Schweinegrippe: Impfstoff:"Es dauert zwölf Wochen"

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Warum nicht mit der Impfstoff-Produktion begonnen wird und ob die Influenza-Impfung gegen Schweinegrippe schützt, erklärt ein Virologe.

Hanno Charisius

Michael Pfleiderer leitet das Fachgebiet für Virusimpfstoffe am Paul-Ehrlich-Institut im hessischen Langen, das in Deutschland für die Zulassung von Impfstoffen verantwortlich ist. Der Virologe über die Risiken, direkt mit der Produktion zu beginnen und Chancen auf eine wirksame Impfung.

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SZ: Wie lange wird es dauern, bis es einen Impfstoff gegen das mexikanische Virus gibt?

Michael Pfleiderer: Den können wir nicht aus dem Boden stampfen. Es gibt eine Reihe von Vorbereitungen, die zuvor getroffen werden müssen. Derzeit produzieren alle Hersteller auf Hochtouren den Impfstoff für die Grippesaison 2009/2010. Dieser saisonale Impfstoff ist nicht derselbe, der jetzt gegen eine womöglich pandemische Grippe schützen würde. Erst wenn die Weltgesundheitsorganisation WHO bekanntgibt, dass wir es sicher mit der befürchteten Grippepandemie zu tun haben, werden sich die in Europa zuständigen Behörden mit den Herstellern zusammensetzen und die Herstellung des Pandemie-Impfstoffes starten.

SZ: Warum legen die Hersteller nicht schon jetzt los?

Pfleiderer: Es ist eine riskante Entscheidung. Wenn wir die Produktion jetzt auf Pandemie-Impfstoff umstellen und es kommt gar keine weltumspannende Grippewelle, dann sind wir ohne ausreichenden Impfschutz, wenn die alljährliche saisonale Grippe kommt.

SZ: Wenn dann das Startsignal kommt, wie viel Zeit brauchen die Hersteller?

Pfleiderer: Nach zehn bis zwölf Wochen würden die ersten Impfdosen ausgeliefert werden.

SZ: Was geschieht in dieser Zeit?

Pfleiderer: In dieser Phase müssen die von den Bundesländern eingelagerten Antigrippe-Medikamente helfen, die Krankheit einzudämmen.

SZ: Wie wird der Impfstoff hergestellt?

Pfleiderer: Zunächst muss der neue Erreger für die Produktion angepasst werden, das geschieht bereits in einigen Laboren, sodass die Herstellung mit geringstem Zeitverzug umgestellt werden kann. Das ist Routinearbeit, das machen wir jährlich. Mit diesen Saatviren werden Hühnereier infiziert, in denen sich die Impfviren vermehren. Das ist das Verfahren, mit dem seit Jahrzehnten der saisonale Impfstoff hergestellt wird. Inzwischen gibt es eine weitere Methode, die Virenzucht in sogenannten Vero-Zellen, die aus Nieren von Meerkatzen stammen. Bei beiden Varianten werden die Viren geerntet und zu einem Impfstoff verarbeitet.

SZ: Das Virus gilt als wandlungsfähig. Kann es sein, dass der Impfstoff die Schutzwirkung verliert, bevor er in ausreichenden Mengen auf dem Markt ist?

Pfleiderer: Es kann theoretisch passieren, das sich das Virus zwischen der ersten und der zweiten Welle so stark verändert, dass der Impfschutz nicht mehr funktioniert. Das berücksichtigen wir bei der Herstellung und versuchen eine möglichst breite Wirkung zu erzielen, damit solche Driftvarianten nicht durchschlüpfen.

SZ: Schützt die Grippeimpfung des vergangenen Winters vor dem Pandemievirus?

Pfleiderer: Das untersuchen wir gerade. Auf keinen Fall sollte der saisonale Impfstoff als Schutz vor dem neuen Virus verstanden werden.

© SZ vom 29.04.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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