Elektrisch unterstützte Fahrräder:Aus dem Akku kommt die Kraft

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Manch ein Radsportler rümpft zwar die Nase - aber Pedelecs, also Fahrräder mit Elektromotor, sind gefragt wie nie. Und die Vielfalt an Motoren und angebotenen Modellen wird auch immer größer.

Von Marco Völklein

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Weniger treten, schneller fahren, entspannter ankommen - Fahrräder mit Elektroantrieb bieten Vorteile. Und sie werden immer beliebter. Nach Angaben des Branchenverbands ZIV wurden im vergangenen Jahr 980 000 Pedelecs und E-Bikes abgesetzt - das waren 36 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zum Vergleich: Der Markt für Räder ohne elektrischen Zusatzantrieb wuchs nur um gut zwei Prozent. Grund dafür ist nach Ansicht von Branchenkennern auch das wachsende Angebot in allen Fahrradklassen: Gab es anfangs in erster Linie Citybikes mit E-Motor, sind inzwischen auch Mountainbikes, Falträder, Liege- und sogar Rennräder mit Motorisierung erhältlich.

Die größte Gruppe unter den Pedelecs sind nach wie vor die Cityräder, also bequeme Velos für den Alltag. Die Bandbreite reicht von vollgefederten Modellen bis zu Rädern mit einem besonders tiefen Einstieg. Beliebt sind auch Trekkingräder mit elektrischer Unterstützung, mit denen man auch mal eine längere Tour abseits befestigter Straßen absolvieren kann. Der Radfahrerverband ADFC begrüßt die Entwicklung: "Durch Pedelecs werden neue Zielgruppen erschlossen, für die das normale Fahrrad bislang nicht infrage kam", sagt Sprecher René Filippek.

Aber es gibt auch kritische Stimmen. Insbesondere in der Mountainbike- und Rennrad-Szene befürwortet längst nicht jeder die Entwicklung, Puristen verbinden sportliches Radfahren mit Muskelkraft. Indes entdecken durch die E-Bikes viele das Mountainbiken neu für sich. Ebenfalls umstritten sind die elektrisch unterstützten Fahrräder für die kleinen Radfahrer. "Pedelecs für Kinder unter 14 Jahren sehen wir kritisch", erklärt der ADFC. "Kinder entwickeln ihre Motorik, ihren Überblick über den Verkehr und ihre Leistungsfähigkeit nach und nach, ein Pedelec wäre da ein sehr starker Eingriff in diese Entwicklung und könnte Kinder überfordern." Und Unfallexperten wie Walter Eichendorf, Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), sehen mit Sorge, dass viele Radwege insbesondere in den Städten nicht ausgelegt sind für die vielen zusätzlichen Nutzer.

Die Anbieter indes setzen weiterhin voll auf den Trend zur Elektrifizierung und entwickeln das Segment stetig weiter. Die Firma Brose zum Beispiel hat mittlerweile fünf verschiedene Mittelmotoren im Sortiment. So soll der in dieser Saison erstmals erhältliche Motortyp Drive C laut dem Zulieferer speziell Stadtradlern ein ausgewogeneres, harmonischeres Fahrgefühl vermitteln. Doch die ausgefeilte Technik hat auch ihren Preis. Branchenkenner sagen: Wer ein gutes Elektrorad haben möchte, der muss mit einem Einstiegspreis von 2000 Euro rechnen.

Und insbesondere Ungeübte sollten vor der ersten Ausfahrt mit dem Pedelec sich nach und nach an das Fahrzeug gewöhnen. Vor allem der teils doch recht kräftige Schub, den manches Pedelec beim Anfahren an den Tag legt, ist für viele ungewohnt. Auch das Bremsen mit den im Vergleich zu herkömmlichen Rädern deutlich schwereren E-Bikes sollte man üben. Der Automobilklub ACE und die Deutsche Verkehrswacht bieten deshalb in vielen Orten Kurse für Pedelec-Neulinge an.

