Downsizing in der Kompaktklasse:Ein Golf durch und durch

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Der VW Golf TSI BlueMotion hat mit seinem Dreizylinder einen effizienten und quicklebendigen Antrieb. (Foto: SOM)

Ein Minimotor mit nur drei Zylindern macht den VW Golf TSI BlueMotion zum sparsamsten Benziner der Baureihe. Und bringt trotzdem jede Menge Fahrspaß.

Von Michael Specht

Beim Auto-Quartett macht das jüngste Golf-Derivat keinen Stich. Zumindest, wenn es um Zylinder oder Hubraum geht. Der TSI BlueMotion geht im September mit drei Zylindern an den Start. Treiben es die Wolfsburger mit einem Kleinsthubraum von nur einem Liter zu weit? Oder reicht solch ein Mini-Motor für einen Kompaktwagen im Alltag wirklich aus?

Diese Fragen hat der Ford Focus längst beantwortet. Sein Ecoboost-Motörchen, ebenfalls ein Liter groß, glänzt durch Agilität und heimste sogar zahlreiche Auszeichnungen ein. Auch in Rüsselsheim will man den Anschluss halten. Der neue Opel Astra kommt im Herbst mit einem Einliter-Dreizylinder als Basismotor. Und wer immer noch zweifelt, dass radikales Downsizing eine Daseinsberechtigung hat, sollte den Einser und Zweier Active Tourer von BMW fahren. Selbst in den Dreier packen die Münchner demnächst ihren Dreispänner mit 1,5 Liter Hubraum.

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Der sparsamste Benziner

Das weiß man alles natürlich auch in Wolfsburg. Noch unter dem Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg (heute bei Audi in gleicher Position) und dem damaligen Motorenchef Heinz-Jakob Neußer (heute VW-Entwicklungsvorstand) erhielten vor einigen Jahren die Ingenieure die Aufgabe: Baut einen Hightech-Dreizylinder-Turbobenziner, der Maßstab seiner Klasse wird: Nicht nur in Sachen Laufruhe und Verbrauch, sondern auch in der Elastizität. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der intern genannte EA211 leistet 115 PS und macht den Golf TSI BlueMotion mit einem Verbrauch von 4,3 Litern zum sparsamsten Benziner der Baureihe. Das entspricht einem CO₂-Ausstoß von 99 g/km. Nur der Erdgas-Golf TGI stößt mit 94 Gramm noch weniger aus.

Besonders stolz ist Wolfram Wendt, bei Volkswagen für Entwicklung der Ottomotoren zuständig, auf das Drehmoment des kleinen Dreizylinders. "Mit 200 Newtonmetern sind wir Bester im Segment. Und bezogen auf einen Liter Hubraum hat nicht mal der Golf GTI einen höheren Wert", sagt Wendt. Zu spüren ist dies sofort. Der Golf TSI BlueMotion wirkt in keiner Weise untermotorisiert. Im Gegenteil, der Dreizylinder passt hervorragend, ist ungemein laufruhig und überzeugt durch guten Durchzug und angenehmen Sound.

VW verzichtete bewusst auf eine Ausgleichswelle, löste die prinzipbedingte Unwucht der ungeraden Zylinderzahl durch Maßnahmen wie eine spezielle Motorlagerung und asymmetrisch gebohrte Riemenscheibe. Wendt: "Das spart Kosten, Gewicht und Reibung." Der Motor ist zehn Kilogramm leichter als der vergleichbare 1,2-TSI-Vierzylinder, den er jedoch nicht ersetzt, sondern ergänzt. Der Kunde kann wählen. Allzu genau nachrechnen sollte er dabei aber nicht. Den preislichen Unterschied von 1075 Euro muss man erst einmal durch den geringeren Verbrauch wieder einfahren. Ausgehend von 0,6 Liter Einsparung pro 100 Kilometer gegenüber dem 1,2-TSI wären mehr als 120 000 Kilometer Fahrstrecke dafür nötig. Das kann dauern.

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Schneller als der Ur-GTI

Der Rest vom Golf TSI BlueMotion ist Golf durch und durch. Das Wolfsburger Kompaktmodell überzeugt durch ein in der Klasse überdurchschnittlich hohes Qualitätsniveau, besten Fahrkomfort und ein gutes Platzangebot. Wenn nötig, läuft er 204 km/h in der Spitze und ist damit sogar schneller als der Ur-GTI von 1976. Den TSI BlueMotion gibt es, wie bei seinen Pendants mit TDI- und TGI-Antrieb, nur in den Ausstattungsversionen Trendline ( ab 20 450 Euro) und Comfortline (ab 22 150 Euro). Auch der Golf Variant und der Sportsvan sind mit dem Dreizylinder erhältlich. Ab Werk fährt der TSI mit manuellem Sechsganggetriebe. Gegen Aufpreis von 1875 Euro bietet VW sein bekanntes Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe an. Der Effizienz wegen muss der Kunde allerdings auf einige Extras verzichten. So kann weder eine Anhängerkupplung noch ein Abstandsradarsystem bestellt werden. Letzteres würde eine andere Kühlluftführung - der Grill ist nahezu geschlossen - nach sich ziehen und den Verbrauch erhöhen, heißt es dazu aus der Entwicklungsabteilung.

Jüngere Kunden dürften ohnehin mehr an einer modernen Konnektivität interessiert sein. Volkswagen bietet hier die sogenannte "App-Connect" an. Dahinter verbergen sich die Schnittstellen "Mirror Link", "Android Auto" (Google) und "CarPlay" (Apple). Damit schaffen es die Wolfsburger als einer der ersten Autohersteller überhaupt, das Gros an Smartphone-Betriebssystemen ins Cockpit zu holen.

© SZ vom 11.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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