Ab in den Urlaub:Zweirad für zwei

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Und jetzt zusammen: Wer sich auf einem Tandem abstrampelt, kann mit dem Mitfahrer unkompliziert kommunizieren. (Foto: Desmond Boylan/Reuters)

Wer mit einem Tandem unterwegs ist, kann sich nicht nur gut unterhalten. Er findet auch jederzeit Anschluss und wird mit doofen Kommentaren bedacht. Aber das ist längst nicht alles. Was macht die Faszination des Tandemfahrens aus?

Von Marco Völklein

Auf eine Diskussion lässt sich die Kassiererin auf der Neckarfähre in Ladenburg bei Mannheim gar nicht erst ein. Ein Fahrrad, also ein Ticket? Oder? "Naja", sagt die Kassiererin in schönstem Kurpfälzer Dialekt. "Do sitze awwa zwee Mensche druff." Und tatsächlich sieht die Gebührenordnung der kleinen Fähre vor, dass die Kosten für die Überfahrt nicht nach der Zahl der Fahrräder berechnet werden, sondern nach der Zahl der Radfahrer. Und gefahren wird so ein Tandem nun mal von zwei Personen. Ende der Diskussion.

Ansonsten aber ist eine Tandem-Tour sehr kommunikativ. Denn zum einen fördert das Doppelgefährt das Gespräch untereinander. Man sitzt so nah beieinander, dass es dem Fahrtwind nur selten gelingt, Sätze in Fetzen zu reißen. Zum anderen fällt ein Tandem auf - und lädt offenbar viele dazu ein, einen anzusprechen. "Oder blöde Kommentare zu rufen", sagt Michael Korb aus Mettmann bei Düsseldorf. Das stimmt: Sätze wie "Hinten wird ja gar nicht getreten", zugerufen von Passanten, begleiten einen ständig auf einem Tandem. Korb fährt seit Jahren Tandem. Mit seiner Frau. Und mit einer älteren, erblindeten Dame. Korb engagiert sich im Verein "Weiße Speiche", der regelmäßig Tandem-Touren mit Sehbehinderten unternimmt. Der Sehende steuert das Rad, der blinde Mitfahrer tritt fleißig in die Pedale.

Und wie fährt es sich nun, so ein Zweirad für zwei? Besuch bei Wolfgang Haas in Rosenheim. Der Fahrradhändler importiert die Tandems des US-Herstellers Santana nach Deutschland. Bevor Haas einen Anfänger aufs Tandem lässt, dreht er eine Einführungsrunde; auch wer künftig das Tandem lenken will, muss zunächst als Mitfahrer Platz nehmen. Schon da wird rasch klar: Wer Radfahren kann, der kann auch Tandem fahren. Beim Auf- und Absteigen ist noch ein wenig Absprache zwischen Pilot und Mitfahrer nötig, dann aber läuft's: Der Wendekreis des Santana-Bikes ist erstaunlich klein. Und das Tempo lässt sich zu zweit deutlich schneller aufbauen und auf Flachstücken länger halten als als Einzelkämpfer auf dem Rad.

Der Spaß hat seinen Preis: Ein zerlegbares Tandem erreicht schnell einen fünfstelligen Preis

Der größte Vorteil des Tandems liegt darin, dass Menschen mit unterschiedlichem Leistungsstand gemeinsam unterwegs sein können - ohne dass der Schwächere am Ende abgekämpft absteigt. Und der mit den starken Waden sich langweilt. Korb und seine Frau beispielsweise befuhren vor Jahren mit zwei Einzelrädern den Ostseeradweg. "Entweder musste ich warten oder sie sich abhetzen." Dann kam Korb per Zufall zum Weiße-Speiche-Verein und zum Tandem. Und seither absolvierten er und seine Frau zahlreiche Tandemreisen. Ohne Stress oder gar Streit.

Der relativ hohe Preis fürs Tandem habe sich da schon bezahlt gemacht, sagt Korb. Als Faustregel gilt: Für ein Tandem muss man in etwa den 2,5-fachen Betrag investieren, den man für ein Solo-Rad gleicher Gattung auszugeben bereit wäre. So kommt ein Santana-Reise-Tandem beispielsweise auf mindestens 4000 Euro; ein zerlegbares Rennmodell, das auch im Kofferraum eines Kleinwagens oder im Zug Platz findet, geht bei 10 000 Euro los. Aufs Tandem will Korb jedenfalls nicht verzichten. Er freut sich darauf, irgendwann mit der Enkeltochter loszuradeln. Die ist gerade drei Jahre alt geworden. "In ein paar Jahren", sagt Korb, "gehe ich mit der auf Tour."

© SZ vom 14.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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