Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will die missglückte Einführung des neuen E-10-Benzins zum Thema eines "Benzingipfels" machen. "Fakt ist, dass die Verbraucher völlig verunsichert sind", sagte Brüderle. Das Treffen solle für Klarheit sorgen. Einladungen sollten "kurzfristig" verschickt werden, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin, unter anderem an Mineralöl- und Autofirmen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), eigentlich zuständig für den Biosprit, begrüßte den Gipfel. Dieser helfe bei der der "notwendigen Aufklärung" der Verbraucher.
Zuvor hatte der BP-Konzern, zu dem Aral gehört, mitgeteilt, er werde die Umstellung seiner Aral-Tankstellen in Nordrhein-Westfalen aussetzen. Sie sollen vorerst keinen Sprit mit zehn Prozent Ethanol-Beimischung verkaufen, den "Super E 10". "Die deutschen Autofahrer haben E 10 erst einmal eine Absage erteilt", sagte ein BP-Sprecher.
Seit Anfang des Jahres soll der neue Sprit schrittweise eingeführt werden. Anders als bisher enthält er nicht fünf, sondern zehn Prozent Ethanol. Dies soll helfen, sowohl Rohölimporte als auch den Kohlendioxid-Ausstoß zu vermindern. Allerdings machen die meisten Autofahrer nicht mit. Dort, wo sie die Wahl haben zwischen dem E 10-Sprit und herkömmlichem Super, greifen die meisten zu letzterem. Bis zu zwei Drittel der Autofahrer zahlen lieber bis zu acht Cent mehr je Liter, aus Angst vor Motorschäden. Dabei haben die Autohersteller längst Entwarnung gegeben: 93 Prozent der Autos haben kein Problem mit dem höheren Ethanol-Gehalt. Viele Autofahrer seien eben verunsichert, heißt es beim Branchenverband MWV. Bisher bietet knapp die Hälfte der bundesweit 150.000 Tankstellen den neuen Kraftstoff an.
Weil aber viele Autofahrer offenbar lieber teures "Super plus" oder "V-power" tanken statt "Super E 10", stehen die Tankstellen vor logistischen Problemen. Den teuren Premium-Kraftstoffen ist meist nur ein kleinerer Tank vorbehalten, ergo müssen die Tanklaster öfter mit Nachschub anrücken. Einzelnen Tankstellen ging der teure Sprit zwischenzeitlich sogar aus. Derweil sitzen viele Raffinerien auf überschüssigem E-10-Kraftstoff. Laut MWV muss womöglich noch diese Woche eine Raffinerie die Produktion drosseln - mangels Nachfrage. Andere Raffinerien werden auf die Herstellung von E 10 gar nicht umgestellt.
Sollte die Einführung des neuen Benzins scheitern, stünden allerdings auch die Mineralölkonzerne vor einem Problem. Verkaufen sie nicht genug Ethanol, drohen hohe Strafen. Dies sieht das Gesetz vor, das den Konzernen eine bestimmte Quote an Biokraftstoffen vorschreibt. Allerdings lässt es offen, ob sie diese Quote mit dem E-10-Sprit erreichen oder anders. Müssten die Firmen Strafen zahlen, würde dies vermutlich auf die Spritpreise aufgeschlagen - die Quote wirkte dann wie eine versteckte Steuererhöhung auf Mineralöl.
Hinter den Kulissen tobt längst der Kampf um die Verantwortung. Röttgen warf den Konzernen bereits vor, die Autofahrer zu wenig auf die Umstellung vorbereitet zu haben. Dem schloss sich am Donnerstag der Bauernverband an. Die Tankstellen-Branche müsse "endlich aktiv über E 10 aufklären", forderte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Listen, welche Autos E 10 nicht vertragen, gibt es bisher nur im Internet (http://www.dat.de/e10liste/e10vertraeglichkeit.pdf).