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FREUDE pur

Glosse

Eine bayerische Ikone tritt ab

Starkoch bankrott, was jetzt? Die Nation braucht doch einen Superbayern, der für gute Laune sorgt. Unser Autor hätte schon eine Idee, wer ihm nachfolgen könnte…

Eine bayerische Ikone tritt ab

Foto: Wikimedia Commons

Er hat uns jahrelang im Fernsehen unterhalten. Ob in zahllosen Kochshows oder zahlreichen BR-Vorabendserien wie „München 7“, der „Kaiser von Schexing“ oder der „Bergdoktor“ (läuft angeblich im ZDF, egal). Manchmal mit Cameo-Auftritten, öfter als fiktionaler Koch-Charmeur namens Alfons Schuhbeck. Ohne ihn wären wir und viele andere nie auf die Idee gekommen, echte Ingwerscheibchen in unsere bayerisch-indischen Curry-Kreationen reinzuschnibbeln! Vermutlich hätte der Supermarkt ums Eck diese Superwurzel ohne ihn nie in sein Sortiment genommen: Die Rede ist natürlich vom echten Alfons Schuhbeck, der als Alfons Karg vor bald 74 Jahren in Traunstein erstmals den weiß-blauen Himmel erblickte. Im vergangenen Herbst wurde er als Steuerhinterzieher verurteilt. Schon während des Prozesses kam zum Schaden gehöriger Spott dazu.

Dem wollen wir uns nicht anschließen. Im Gegenteil. Alfons Schuhbeck war eine bayerische Ikone, ein Sympathieträger mit schlitzohrigem Humor, ein Tausendsassa auf allen TV-Bühnen, ein Botschafter des bayerischen Geschmacks! Das allzu nah liegende Wortspiel sei bitte verziehen. Ihn wollen wir hier ein letztes Mal feiern. Dazu eine steile These: Ohne Schuhbecks Karriere hätte es Hubert Aiwanger vermutlich nie in eine Talkshow geschafft (dazu später mehr).

Dass Schuhbeck aus den berühmten kleinen Verhältnissen kam, machte ihn uns sympathisch. Dass er bei der Deutschen Bundespost eine Fernmeldetechnikerlehre anfing, noch mehr. Dass er in einer Bundeswehr-Feldküche seine ersten Profischritte als Koch unternahm, fanden wir dermaßen spitzenmäßig, dass wir lange Zeit vermuteten, er habe sich diesen Lebensabschnitt erdichtet. Damit nicht genug: In seinen jungen Jahren gab Alfons Karg sogar den Elvis in einer Rock‘n Roll-Combo namens „Die Scalas“. So einen Menschen muss man einfach mögen!

In den Straßen von Waging am See

In den Siebziger Jahren übernahm der „Fonsi“ als Adoptivsohn des Waginger Bürgermeisters und Gastwirts Sebastian Schuhbeck dessen Gastwirtschaft. Er erlernte seinen neuen Beruf von der Pike auf, unter anderem in Witzigmanns Aubergine, und heimste schon 1983 in Waging einen Michelin-Stern ein. Mit 34 Jahren, Respekt! Nicht dass wir in jenen Tagen zu dieser Szene irgendeinen Berührungspunkt gehabt hätten. Als armer Student kannte unsereins das Aubergine nur von außen. Waging am See war ein exotischer Name („welcher See?“), ferner als San Francisco, dessen Straßen wir immerhin aus der Kino-Distanz kannten. Möglicherweise genossen wir einmal sogar Schuhbecks Künste, freilich ohne es zu wissen. Denn laut Wikipedia betrieb der Koch eine Weile die Kantine der BRK-Hauptverwaltung in München (in der man sich mit „Mahlzeit!“ grüßte).

In den Neunziger Jahren wurde Schuhbeck schließlich omnipräsent, im Fernsehen, am Platzl, in der bunten Presse, eigentlich überall. Unsere Sympathie nahm etwas ab, unter anderem weil sein Partyservice die Feste des bräsigen Dauerkanzlers Kohl bekochte oder weil er noch zu Uli Hoeness‘ Zeiten zum Leibkoch des FC Bayern avancierte. Schuhbeck hatte übrigens schon lange vor dem Bratwurstfabrikanten einen Steuerhinterziehungsprozess am Hals und wurde dafür 1994 verurteilt – wer weiß, vielleicht war Schuhbeck sogar ein Vorbild für den Bayernboss. Richtig übel nahmen wir ihm, als er ein Flughafenbistro namens „Schuhbeck’s Check Inn“ eröffnete.

Mit einem dämlichen angelsächsischen Apostroph, wohl weil es sich um eine Art Millionärs-Privatjet-Flugplatz handelte. Die eigens gegründete GmbH musste vor elf Jahren Insolvenz anmelden. Ein schlechtes Omen für den Küchenkönig. Wir bemerkten diese ersten Zeichen seines Abstiegs nicht und verschenkten weiterhin seine Kochbücher (bis auf das FCB-Kochbuch), zum Beispiel an die hessische Schwiegermutter und an diverse preußische Tanten – sie alle liebten ihren Alfons von ganzem Herzen. Er war weiterhin Deutschlands populärster Bayer. Nicht zuletzt, weil Gerhard Polt immer seltener auftrat, die Biermösl Blosn (eh halbe Schwaben) sich zerstritten und Edmund Stoibers legendäre Transrapid-Nummer allmählich verblasste.

Vor vier Jahren schloss „Schuhbecks Fine Dining im Boettners“, trotz des korrekten Genitivs. Zwei Jahre später folgte die erneute Anklage wegen Steuerhinterziehung. Diesmal wegen einer Kassen-Software, die sich der Starkoch individuell zurechtschneidern ließ, wie sein Mitangeklagter aussagte. Immerhin ging es um rund 2,3 Millionen Euro, die der Millionär dem Staat nicht gönnte. Er legte ein Geständnis ab. 

Foto: Was vom Tage übrigblieb – ein umstrittener Gewürzladen. Foto: Bettina Rubow

Zur Anfangsthese: Dass Schuhbecks langer Abgang von der deutschen Bühne mit dem Aufstieg von Hubert Aiwanger korreliert, ist kein Zufall. Die Nation jenseits der Donau und des Mains braucht schließlich immer einen Superbayern, der für gute Laune sorgt. In Schuhbecks Windschatten perfektionierte der Niederbayer im vergangenen Jahrzehnt seine „Opfelsoft“-Nummer und faszinierte Bayern wie Nicht-Bayern. Nun ist die Bühne für Aiwanger frei! Man darf gespannt sein, in welcher BR-Serie der Niederbayer demnächst zu sehen sein wird. Außer bei der BR-Polit-Satire-Sendung „Quer“, in der Aiwanger ja sowieso seit Jahren Stammgast ist. Aber angeblich ist das gar nicht der „Hubsi“ selber, sondern ein Schauspieler namens Wolfgang Krebs.

Horst Kramer

 

P. S.: Drei Jahre und zwei Monate wollte die Richterin Alfons Schubeck ins Gefängnis schicken. Gegen dieses Urteil strengt unser Lieblingsbayer nun eine Revision vor dem Bundesgerichtshof an. 

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