Menschenaffen mit Persönlichkeit:Kühnheit, Eifersucht, Geiz

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Auch Menschenaffen verfügen über unterschiedliche Persönlichkeiten, das ist inzwischen klar. Jetzt berichten US-Wissenschaftler, dass deren Eigenschaften tatsächlich an die von Menschen erinnern.

Von Christian Weber

US-Wissenschaftler gehen davon aus, dass Schimpansen über fünf allgemeine Persönlichkeitsmerkmale verfügen, die denen von Menschen ähneln (Foto: Alexandra Rosati/dpa)

Lange vorbei sind die Zeiten, in denen Forscher wie etwa Jane Goodall von Kollegen verlacht und der schlimmen Sünde des Anthropozentrismus bezichtigt wurden, wenn sie über unterschiedliche Persönlichkeiten bei Menschenaffen berichteten.

Doch ist bis heute umstritten, wie man denn das Wesen dieser Tiere am besten beschreibt.

Sollte man sich an den Kategorien der menschlichen Persönlichkeitspsychologie orientieren? Oder ist es sinnvoller, einfach mal im nächstgelegenen Zoo Schimpansen zu beobachten?

Primatologen um Hani Freeman vom Forschungsinstitut des Lincoln Park Zoos in Chicago kombinierten jetzt beide Ansätze und kamen zu dem Ergebnis, dass sich alle Schimpansen danach einordnen lassen, wie stark fünf verschiedene Persönlichkeitseigenschaften bei ihnen ausgeprägt sind - nämlich: Reaktivität/Unzuverlässigkeit, Dominanz, Offenheit für neue Erfahrungen, Extraversion und Verträglichkeit ( American Journal of Primatology, online).

Diese Kategorien erinnern stark an die sogenannten Big Five, mit denen die meisten Psychologen auch die Persönlichkeit von Menschen beschreiben; diese lauten nämlich: Neuro-tizismus, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.

Anders als sonst in der Persönlichkeitspsychologie üblich und aus verständlichen Gründen, arbeiteten die Primatologen jedoch nicht mit Fragebögen zum Selbstausfüllen. Vielmehr erstellten sie auf den Grundlagen der bisherigen Forschung einen Katalog von 41 Schlagworten, mit denen sich das typische Verhalten nichtmenschlicher Primaten beschreiben lässt.

Dazu gehörten Eigenschaften wie Kühnheit, Eifersucht, Freundlichkeit oder Geiz.

Nach diesen Kriterien beobachteten und bewerteten dann 17 Mitarbeiter insgesamt 99 Schimpansen im Alter von acht bis 48 Jahren, die sich in ihrer Obhut befanden. Wie sich bei der Analyse zeigte, ließen sich die so gesammelten Daten am besten in den fünf erwähnten Kategorien zusammenfassen.

Für die Brauchbarkeit dieser Schimpansen-Big-Five spricht nach Ansicht der Studienautoren, dass verschiedene Beobachter während der zweijährigen Studienphase meist zu ähnlichen Ergebnissen kamen, wenn sie unabhängig voneinander die gleichen Tiere begutachteten.

"Das Verständnis der Schimpansenpersönlichkeit hat eine große theoretische und praktische Bedeutung", sagt die Hauptautorin Hani Freeman. So könnten Persönlichkeitsprofile den Tierpflegern im Zoo beim Umgang mit den Schimpansen helfen, so dass sie die Pflege erhalten, die ihnen am besten tut.

Zugleich aber erleichtere ein solches Diagnosesystem die Erforschung der Evolution der Persönlichkeit.

© SZ vom 05.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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