mittag zu ihrem regulären Präsidenten. Er will bescheidener auftreten und die zu enge Verquickung zwischen Verbraucherschutz und Wirtschaftsbetrieb auflösen: "Gleichzeitig testen und verkaufen geht nicht!" Eine ganz praktische Konsequenz: Batterien wird der ADAC nicht mehr testen - weil Pannenhelfer eben mitunter welche verkaufen an liegengebliebene Autofahrer.

Ein neues Denken also soll Einzug halten und ein Austausch mit Mitgliedern, nicht "Kunden". So ein Kulturwandel werde nicht von heute auf morgen gelingen, gesteht die ADAC-Führung ein. Ein Regelwerk wollen sie schreiben, das für den gesamten ADAC - Verein wie Wirtschaftsunternehmen wie Stiftung - gelten soll und alle Mitarbeiter, ehrenamtliche wie hauptamtliche, etwa die vielen hundert in diesem Münchner Hochhaus. Damit es keine Ausreißer gibt, soll darüber ein Beauftragter für rechtskonformes Verhalten wachen, Compliance heißt das neudeutsch. Kurzum: Die Werte sollen im Mittelpunkt stehen. Nicht mehr der Gewinn.

Was bedeutet das alles für das ganz normale Mitglied? Das habe neben mehr Mitsprachemöglichkeiten im Verein einen klaren Vorteil, sagt Beirat Heraeus: "Es wird nicht mehr dumm angemacht, sondern kann stolz sein."

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