Verhaltensforschung:Verzicht bringt Profit

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Kunden kaufen Produkte offenbar eher, wenn Firmen einen Teil der Umsätze für die Wohlfahrt spenden. Das zeigt eine Studie mit Besuchern eines Vergnügungsparks.

Christopher Schrader

Einen Teil der Umsätze für die Wohlfahrt zu spenden kann Firmen einen höheren Profit bringen, wie Forscher aus Süd-Kalifornien zeigen. Die sogenannte Corporate Social Responsibility, also das Eintreten für gute Zwecke, muss dem Gewinnstreben von Unternehmen also nicht widersprechen - wenn sie ihre Kunden gezielt in das Engagement für gemeinnützige Organisationen einbinden.

Achterbahnfahrgäste, die Bilder von sich selbst kaufen möchten, zahlen offenbar mehr, wenn die Hälfte des freigewählten Preises gespendet wird. (Foto: AFP)

Die Wirtschafts-Forscher um Ayelet Gneezy von der University of California, San Diego in La Jolla haben dazu ein Experiment mit 113.000 Besuchern eines Vergnügungsparks gemacht (sie sagen nicht von welchem, aber die Ko-Autorin Amber Brown arbeitet in der Forschungsabteilung von Disney im kalifornischen Glendale).

Dort schießen automatische Kameras Fotos von den Fahrgästen einer Achterbahn, wenn sie gerade vor Vergnügen schreien. Die Bilder werden danach auf Bildschirmen am Ausgang gezeigt und als Ausdruck im Format 13 mal 18 Zentimeter zum Kauf angeboten. An normalen Tagen kosten sie 12,95 Dollar und sind nicht gerade ein Renner: Jeder 200. Fahrgast greift zum Geldbeutel.

Im Durchschnitt der etwa 14.000 Fahrgäste pro Tag generiert der Fotoservice knapp sechs Cent Profit. Als die Forscher und das Parkmanagement testweise zwei Tage lang anboten, die Hälfte des Einnahmen zu spenden, stieg das Interesse zwar ein wenig, aber der Umsatzanteil für den Park fiel deutlich. Jeder 170. Kunde kaufte das Foto, der Park erwirtschaftet pro Fahrgast einen Profit von 3,1 Cent - etwas mehr ging an eine nationale anerkannte, gemeinnützige Patienten-Organisation, weil der Park die Kosten des Service allein aus seiner Hälfte vom Umsatz bestritt.

Danach konnten die Fahrgäste zwei Tage lang den Preis selbst bestimmen und das Foto sogar für null Cent bekommen: Jetzt griff jeder zwölfte Kunde zu, zahlte im Mittel aber nur noch 92 Cent. Das deckte für den Anbieter kaum die Druckkosten, bei steigendem Umsatz verschwand der Profit.

Als dann aber weitere zwei Tage lang die Hälfte des freigewählten Preises gespendet wurde, gab es große Veränderungen. Jetzt kaufte zwar nur noch jeder 20. Kunde das Foto, bezahlte im Mittel aber 5,33 Dollar. Der Umsatz vervierfachte sich, der Brutto-Profit pro Fahrgast nahm von etwa sechs auf zwanzig Cent zu (Science, Bd. 329, S. 325, 2010). Davon bekam der Park knapp acht Cent, der Rest floss an die gemeinnützige Organisation.

Die Forscher erklären sich die Veränderung mit komplexen psychologischen Reaktionen: Offenbar brachten es die Kunden jetzt nicht mehr über sich, lächerlich kleine Beträge für das Foto zu bezahlen, weil sie damit vor sich selbst und ihren Begleitern als geizig gegenüber der Wohlfahrt dastanden: Viele verzichteten in dieser Zwangslage ganz auf das Bild, obwohl sie es billig oder gar umsonst hätten bekommen können. Andere zahlten mehr, als sie es sonst getan hätten, weil es ja "für eine gute Sache" war. Niemand konnte zudem dem Anbieter unterstellen, dass das Foto an sich zu teuer sei, weil jeder selbst über den Preis entschied, während der Park das wirtschaftliche Risiko offensichtlich allein trug.

Vom freiwilligen Preis die Hälfte zu spenden, erwies sich so als beste Lösung für alle. Auf das Jahr hochgerechnet hätte der Fotostand mit diesem Angebot dem Park 100.000 Dollar mehr Profit erwirtschaftet als zuvor und zudem 600.000 Dollar für die Wohltätigkeitsorganisation abgeworfen. Positiv für den Park war zudem: Das gesteigerte Interesse an den Achterbahn-Fotos beeinträchtigte nicht die generelle Kauflust der Kunden: Sie mussten beim Ausgang durch einen Geschenkshop mit T-Shirts, Schlüsselanhängern und anderem Schnick-Schnack gehen, dessen Tagesumsatz sich nicht systematisch veränderte, eher sogar noch ein wenig anstieg. Womöglich hatte sich die Laune der Fahrgäste durch den zufriedenstellenden Deal mit dem Foto verbessert.

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