BMW:Aufwendige Zellforschung

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Peter Lamp, 55, stieg 2001 bei BMW als Experte für Brennstoffzellen ein. Seit 2012 leitet er die Abteilung zur Erforschung der Batteriezell-Technologie. Dem promovierten Physiker werden künftig 200 Mitarbeiter unterstehen. (Foto: BMW)

BMW steckt 200 Millionen Euro in ein neues Kompetenzzentrum Batteriezelle. Dessen Leiter Peter Lamp erklärt, warum.

Interview von Joachim Becker

SZ: Herr Lamp, warum forscht BMW an Batteriezellen, obwohl der Konzern selbst keine in Serie bauen will?

Peter Lamp: Rund um die Elektromobilität gibt es einen Wettbewerb um die besten Ideen und Innovationen. Denn das Produktionsvolumen wird in den nächsten Jahren schnell steigen. Bei uns arbeiten über 50 Leute sehr intensiv an der Zelltechnologie. Künftig brauchen wir Platz für 200 Experten. Denn wir verwenden nicht einfach die Batteriezellen, die uns am Markt angeboten werden. Stattdessen setzen wir stark auf Eigenentwicklungen. Diese lassen wir dann nach unseren genauen technischen Vorgaben bei spezialisierten Firmen fertigen.

Fürchten Sie nicht, von den Zellherstellern abhängig zu werden?

Wenn ich als Autohersteller nicht das gesamte Wissen bis hinunter auf die Materialebene habe, kann ich die realen Produktionskosten nur schwer einschätzen. Wir wollen nicht nur die Innovationen beschleunigen, sondern auch zwischen den Zellherstellern wechseln können. Deshalb analysieren wir alle Details im neuen Technologiezentrum. Dort verfügen wir über Batterieprüfstände, ein Labor für Materialentwicklung und ein Prototypenwerk, um Zellen im industriellen Prozess herzustellen. Damit können wir die Zellchemie in der Tiefe verstehen, ohne ein Chemieunternehmen zu werden.

Ist die BMW Coupé-Studie mit 600 Kilometer Batteriereichweite realistisch?

Bis 2021 werden wir deutlich größere Zellen einsetzen, das heißt: Die Energiedichte steigt, während der Bauraumbedarf und die Kosten sinken. Denn bei einer größeren Zelle nutzen wir mehr Aktivmaterial im Verhältnis zur Hülle. Zum Start des BMW i3 haben wir 2013 die damals größte Zelle verwendet. Seitdem konnten wir die Energiedichte um 50 Prozent steigern. In den kommenden Jahren werden wir weitere deutliche Fortschritte sehen. Dadurch werden sportlich-kompakte Elektro-Coupés möglich.

Wird diese Entwicklung durch eine neue Zellchemie beschleunigt?

Die nächsten zehn Jahre werden Lithium-Ionen-Zellen die Treiber der Elektromobilität sein - in immer verbesserter Form. Die einzige Technologie, in der wir ein Potenzial sehen, noch besser und günstiger zu werden, ist die Feststoff-Batterie. Wie weit die Entwicklung ist, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Wir erwarten marktreife Produkte nicht vor 2025. Denn wir müssen alle Zielkonflikte aus Leistung, Lebensdauer, Kosten und Ladefähigkeit lösen. Vorher wird es Prototypen in begrenzten Stückzahlen geben, um die Technologie voran zu bringen.

So schnell wird es also keinen Technologiesprung geben?

Es gibt viele Leute, die glauben, man muss auf einen Technologiesprung warten, um die Elektromobilität erfolgreich zu machen. Aber es geht vielmehr um die konsequente Weiterentwicklung und die Summe der Innovationen. Das Potenzial ist hoch, deshalb investieren wir erheblich in Forschung und Entwicklung. Dadurch können wir demnächst Produkte anbieten, die 2013 so noch nicht möglich waren. Nur wer bei E-Antrieben führend ist, wird sich durchsetzen.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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