Das (relativ) Günstige

(Foto: Winora)

Das Konzept: Ein echtes Wohlfühl-Rad - auch preislich

Hersteller: Winora

Name: Yucatan 8

Das bietet das Rad: Mit dem Yucatan zielt der Hersteller aus dem unterfränkischen Sennfeld in den Massenmarkt: Es ist in drei verschiedene Rahmenformen (Herren, Damen, Tiefeinstieg) sowie drei (Herren: vier) Rahmengrößen erhältlich - und das zu einem einigermaßen akzeptablen Preis. Der Mittelmotor von Yamaha bietet vier Unterstützungsmodi, das kleine Display am Lenker liefert nur die nötigsten Infos wie Tempo, Gesamtstrecke und in welchem Unterstützungsmodus man gerade unterwegs ist. Die hydraulischen Scheibenbremsen vermitteln auch im innerstädtischen Verkehrsgewühl ein sicheres Gefühl.

Geeignet für: Durchschnittliche Radler mit durchschnittlichen Ansprüchen und durchschnittlichem Budget.

Preis: 1999 Euro

Das Aufladbare

(Foto: BBF)

Das Konzept: Bitte vollladen - den Akku und das Körbchen!

Hersteller: BBF Bike

Name: Atlanta

Das bietet das Rad: Die Bauform dieses Rads kennt manch Älterer noch aus seiner Jugendzeit in den Fünfziger- oder Sechzigerjahren. Mit dem "Bäckerfahrrad" waren oft Lehrlinge unterwegs und lieferten Waren aus - damals natürlich noch ohne E-Antrieb. Obwohl der Akku relativ weit oben am Heck montiert ist, fährt sich das Atlanta sehr stabil und sicher, selbst wenn man ordentlich einpackt. Der Rahmen ist steif, die hydraulischen Felgenbremsen packen ordentlich zu. Der Vorderradmotor indes wirkt insbesondere bei voll beladenem Rad etwas schwach auf der Brust, und die Sieben-Gang-Nabenschaltung von Shimano bietet ein relativ geringes Spektrum.

Geeignet für: Menschen, die viel zu transportieren haben.

Preis: 2149 Euro

Das Dynamische

(Foto: Pressedienst Fahrrad/Cannondale)

Das Konzept: Schneller unterwegs - nicht nur auf Asphalt

Hersteller: Cannondale

Name: Synapse Neo SE

Das bietet das Rad: Gravel Bikes, also Rennräder, die auch abseits asphaltierter Wege durchkommen, liegen seit einigen Jahren im Trend. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis diese auch elektrifiziert werden. Das Problem: Wie bei anderen Pedelecs schaltet auch der Bosch-Mittelmotor des Synapse bei 25 km/h die Unterstützung ab. Wer schneller fahren will, muss mehr treten, um das zusätzliche Gewicht von Motor und Akku bewegen. Praktisch: Die Entwickler haben dem Synapse Aufnahmen für Schutzbleche und Gepäckträger spendiert sowie Lichtkabel vorinstalliert - damit lässt es sich zum Alltagsrad aufmöbeln.

Geeignet für: Menschen mit starkem Drang nach Geschwindigkeit - und weniger stark ausgebildeten Beinmuskeln.

Preis: 3699 Euro

Das Vielseitige

(Foto: Stevens)

Das Konzept: Ein Rad für (fast) alles

Hersteller: Stevens

Name: E-Gadino

Das bietet das Rad: Das E-Gadino fährt sich flott und komfortabel, vor allem in der Stadt spielt es seine Wendigkeit aus. Die Acht-Gang-Nabe lässt sich flüssig schalten, der teilweise in den Rahmen integrierte Akku liegt tief, was den Schwerpunkt nach unten verlagert. Im Vergleich zum verwandten Modell E-Bormio hat der Hersteller beim E-Gadino das Drehmoment des Shimano-Antriebs gedrosselt - das bringt laut Stevens etwas mehr Reichweite. Verlässt man mit dem Rad allerdings asphaltierte Wege, muss man sich auf ein ruppigeres Fahrgefühl einstellen: Die Federung könnte etwas besser sein.

Geeignet für: Leute, die ein vielseitiges Rad wollen - für die Fahrt zum Job, zum Einkauf und für den Wochenendausflug.

Preis: 2799 Euro

Das Langstreckentaugliche

(Foto: Pressdienst Fahrrad)

Das Konzept: Auf Reisen darf's ruhig komfortabel sein

Hersteller: Velotraum

Name: E-Finder FD2E

Das bietet das Rad: Wie alle Velos von Velotraum lässt sich auch das E-Finder FD2E individuell konfigurieren - was die Räder nicht gerade zu Preisschnäppchen macht. Das Rad rollt auf relativ breiten Reifen, die vor allem im Gelände trotz der starren Gabel Schlaglöcher und Unebenheiten gut wegdämpfen, auf Asphalt aber auch vergleichsweise leicht laufen. Eine gefederte Sattelstütze und ein breiter Lenker mit Lenkerhörnchen bringen auf langen Reisen zusätzlichen Komfort. Der Shimano-Mittelmotor schiebt harmonisch an; Voraussetzung ist allerdings, dass man unterwegs stets eine Lademöglichkeit findet.

Geeignet für: Weltenbummler, die von deutschen Flussradwegen genug haben und fernere Ziele anpeilen.

Preis: ab 4800 Euro

Das Geländegängige

(Foto: Haibike)

Das Konzept: Ab durch die Mitte

Hersteller: Haibike

Name: Sduro Fullseven LT 7.0

Das bietet das Rad: Das Besondere am Sduro Fullseven 7.0 ist der 150 Millimeter lange Federweg an Dämpfer und Federgabel, das soll dem Rad zusätzliche Sicherheit und Reserven in heiklem Gelände geben - das zumindest versprechen die Entwickler. Die hydraulischen Scheibenbremsen packen kräftig zu, der Bosch-Mittelmotor unterstützt flüssig und die Nobby-Nic-Stollenreifen von Schwalbe verbeißen sich fest in den Untergrund. Wie bei vielen Elektro-Mountainbikes ist auch bei diesem Rad der 500 Wattstunden fassende Akku so ins Unterrohr integriert, dass das Rad nicht zu bullig wirkt.

Geeignet für: Alle, die sich auf dem Feldweg langweilen, in den Bergen aber den Schub aus dem Akku nicht missen wollen.

Preis: 3999 Euro

Das Markenorientierte

Das Konzept: Willkommen in der (Auto-)Marken-Welt

Hersteller: BMW

Name: Active Hybrid e-Bike

Das bietet das Rad: BMW bietet, wie viele andere Autohersteller auch, seit Jahren schon Fahrräder an (neben Poloshirts, Schirmen, Spielzeug und anderem Schnickschnack). Die Firmen versuchen so, ihre Kunden über das Automobil hinaus an die Marke zu binden. Beim Active Hybrid soll dies vor allem über das Design geschehen, für das die konzerneigene Designschmiede mit Sitz unter anderem in Kalifornien verantwortlich zeichnet. Schick ist das ins Schutzblech integrierte LED-Rücklicht, wenngleich es am Testrad auf holprigem Untergrund laut klapperte. Sehr leise agierte dagegen der Brose-Mittelmotor.

Geeignet für: Marken-Fetischisten, die das jeweils passende Rad zu ihrem Auto in die Garage stellen wollen.

Preis: 3300 Euro

Das Faltbare

(Foto: Pressdienst Fahrrad)

Das Konzept: Fix falten - und dann rein in den Zug

Hersteller: Brompton

Name: Electric

Das bietet das Rad: Falträder wie die von Brompton, aber auch von Konkurrenten wie Tern haben sich bei Pendlern etabliert. Die Faltmechanismen sind mittlerweile ausgereift, da aber noch einen E-Antrieb zu integrieren, war zumindest herausfordernd. Beim Electric hat Brompton nun einen 250-Watt-Nabenmotor ins Vorderrad gebaut, der Akku wird separat in einer Tasche darüber befestigt. Für ihren sonstigen Kram sollten Electric-Fahrer also einen Rucksack mitnehmen. Denn beim Einsteigen in den ICE haben sie nun das zusammengefaltete Rad in der einen und die Akku-Tasche in der anderen Hand.

Geeignet für: Beispielsweise für Fernpendler, die mit dem (Falt-)Rad zum Zug und dann weiter ins Büro müssen.

Preis: 3150 Euro (zwei Gänge), 3350 Euro (sechs Gänge)

© SZ vom 01.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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