Automobilclubs im Vergleich:Ersatz für die Engel

Lesezeit: 4 min

Der ADAC hat 19 Millionen Mitglieder. Sie sind ihm vor allem wegen der Pannenhilfe beigetreten. Jetzt fragen sich viele Autofahrer, was das Führungschaos für sie bedeutet - und welche Alternativen es gibt.

Von Harald Freiberger und Friederike Krieger, Frankfurt/Köln

Der Skandal um manipulierte Zahlen hat den ADAC ins Führungschaos gestürzt, der Verein beschäftigt sich derzeit vor allem mit sich selbst. Aber welche Auswirkungen hat der Skandal auf die fast 19 Millionen ADAC-Mitglieder? Die meisten von ihnen sind dem Club wegen seiner wichtigsten Dienstleistung beigetreten, der Pannenhilfe. Kaum jemand will mit einer Autopanne ohne Hilfe am Straßenrand stehen. Das hat die Gelben Engel so beliebt und den ADAC groß gemacht. Nun aber fragen sich viele, ob die Krise sich auch auf die Leistungen des Automobilclubs auswirkt. Und viele schauen sich auch schon nach Alternativen um.

Wie viele Mitglieder sind ausgetreten?

Zum 31. Januar hat der ADAC 66 200 Kündigungen erhalten, 15 000 mehr als im Vorjahr. Inzwischen dürfte diese Zahl noch deutlich gestiegen sein. Konkurrierende Clubs spüren zunehmende Nachfrage. Der Automobilclub von Deutschland (AvD), mit 1,4 Millionen Mitgliedern und Kunden der zweitgrößte Club nach dem ADAC, berichtet von einer deutlich erhöhten Zahl von Telefonanfragen. Der Auto Club Europa (ACE), der 580 000 Mitglieder hat, registriert seit Mitte Januar fünfmal so viele Anfragen wie vorher. Täglich erkundigen sich 4000 Internet-Nutzer nach einer Mitgliedschaft, allein im Januar gab es 60 000 Telefonanfragen.

Wie kann man kündigen?

Die Mitgliedschaft beim ADAC läuft jeweils über ein Jahr. Wer austreten will, muss drei Monate vorher kündigen. Ein Beispiel: Läuft der Vertrag bis zum 31. Mai 2014, muss er bis zum 28. Februar gekündigt werden. Ansonsten verlängert er sich um ein weiteres Jahr.

Leidet die Pannenhilfe?

Die Maschinerie der 1700 Pannenhelfer läuft weiter, es gibt keine Berichte über Einschränkungen. Die Gelben Engel waren auch nicht das Problem des ADAC, sondern die ausufernden Dienstleistungen rund um das Kernprodukt herum. Die Aufarbeitung der Krise hat erst begonnen. Welche Auswirkungen sie auf die Funktionsfähigkeit des ADAC insgesamt hat, lässt sich noch nicht sagen.

Wie wichtig ist der ADAC-Schutzbrief?

Im Leistungsumfang der klassischen ADAC-Mitgliedschaft sind unter anderem eine Pannen- und Unfallhilfe vor Ort sowie das Abschleppen zur nächstgelegenen Werkstatt enthalten. Der ADAC übernimmt dabei Kosten von bis zu 300 Euro. Auch eine Bergung des Fahrzeugs ist inbegriffen. Die klassische Mitgliedschaft zum Preis von 49 Euro jährlich greift aber nur bei einem Unfall oder einer Panne innerhalb Deutschlands. Wer europaweit die Hilfe der Gelben Engel in Anspruch nehmen will und auch auf Zusatzleistungen wie Mietwagen, Hotelübernachtung oder Kranken- und Fahrzeugrücktransport Wert legt, muss 84 Euro jährlich für eine ADAC-Plus-Mitgliedschaft zahlen.

Was bieten andere Automobilclubs?

