Ehec-Erreger:Uni Münster: Durchbruch bei Ehec-Schnelltest

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Die Zahl der Ehec-Infizierten steigt weiter an, die genaue Quelle des gefährlichen Keims ist immer noch nicht gefunden. Doch nun haben Forscher in NRW nach eigenen Angaben ein Verfahren entwickelt, mit dem man den Erreger innerhalb weniger Stunden nachweisen kann.

Während sich der Ehec-Erreger in Deutschland weiter ausbreitet, melden Wissenschaftler der Uniklinik Münster, einen Schnelltest zum Nachweis des Ehec-Erregers entwickelt zu haben. Das teilte ein Sprecher der Universitätsklinik mit.

Mit Hilfe des molekularbiologischen Verfahrens sei es möglich, bereits kleinste Mengen von Ehec-Erregern innerhalb weniger Stunden auf die speziellen Eigenschaften des Ausbruchsstamms zu untersuchen. Konkret gehe es um vier Gene, die in ihrer Kombination für den Ehec-Erreger vom Typ HUSEC 041 einzigartig seien. Der Test könne in jedem molekularbiologischen Labor gemacht werden. Einzelheiten wollten die Wissenschaftler an diesem Dienstag bei einer Pressekonferenz bekanntgeben.

Die erste kritische Reaktion kam prompt. Der neue Ehec-Schnelltest aus Münster werde nach Meinung des ärztlichen Direktors des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) "kurzfristig nicht so sehr viel helfen". Im Augenblick seien zumindest alle Patienten im UKE mit Krämpfen im Bauchbereich und blutigen Durchfällen ausnahmslos mit dem Darmkeim Ehec infiziert, sagte Jörg Debatin am Dienstag im ZDF -Morgenmagazin. "Insofern brauchen wir diesbezüglich keinen Schnelltest." Der Test werde aber sicherlich langfristig helfen, "vielleicht bei weiteren Epidemien dieser Art".

Trotz erster Lichtblicke geben die Behörden bei der lebensgefährlichen Durchfallerkrankung keine Entwarnung. "Der Ehec-Ausbruch ist nicht überstanden", sagte der Chef des Robert-Koch-Institutes (RKI), Reinhard Burger, am Montag in Berlin. Der Infektionsherd sei noch aktiv. Auch Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zeigte sich besorgt: "Ergebnis ist, dass leider weiter mit einer steigenden Fallzahl zu rechnen ist."

Die Zahl der Toten, deren Ehec-Infektion sich zu der schweren Komplikation mit dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) entwickelte, ist auf 14 gestiegen - zwölf davon sind Frauen. Erstmals gab es jetzt auch Todesfälle außerhalb Norddeutschlands. Gleichzeitig melden auch andere europäische Staaten immer mehr Ehec-Fälle. Zudem sollen sich nach EU-Angaben auch US-Bürger mit der lebensgefährlichen Durchfallerkrankung infiziert haben.

Die Zahl der bestätigten Fälle und der Verdachtsfälle hat am Montag bundesweit auf insgesamt mehr als 1400 zugenommen. Am Vortag waren es mehr als 1200. Mittlerweile gebe es 353 bestätigte Fälle mit der schweren Ehec-Komplikation HUS. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) betonte: "Ehec hat längst eine europäische Dimension."

Nach Angaben der EU-Kommission hat es in Schweden bisher 30 nachgewiesene Ehec-Fälle gegeben, 13 davon sind HUS-Patienten. Auch in Dänemark, Großbritannien, Österreich und den Niederlanden seien Menschen an Ehec erkrankt, einige von ihnen schwer. Frankreich hat nach Medieninformationen drei Verdachtsfälle.

Erste Therapieerfolge

Laut RKI gebe es insgesamt kein nennenswertes Absinken der Fallzahlen. Es sei nicht davon auszugehen, dass die kontaminierten Lebensmittel verderblich oder schon aufgegessen seien.

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) meldete erste Erfolge bei der Behandlung von HUS-Patienten mit einem neuen Mittel: Die Therapie mit dem Antikörper Eculizumab zeige kleine Erfolge. Allerdings sei es kein "Wundermittel", hieß es.

Auch am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) kommt die Antikörper-Therapie zum Einsatz. Wie erfolgreich der Rettungsversuch sei, werde sich aber erst in drei bis vier Wochen zeigen, sagte der Nierenspezialist Rolf Stahl. Sorge bereiten den Ärzten Probleme mit dem Nervensystem bei viele HUS-Erkrankten. Es gebe "zunehmend mehr neurologische Ausfälle" wie Sprachstörungen - ähnlich wie bei einem Schlaganfall - oder Zuckungen bis hin zu epileptischen Anfällen, erklärte der Neurologe Prof. Christian Gerloff.

Für die Ehec-Behandlung sind große Mengen an Blutplasma nötig. Einige Kliniken hätten mit Engpässen zu kämpfen, sagte der Sprecher der DRK-Blutspendedienste, Friedrich-Ernst Düppe. Das Deutsche Rote Kreuz verfüge aber noch über genügend Plasma-Konserven. Aigner verteidigte die Gemüsewarnung am Montag erneut. Zum Schutz der Verbraucher sei es richtig gewesen, frühzeitig Verzehrhinweise zu geben.

Unterdessen hat die Ehec-Krise in der Landwirtschaft einen Millionenschaden angerichtet. Sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland bleiben Bauern auf der Ware sitzen. Spanien will die EU um Hilfen bitten und prüft Schadenersatzforderungen gegen Deutschland. Spanische Bauern sehen sich vorschnell als Quelle für den Erreger an den Pranger gestellt. Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) plädierte für den Kauf von regionalen Produkten. Je näher der Anbau gelegen sei, "desto nachvollziehbarer sind die Produktionsbedingungen", sagte er der Passauer Neuen Presse.

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