Geologie:Gletscher als Wachstumshilfe

Geologen vermuten, dass Gletscher das Höhenwachstum von Bergen begrenzen. In den patagonischen Anden hilft das ewige Eis ihnen jedoch sogar noch beim Wachsen.

Christopher Schrader

Das Panorama von Hochgebirgen gilt als Bild von erhabener Schönheit. Täler, Berge und Gletscher vermitteln dem Auge den Eindruck friedlicher Koexistenz.

Gletscher in Chile

Gletscher in Chile Rare cloud-free shots of the south flank of glaciated Cordillera Darwin (2488 m) highest point on Tierra del Fuego, Chile (photo taken from the Beagle Channel). Note these peaks and fjords were named after exploration undertaken during Charles Darwin and Robert Fitzroy’s Voyage of the Beagle to this region in the 1830's. Stuart Thomson, University of Arizona, Tucson

(Foto: Stuart Thomson)

Doch auf Zeitskalen, die der Mensch kaum wahrnimmt, zeigt sich, dass das Eis den Bergen keineswegs freundlich gesonnen ist: Sein Gewicht drückt sie nieder, seine Bewegung und das Schmelzwasser schleifen Felsen ab, beschleunigen die Erosion des Gebirges und türmen Muränen im Tal auf.

Geologen diskutieren daher seit längerem die Kreissägen-Hypothese, wonach das ewige Eis das Höhenwachstum der Berge begrenze. Sie bedeutet auch, dass die Gipfel immer kleiner werden müssten, je näher sie an einem der Pole stehen.

Aus Patagonien kommt nun ein Gegenbeispiel: Südlich des 49. Breitengrades, also an der Südspitze Südamerikas, haben die Gletscher den Andengipfeln geradezu beim Wachsen geholfen, schreiben Geowissenschaftler aus den USA und Chile in Nature (Bd.467, S.313, 2010).

Das war schon zu vermuten, weil der Gebirgszug nach Süden hin immer höher und breiter wird, während die Linie des ewigen Eises sinkt. Bisher nahmen Geologen an, dass die Berge durch das Aufeinanderprallen der Erdplatten hier besonders stark in die Höhe gedrückt werden. Die Autoren der neuen Studie nennen eine andere Erklärung. Gletscher haben die Erosion gebremst.

Die Forscher haben Gesteinsproben aus den ganzen südlichen Anden gesammelt und das Alter der Felsstücke bestimmt. Dabei zeigte sich, dass die Proben aus dem äußersten Süden systematisch älter waren als die aus nördlicheren Regionen.

Die Vergletscherung, die vor etwa fünf bis sieben Millionen Jahren einsetzte, hatte die Erosion der Felsen behindert, statt sie wie anderswo voran zu treiben. Den Ausschlag dafür hat womöglich die große Kälte gegeben: Das Eis war sozusagen am Gestein festgefroren, die Gletscher haben sich also nicht bewegt und haben nichts abgeschliffen. Stattdessen saßen sie wie eine Schutzhaube auf den wachsenden Gipfeln.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: