Elektromotoren:Mit Vollgas an die Wand

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Die Anzeichen mehren sich, dass die Elektro-Euphorie schon wieder im Abklingen ist. Dagegen feiert ein anderer, eigentlich schon abgeschriebener Antrieb ein erstaunliches Comeback.

Joachim Becker

"Die Zukunft ist elektrisch - aber wann ist Zukunft?", staunt Bernd Bohr angesichts der allgemeinen Aufbruchstimmung im Zusammenhang mit alternativen Antrieben. Noch sei die Elektromobilität in einem embryonalen Stadium, und die Marktprognosen gingen weit auseinander, sagt der Leiter der Bosch-KFZ-Technik. Klar ist: Kein Automobilhersteller oder Zulieferer kann es sich erlauben, den Elektrotrend zu verpassen. Ebenso fatal kann es aber sein, zu sehr auf den Reiz des Neuen zu setzen. In der aktuellen Aral-Trendstudie haben die Stromer deutlich an Beliebtheit eingebüßt: Nur noch 28 Prozent der Befragten können sich grundsätzlich vorstellen, ein Elektroauto zu kaufen. Vor zwei Jahren waren es noch 36 Prozent.

Feuer und Flamme: Nach Crashtests geriet der eletrisch angetriebene Chevrolet Volt in Brand. (Foto: EuroNCAP)

Zur Unzeit kommen da nicht zuletzt alarmierende Meldungen vom Chevrolet Volt. Im Verlauf von Crashtests in den USA war das Akku-Kühlsystem des Elektromodells beschädigt worden. In der Folge kam es zu Fahrzeugbränden, die aufgrund der chemischen Zusammensetzung von Lithium-Ionen-Batterien nur schwierig zu löschen sind. Nun hat die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA eine Untersuchung angeordnet. Sie könnte sich zum anhaltenden Imageschaden für die gesamte Elektromobilität auswachsen.

Der Chevrolet Volt liegt ohnehin unter dem geplanten Jahresabsatz von 10.000 Stück. Wie das Volumenziel von 60.000 Fahrzeugen pro Jahr erreicht werden soll, ist zurzeit ein Rätsel.

Comeback des Diesel

Ein anderer Antrieb feiert hingegen momentan sein Comeback: Viele Marktbeobachter hatten die Diesel so gut wie abgeschrieben. Spätestens für 2015 prognostizierten sie das Ende der "Rußschleudern". Zu teuer werde die Abgasnachbehandlung durch die strenge Euro-6-Norm. Deshalb stünden vor allem kleinere Dieselmotoren vor dem Aus. Doch die Selbstzünder haben sich nach der Talfahrt während der Wirtschaftskrise wieder berappelt.

Angesichts der hohen Treibstoffpreise liegt die Dieselnachfrage in Deutschland wieder knapp unter 40 Prozent. In vielen Ländern Europas ist der Marktanteil der verbrauchsarmen Selbstzünder noch höher. Werden wie in Frankreich alle Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß von mehr als 120 Gramm pro Kilometer mit Strafsteuern belegt, profitieren davon vor allem die effizienten Ölbrenner. Auch die japanischen Hersteller können sich dem derzeitigen Diesel-Revival in Europa nicht entziehen.

Nachdem Marktführer VW bereits vor zwei Jahren einen sparsamen 1,6-Liter-Einstiegsdiesel vorgestellt hat, zieht jetzt Honda nach. Für Ende nächsten Jahres kündigten die Asiaten gerade eine neue Diesel-Generation an. Den Auftakt wird in Europa ein 120 PS starker 1,6-Liter-Motor machen, der trotz eines stattlichen Drehmoments von 300 Nm weniger als 100 g/km CO2 ausstoßen soll.

Auch Toyota hatte den Selbstzünder eigentlich schon abgehakt. 2008 stoppte das Unternehmen aus Kostengründen die Entwicklung eines neuen 1,6-Liter-Diesels. Auch nach der Wirtschaftskrise wollten sich die Japaner ganz ihrer Hybrid-Offensive widmen. Doch Europa-Chef Didier Leroy schlug Alarm, weil viele Käufer selbst in Kompaktwagen nicht auf einen modernen Diesel verzichten wollen. In einer Kooperation mit BMW wird Toyota daher von 2014 an Euro-6-fähige 1,6- und 2,0-Liter-Dieselmotoren aus Bayern beziehen (die SZ berichtete).

Metall-Hydrid-Akkus erfüllen höchste Standards

Im Gegenzug planen die beiden Unternehmen eine Zusammenarbeit in der Grundlagenforschung im Bereich der Lithium-Ionen-Batterietechnologie der nächsten Generation. Bereits vor einem Jahr hatte Toyota hier wichtige Forschungserfolge bekanntgegeben. Die Japaner entwickeln in ihrem Batterie-Entwicklungszentrum in Susono sowohl kompakte Festkörper-Batterien als auch Metall-Luft-Batterien. Diese saugen den Sauerstoff wie ein Verbrennungsmotor aus der Umwelt an und erreichen dadurch eine wesentlich höhere Energiedichte als herkömmliche Stromspeicher. Parallel dazu bewerten Toyota-Experten die nötigen Produktionsprozesse für eine mögliche Großserienherstellung der jeweiligen Batterietechnik.

Mit mehr als drei Millionen Hybridfahrzeugen hat Toyota bewiesen, dass die verwendeten Metall-Hydrid-Akkus höchste Qualitätsstandards erfüllen. Seit diesem Jahr werden auch leistungsstärkere Lithium-Ionen-Batterien im Prius+ eingesetzt. Patentexperten gehen davon aus, dass der Hybrid-Marktführer das ganze Gebiet der Elektroantriebe systematisch mit Tausenden Schutzrechten vermint hat. Nicht nur die Zellchemie ist angesichts der Temperaturschwankungen im automobilen Umfeld schwierig zu beherrschen. Auch die Software zur Steuerung der dauernden Lade- und Entladevorgänge im Zusammenspiel mit dem Verbrennungsmotor ist extrem komplex. Hersteller wie Nissan, Mazda und Ford kooperieren deshalb seit Jahren mit Toyota, um mit überschaubaren Patent- und Entwicklungsrisiken einen Hybridantrieb auf die Räder zu stellen.

© SZ vom 12.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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