Raumfahrt:Astronauten haben ständiges Weltraumfieber

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Die Weltraumfahrer Anton Schkaplerow (in der Mitte), Scott Tingle (rechts) und Norishige Kanai (links) im Sternenstädtchen außerhalb Moskaus. (Foto: AP)
  • Wie Wissenschaftler im Fachblatt Scientific Reports berichten, läuft der Körper von Weltraumfahrern in der Schwerelosigkeit regelrecht heiß.
  • Selbst im Ruhezustand liegt die Temperatur etwa ein Grad über dem irdischen Normalwert von 37 Grad.
  • Vermutlich hat das Weltraumfieber damit zu tun, dass der Körper überschüssige Hitze in der Schwerelosigkeit kaum loswird.

Von Christoph Behrens

Der Weltraum ist kein warmer Ort. Auch im Schatten der Internationalen Raumstation ISS kann die Temperatur locker unter minus 100 Grad Celsius fallen. Da wirkt es einigermaßen paradox, dass Hitze für die Raumfahrer der Station das weit größere Problem darstellt. Wie Wissenschaftler im Fachblatt Scientific Reports berichten, läuft der Körper in der Schwerelosigkeit regelrecht heiß.

Die Forscher beobachteten, dass die innere Körpertemperatur von Weltraumfahrern selbst im Ruhezustand rund ein Grad über dem irdischen Normalwert von 37 Grad liegt - eine Art ständiges Weltraumfieber. Wenn die Weltraumpiloten sich sportlich betätigen, steigt ihre Temperatur sogar häufig auf mehr als 40 Grad. Bei solchen Werten wird es allmählich gesundheitlich gefährlich.

Vielmehr wird der Körper etwa zweieinhalb Monate lang stetig wärmer

Bei elf Astronauten und Kosmonauten, die jeweils ein halbes Jahr auf der ISS verbrachten, ermittelten Forscher unter anderem von der Charité Berlin mit Stirnsensoren die sogenannte Kerntemperatur, die im Gehirn und in den inneren Organen herrscht. Dabei scheint die Temperatur nicht schlagartig zu steigen, sobald man den Weltraum erreicht. Vielmehr wird der Körper etwa zweieinhalb Monate lang stetig wärmer, bis er sich bei 38 Grad einpendelt. Das sei bedenklich, warnen die Mediziner, schließlich gilt schon auf der Erde, dass die Körpertemperatur bei schwerer Arbeit nicht dauerhaft 38 Grad übersteigen sollte.

Vermutlich hat das Weltraumfieber damit zu tun, dass der Körper überschüssige Hitze in der Schwerelosigkeit kaum loswird. Der sogenannte konvektive Wärmeaustausch mit der Umwelt funktioniert schlechter. Auch durch Schwitzen wird überschüssige Hitze kaum abtransportiert, da der Schweiß weniger verdampft als auf der Erde. Das dürfte auch erklären, warum der Körper während Trainingseinheiten im All besonders schnell überhitzt. Das ist besonders fatal für künftige Weltraumflüge, etwa zum Mars.

Denn bei mehrmonatigen oder sogar mehrjährigen Aufenthalten in der Schwerelosigkeit müssen Astronauten unbedingt trainieren, um ihre Muskeln fit zu halten. Andererseits scheint gerade das auch gefährlich für ihre Gesundheit zu sein, oder auch für die Mission: Denn eine erhöhte Temperatur im Gehirn kann die körperliche und geistige Leistung einschränken und zu schlechten Entscheidungen verleiten.

Die aktuelle Studie ist nicht die erste, die vor den gesundheitlichen Folgen der Raumfahrt warnt. Kürzlich kamen Forscher im New England Journal of Medicine zum Ergebnis, dass die minimale Schwerkraft im All das Gehirn so verändern kann, dass die Sehkraft von manchen Astronauten abnimmt.

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Anmerkung: In der ersten Version des Artikels hieß es, Schweiß würde im All schneller verdunsten. Tatsächlich funktioniert dieser Mechanismus auf der Internationalen Raumstation schlechter, daher wird auch weniger Hitze vom Körper abtransportiert. Die entsprechende Stelle wurde geändert.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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