Schifffahrt:Die Invasion der blinden Passagiere

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Als blinde Passagiere reisen zahllose Meerestiere mit großen Schiffen mit - unfreiwillig und zum Schaden des ökologischen Gleichgewichts.

Auf den Ozeanen der Erde reisen nach Erkenntnissen der Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF) unzählige Meerestiere als blinde Passagiere von Schiffen mit. Im sogenannten Ballastwasser gelangen sie nach einem WWF-Bericht in fremde Gewässer und würden dort zur Gefahr für heimische Arten.

Die Chinesische Wollhandkrabbe ist als blinder Passagier nach Europa gekommen. Allein in Deutschland soll sie Schäden im Wert von 80 Millionen Euro angerichtet haben. (Foto: Foto: dpa)

Die "stille Invasion" habe zwischen 2004 und 2009 weltweit einen ökonomischen Schaden von fast 36 Milliarden Euro angerichtet. Die Eindringlinge setzten nicht nur das ökologische Gleichgewicht außer Kraft, sondern schädigten auch Fischerei, Wasserversorger und Hafenbetreiber. "Die stille Invasion im Schatten der internationalen Schifffahrt muss gestoppt werden", fordert WWF-Expertin Karoline Schacht.

Auch in Deutschland richteten fremde Tierarten Schäden an: Die Nordamerikanische Rippenqualle, die im Schwarzen Meer Sardelle und Sprotte bereits fast ausgerottet habe, siedele sich in Nord- und Ostsee an - mit unkalkulierbaren Risiken für die heimische Fischerei.

Auch die Chinesische Wollhandkrabbe fühle sich in Europa wohl - allein in Deutschland habe sie bereits Flussufer, Fischereiausrüstung und industrielle Infrastruktur im Schätzwert von 80 Millionen Euro zerstört. Riesige Schwärme von Schwebegarnelen mit Millionen von Einzeltieren seien in Rhein, Main und Bodensee gesichtet worden.

Die Tiere machen sich nicht von selbst auf die Reise, sondern geraten unfreiwillig in die Ballasttanks der Ozeanriesen. Diese Tanks werden vor Ort mit Wasser aufgefüllt, um die Schiffe zu stabilisieren, wenn sie nicht voll beladen sind. Sie werden bei Bedarf wieder entleert. Mit dem Ballastwasser lassen die Schiffe dann ihre blinden Passagiere frei.

Die meisten Tiere überleben die Reise oder die fremde Umgebung nicht, erklärt die Organisation. Einige aber fühlen in ihrer neuen Umgebung so wohl, dass sie sich dort dauernd ansiedeln und auch vermehren.

Trotz der beträchtlichen ökologischen und ökonomischen Schäden habe von den zehn weltweit führenden Schifffahrtsnationen nur Liberia eine Konvention unterzeichnet, die Richtlinien und Standards für die effektive Kontrolle und Reinigung von Ballastwasser vorschreibt, kritisiert die Umweltstiftung. Die Technik dazu sei vorhanden. "Seit fünf Jahren liegt das internationale Abkommen auf Eis. Die verantwortlichen Staaten müssen die Konvention endlich unterzeichnen und den Invasoren Einhalt gebieten", fordert WWF-Expertin Schacht.

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