Wasser:Kampf um jeden Tropfen

Wasser: SZ-Grafik; Quelle: Bericht der Institution of Mechanical Engineers 2013

SZ-Grafik; Quelle: Bericht der Institution of Mechanical Engineers 2013

  • Im Durchschnitt gehen 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs aufs Konto der Landwirtschaft.
  • In vielen Regionen der Welt löst der Raubbau an den Ressourcen durch die Landwirtschaft inzwischen Verteilungskämpfe aus.
  • Am Sonntag haben die Agrarminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) einen Aktionsplan gegen Wasserverschwendung beschlossen.
  • Umweltorganisationen sehen den Aktionsplan kritisch.

Von Markus Balser, Berlin

Zwischen 5000 und 20 000 Liter Wasser sind je nach Region und Tierart nötig, bevor ein Kilo Fleisch auf den Tellern landet. Für die Herstellung von einem Kilo Schokolade sind es 17 000 Liter. Die Produktion von einem Kilo Käse verschlingt immerhin noch 3000 Liter.

So rechnet es das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Verweis auf internationale Studien vor. Die Zahlen führen vor Augen, was den zuständigen Ministern in immer mehr Ländern immer größere Probleme bereitet: Die Landwirtschaft zählt zu den größten Wasserverbrauchern weltweit. Im Durchschnitt gehen 70 Prozent des Verbrauchs auf ihr Konto. In den am wenigsten entwickelten Ländern liegt die Quote sogar bei 90 Prozent.

Weltweit haben 750 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser

In vielen Regionen der Welt löst der Raubbau an den Ressourcen durch die Landwirtschaft inzwischen Verteilungskämpfe aus. Denn wie beim Wasser steht dem gewaltigen Verbrauch oft Mangel gegenüber. Weltweit haben 750 Millionen Menschen gar keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ende des Jahrhunderts könnten es nach jüngsten Prognosen sogar zwei Milliarden Menschen sein. Am Sonntag beschlossen die Agrarminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) einen Aktionsplan gegen Wasserverschwendung. Auch den Einsatz von umstrittenen Antibiotika wollen sie eindämmen. Die Landwirtschaft müsse noch produktiver und verantwortungsvoller mit Ressourcen umgehen, sagte Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) nach dem Treffen in Berlin. "Wir müssen den Verbrauch bei 70 Prozent begrenzen. Mehr geht nicht."

Die Agrarminister erklären in ihrem Plan, dass sie "Verfahren zur Wasserverteilung" durch Gesetze und Verordnungen oder durch Marktanreize "aufbauen oder verstärken" wollen. Zudem wollen die G-20-Länder die Forschung in Pflanzen forcieren, die weniger Wasser brauchen. In einer Erklärung heben die Minister zudem die Teilhabe der Bauern an der zunehmenden Digitalisierung hervor. Dies könne etwa über Wetterdaten auch zu einer effektiveren Wassernutzung beitragen.

Gehe es weiter, wie bisher, drohe eine Ernährungskrise, sagen Naturschützer

José Graziano da Silva, Generaldirektor der Welt-Agrarorganisation FAO, warnte zuvor auf einer Ernährungskonferenz auch angesichts des Klimawandels vor verschärften Konflikten um Wasserzugänge etwa in Asien und Afrika. Er bedauert, dass 70 Staaten bis heute keine Wassergesetzgebung erlassen haben. Die Besitzrechte am Wasser sind vielerorts nicht geklärt. Wo es keine Märkte gibt, weil das Wasser einfach umsonst der Natur entnommen werden kann, gibt es auch kaum Anreize, sparsam damit zu verfahren.

Wassermangel gilt global als eines der größten Probleme dieses Jahrhunderts. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden 2050 etwa vier Milliarden Menschen, also fast die Hälfte der Weltbevölkerung, unter Wassernot leiden. Vor allem Regionen mit saisonalen Regenzeiten gelten als gefährdet. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen steigt der weltweite Bedarf an Agrarprodukten bis zum Jahr 2050 um bis zu 70 Prozent. Der Wasserbedarf wächst damit in problematische Dimensionen. "Wasser wird zu einem immer knapperen Gut", warnt auch Schmidt.

Naturschützer: "Wassersparen allein löst die Probleme nicht"

Umweltorganisationen sehen den Aktionsplan der G-20-Länder kritisch. "Wassersparen allein löst die Probleme nicht", warnt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. "Machen die G 20 weiter wie bisher, droht eine zweifache Ernährungskrise: Durch Ernteausfälle aufgrund von Trockenheit werden Hunger und Nahrungsmittelknappheit weltweit zunehmen, während zugleich in vielen Erdteilen die Versorgung mit sauberem Trinkwasser für breite Bevölkerungsschichten immer schlechter wird." Dass sich mehr Nachhaltigkeit auf internationaler Ebene nur schwer durchsetzen lässt, macht auch der Kampf gegen den Antibiotika-Missbrauch klar. Erst in der Nacht zum Sonntag hatten sich die Unterhändler der Agrarminister in letzter Minute geeinigt, bis 2020 nationale Ausstiegspläne für den Einsatz als Wachstumsbeschleuniger vorzulegen. Fristen für den Ausstieg gibt es bislang jedoch nicht.

An dem ersten Ministertreffen in der deutschen G-20-Präsidentschaft in diesem Jahr nahm trotz eines eigentlich geltenden EU-Einreiseverbots auch Russlands Ressortchef Alexander Tkatschjow teil. Berlin hatte dafür von einer für internationale Treffen vorgesehenen Ausnahmeregel in den EU-Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts Gebrauch gemacht. Laut Teilnehmerkreisen kritisierte Tkatschjow die Sanktionen. Schmidt verteidigte die umstrittene Einladung: "Uns geht es darum, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen."

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