Die Mitgliedschaft beim AvD kostet 64,90 Euro im Jahr, für einen Partner kommen 22 Euro hinzu. Im Unterschied zum ADAC hat der AvD keine eigenen Pannenhelfer, er verfügt über ein flächendeckendes Netz von lokalen Abschleppdiensten, die für ihn arbeiten. In der Mitgliedschaft inbegriffen ist eine weltweite Pannenhilfe, der Preis für das Abschleppen und den Rücktransport des Autos. Kosten für Mietwagen und Hotelübernachtung übernimmt der AvD, wenn die Panne weiter als 50 Kilometer vom Wohnort entfernt passierte. Beim ACE kostet die Mitgliedschaft 62,80 Euro im Jahr, Familienmitglieder sind mitversichert. Wer die Panne beim ACE-Notruftelefon meldet, hat beim Abschleppen keine Kostenbegrenzung. Ansonsten übernimmt der Club die Unfallhilfe vor Ort bis zur Höhe von 105 Euro.

Der Automobilclub Verkehr (ACV), der 300 000 Mitglieder hat, verlangt 48 Euro Beitrag im Jahr. Er übernimmt die Kosten für ein Pannenfahrzeug bis 105 Euro, für das Abschleppen bis 155 Euro. Beim Verein "Mobil in Deutschland" kostet ein Deutschland-Schutzbrief 24 Euro, das Premiumpaket wiederum 54 Euro. Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der kein klassischer Automobilclub ist, sondern ein Verein, der sich für ökologische Verkehrspolitik einsetzt, hat eine Pannenhilfe. Die Mitgliedschaft kostet 50 Euro, der Kfz-Schutzbrief kann dazu gebucht werden und schlägt je nach Abgasnorm mit 29 bis 59 Euro zu Buche.

Was bieten Versicherer?

Während der Kunde bei Automobilclubs Mitglied werden muss, bieten Versicherer den Service als Extra zu ihren Policen an - oft zu deutlich niedrigeren Preisen. So ist das Versprechen, Pannenhilfe zu leisten, bei manchen Versicherern schon für unter zehn Euro zu haben. Die Preisspanne reicht, je nach Gesellschaft, von sechs bis 20 Euro. Der Leistungsumfang ist aber nicht hundertprozentig identisch mit dem der ADAC-Plus-Mitgliedschaft. So sind die Leistungen bei vielen Versicherern an ein Auto gebunden, während die ADAC-Leistungen personenbezogen sind. Das heißt, ein ADAC-Mitglied hat auch einen Anspruch auf Pannenhilfe, wenn es nicht mit dem eigenen Wagen unterwegs ist. "Aber diese Unterschiede rechtfertigen nicht einen fast zehnmal so hohen Preis", sagt ein Konkurrent. Auch Verbraucherschützer halten die Angebote der Versicherer für gut. Wenn man einem Automobilclub nur wegen des Schutzbriefs beitreten wolle, seien die Produkte der Assekuranz oft die bessere Wahl.

Was bieten Automobilhersteller?

Beim Kauf eines Neuwagens oder eines jüngeren Gebrauchten gewähren Autohäuser oft eine Mobilitätsgarantie. Die Leistungen sind jenen einer Pannenhilfe oder eines Schutzbriefes ähnlich. Die Autohersteller gehen dabei Partnerschaften mit Versicherungen ein. Die Mobilitätsgarantie ist ein Mittel, um Kunden ans Haus zu binden. Allerdings wird sie in der Regel nur ein oder zwei Jahre lang gewährt. Wer sie darüber hinaus verlängern will, muss einen Aufpreis zahlen.

Geht es auch ohne Pannenhilfe?

Ja, es gibt Millionen unerschrockene Autofahrer, die nicht Mitglied in einem Automobilclub sind. Im Fall einer Panne organisieren sie den Abschleppdienst selbst. Das ist heute auch deshalb leichter als früher, weil es Smartphones gibt, über die sich lokale Helfer auskundschaften lassen. Wer das tut, spart sich den jährlichen Betrag für Autoclub oder Schutzbrief - muss den Preis fürs Abschleppen aber selbst zahlen.

Ein Mann zwischen Auto, Motor, Spott: Die ausführliche Reportage über den ehemaligen ADAC-Präsidenten Peter Meyer lesen Sie heute exklusiv in der SZ.

© SZ vom 12.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: