Verhaltensbiologie:Affengeflüster

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Lisztaffen flüstern, wenn sie eine Bedrohung wahrnehmen. (Foto: dpa)

Immer wenn ein bestimmter Wärter die Lisztaffen im Central Park Zoo, New York, besucht, fangen die Tiere an zu flüstern. Es ist das erste Mal, dass dieses Verhalten bei nichtmenschlichen Primaten beobachtet wurde. Das hängt wohl damit zusammen, dass es so ist, wie es sein soll: unauffällig.

Von Markus C. Schulte von Drach

Auch manche Affen flüstern in der Gegenwart von Jemandem, den sie nicht mögen, oder vor dem sie sogar Angst haben. Das gilt zumindest, wenn dieser Jemand ein Zoowärter ist, mit dem die Tiere unangenehme Erfahrungen gemacht haben.

Das berichten Wissenschaftlerinnen der City University of New York im Fachblatt Zoo Biology.

Bisher ist Flüstern nur von Menschen bekannt, die vermeiden wollen, belauscht zu werden oder aufzufallen, sowie von einigen wenigen anderen Arten von Vögeln, Fledermäusen und Zieseln.

Die Beobachtung an Lisztaffen im New Yorker Central Park Zoo ist den Forscherinnen zufolge nun "der erste Hinweis auf ein flüsterähnliches Verhalten bei einem nichtmenschlichen Primaten".

Rachel Morrison und Diana Reiss wollten ursprünglich beobachten, wie eine Gruppe der Affen auf Menschen reagiert. Erwartet hatten sie die von den Krallenaffen bekannten " Mobbing-Rufe", die ein Wärter auslösen sollte, von dem bekannt war, dass die Tiere ihn nicht mögen. (Solche Rufe dienen bei Tieren dazu, einen Räuber abzuschrecken.)

Der Zooangestellte hatte zu dem Team gehört, das die Tiere aus ihrer Heimat geholt hatte. Außerdem war er es, der die Affen mit einem Netz mehrmals eingefangen hatte, wenn sie untersucht werden sollten.

Zu den üblichen Reaktionen der kleinen Primaten auf Störenfriede gehört, dass sie nicht nur hohe Schreie ausstoßen, sondern dass sie auf sie zuspringen oder sie sogar anspringen. All das blieb bei diesem Wärter jedoch aus.

Die Video- und Audioaufnahmen zeigten stattdessen, dass die Tiere sich leise äußerten - so leise, "dass es für uns nicht hörbar gewesen wäre", schreiben die Biologinnen. Eine genaue Analyse bestätigte dann ihre neue Hypothese: Die Lisztaffen verringerten die Lautstärke ihrer Rufe, wenn sie sich durch diesen einen Wärter bedroht fühlten.

Möglicherweise, so vermuten die Forscherinnen, wurde dieses Verhalten bisher aus gutem Grund übersehen: Es ist, wie es sein soll. Unauffällig.

Flüstern könnte demnach ein Phänomen sein, dass weiter verbreitet ist als bislang angenommen.

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