Von 2011 an: Höhere Beimischung:Zehn Prozent Bio im Sprit

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Das Bundeskabinett hebt die Beimischung von Biosprit an, herkömmliches Benzin soll schrittweise von den Tankstellen verschwinden. Allerdings müssen die Länder der Neuregelung noch zustimmen.

Michael Bauchmüller

Millionen deutsche Autofahrer müssen sich auf einen neuen Kraftstoff einstellen. Das Bundeskabinett verabschiedete eine Neuregelung, nach der Benzin künftig zehn Prozent Bio-Ethanol enthalten soll. Für Besitzer alter Autos soll es weiterhin herkömmlichen Sprit geben - zumindest einmal bis 2013.

Eine Zapfpistole für Bio-Ethanol, fotografiert an Deutschlands erster Bio-Ethanol-Tankstelle in Bad Homburg, die 2005 eröffnet wurde. (Foto: dpa)

Schon heute tanken Autofahrer automatisch auch Biokraftstoff, allerdings nur zu fünf Prozent. Dieser Anteil soll nun auf zehn Prozent steigen. Die Bundesregierung setzt damit eine EU-Richtlinie um, die Straßenverkehr klimafreundlicher machen muss. Da der Ethanol aus Pflanzen hergestellt wird, ist seine Verbrennung faktisch klimaneutral.

Schon die Vorgängerkoalition hatte eine solche Aufstockung vorgehabt, die Pläne aber dann fallengelassen. Zu unklar war geblieben, welchen Fahrzeugen der Sprit schaden würde.

Denn das Gemisch greift vor allem in älteren Fahrzeugen Leitungen an, Autofahrer müssen sich deshalb bei ihren Herstellern erkundigen, ob ihr Wagen den höheren Ethanol-Anteil verträgt. Die meisten Hersteller geben dies inzwischen an. Neben dem neuen "E10"-Kraftstoff soll es weiter die bisherige "E5"-Variante geben, zumindest bis 2013. Die EU-Verordnung fordert nur bis dahin eine garantierte Verfügbarkeit von E5-Sprit.

Die Bundesregierung verzichtete zwar darauf, ein ähnliches Enddatum in die Verordnung zu schreiben. In Branchenkreisen allerdings wird erwartet, dass der alte Kraftstoff schrittweise verschwinden wird - alleine des Aufwandes wegen, für einen vergleichsweise kleinen Fahrzeugpark einen eigenen Kraftstoff samt Logistik vorzuhalten.

Nach Schätzungen des Bundesumweltministeriums haben zwischen drei und 3,5 Millionen Fahrzeuge Probleme mit der Zehn-Prozent-Beimengung. Allerdings werden viele davon peu à peu von den Straßen verschwinden. Eine Lösung für Oldtimer steht bislang noch aus. Viele von ihnen werden auch über das Jahr 2013 hinaus den bisherigen Sprit benötigen.

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Dass die Ära der klassischen Verbrennungsmotoren beendet werden muss, steht außer Frage. Forschung und Industrie haben eine Reihe von alternativen Hoffnungsträgern vorgestellt - aber nichts wird auf absehbare Zeit Diesel- und Benzinmotoren in großem Stil ersetzen können.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) lobte die Aufstockung als "wirksamen Beitrag für den Klimaschutz". Einerseits senke der Biosprit die Autoabgase, andererseits schone er knapper werdende Erdölreserven. Anders als im Jahr 2007, als Röttgens Vorgänger Sigmar Gabriel (SPD) mit einem ähnlichen Vorstoß am Widerstand von Autofahrer-Verbänden gescheitert war, sprach das Umweltministerium die Anhebung diesmal auch mit dem ADAC und anderen Verbänden ab.

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Biokraftstoffe, einst als saubere Alternative zu Benzin und Diesel gehandelt, richten mehr Schaden als Nutzen an. Die Politik ist ratlos und hofft auf eine neue, effektivere Biotreibstoff-Generation.

Grundsätzlich seien nachwachsende Rohstoffe im Tank vorteilhaft, erklärte ein Sprecher des Autofahrer-Klubs. Allerdings müssten die Mineralölfirmen auch Sorge tragen, dass flächendeckend der fünfprozentige Sprit angeboten werde. "Und möglicherweise wird es auch eine leichte Verteuerung der Kraftstoffe geben."

Das wiederum hat technische und wirtschaftliche Gründe. Zum einen werden Autofahrer künftig etwas mehr von dem neuen Kraftstoff tanken müssen, um genauso weit zu fahren wie mit dem bisherigen: Ethanol hat einen geringeren Energiegehalt als Benzin. Zum anderen ist der Biosprit bei gegenwärtigen Ölpreisen teurer als konventioneller Kraftstoff.

Dies dürfte sich mit Beginn des kommenden Jahres noch verschärfen. Dann treten die Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Biotreibstoffen in Kraft. Sie sollen verhindern, dass etwa in Entwicklungsländern Regenwälder gerodet werden, um den europäischen Treibstoffbedarf zu decken. Ethanol dürfte damit zunehmend aus Europa selbst kommen, etwa von Zuckerherstellern. "Die Frage wird sein, ob ausreichend zertifizierte Ware vorhanden ist", heißt es in der Branche. Gebe es sie nicht, steige der Preis für Ethanol.

Umweltschützer haben ohnehin Kopfschmerzen. "Die Öko- und Klimabilanz von Ethanol, das aus zucker- oder stärkehaltigen Pflanzen hergestellt wird, ist äußerst umstritten", sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Umwandlung von Wald, Weide- oder Brachland in Ackerland könne letztlich mehr Kohlendioxid freisetzen, als später durch Biokraftstoffe eingespart wird.

Wann der neue Sprit überall in Deutschland zu tanken sein wird, ist noch unklar. "Wir sind vorbereitet", sagte ein BP-Sprecher. Allerdings muss Ende November zunächst der Bundesrat der neuen Veordnung zustimmen, Anfang kommenden Jahres kann sie frühestens in Kraft treten. Dann allerdings müssen erst alle 15.000 Tankstellen umgerüstet werden. Bundesweit gibt es nur drei Firmen, die das können.

© SZ vom 28.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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