Volkswagen und die Telekom:Spielball der "Wölfe"

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Korruption zugunsten des Fußballvereins VfL Wolfsburg? Die Staatsanwaltschaft in Stuttgart plant eine Anklage wegen Geschäften zwischen Volkswagen und der Deutschen Telekom.

Klaus Ott

Die Zutaten klingen nach einem spannenden Wirtschaftskrimi: Ein Geschäft in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro, angeblich illegale Absprachen. Hier der Autokonzern VW, dort der Telefon- und Internet-Gigant Telekom, und mittendrin der Fußball-Bundesligist und Volkswagen-Klub VfL Wolfsburg. Aus Sicht der Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist das eine Mischung, die vor Gericht verhandelt werden muss. Die schwäbischen Strafverfolger wollen fünf Kaufleute wegen Bestechung und Bestechlichkeit anklagen: zwei frühere Manager und einen Ex-Berater der Telekom-Tochter T-Systems sowie zwei Einkäufer von VW. Bei den "Wölfen", wie die VfL-Fußballer genannt werden, wird nicht ermittelt.

Fünf Kaufleute sollen wegen Bestechung und Bestechlichkeit angeklagt werden: zwei frühere Manager und einen Ex-Berater der Telekom-Tochter T-Systems sowie zwei Einkäufer von VW. (Foto: dpa)

Die Beschuldigten sollen versucht haben, einen Großauftrag von VW für T-Systems mit einem Sponsorvertrag der Telekom für den VfL Wolfsburg zu verquicken. Nach dem Motto, wenn der Bundesligist weiterhin gefördert wird, dürfe sich T-Systems auf Jahre hinaus und gegen gutes Geld um die Computersysteme des Autokonzerns kümmern. Ein auslaufender Sponsorvertrag beim VfL sollte verlängert werden. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft in Stuttgart, die in dieser Causa schon seit Monaten ermittelt, ist diese Klüngelei Korruption im geschäftlichen Verkehr.

Die Stuttgarter Behörde betrachtet Paragraf 299 Strafgesetzbuch als erfüllt: Wer für sich oder einen "Dritten" Vorteile fordert oder verspricht, die mit dem eigentlichen Geschäft nichts zu tun haben, und sich so Vorteile verschafft, handelt kriminell. Der "Dritte" wäre hier der VfL Wolfsburg. Dass die fünf Beschuldigten vor Gericht kommen sollen, haben deren Verteidiger von der Staatsanwaltschaft schriftlich mitgeteilt bekommen. Die Ermittlungsbehörde fragte die Verteidiger, ob sie vor oder nach Vorlage der Anklage Stellung zu den Vorwürfen nehmen wollten. In Justizkreisen heißt es, die Anklage solle im Herbst vorliegen, sofern sich am ermittelten Sachverhalt nichts mehr ändere.

"Pilotverfahren"

Der Fall ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Wirtschaftsjuristen reden von einem "Pilotverfahren": Dass VW es gerne sähe, wenn Geschäftspartner des Autokonzerns sich beim VfL engagierten, sei mit Großkundenrabatten bei Ein- und Verkäufen vergleichbar - ein solcher Handel sei üblich, und bislang sei niemand auf die Idee gekommen, das mit Korruption gleichzusetzen. "Anders als bei Amtsträgern ist in der freien Wirtschaft die reine Klimapflege nicht strafbar", sagt der Kölner Anwalt Björn Gercke, der einen der Beschuldigten vertritt.

Gercke fügt hinzu, es sei zumindest in Wirtschaftsfällen "äußerst ungewöhnlich, dass sich die Staatsanwaltschaft offenbar schon auf eine Anklage festgelegt hat, bevor sie den Beschuldigten und deren Anwälten die Möglichkeit zur Stellungnahme gibt". Das behagt auch dem Frankfurter Anwalt Eckart Hild nicht, der einen weiteren Beschuldigten vertritt. Hild erwartet eine "äußerst sorgfältige Prüfung" seiner Stellungnahme, die er einreichen will. Und er geht davon aus, dass sein Mandant dann nicht angeklagt werde. Gercke und Hild weisen alle Vorwürfe gegen ihre Mandanten zurück.

Zu einem Fall für die Justiz war die geplante Verquickung von Geschäft und Fußball durch die Telekom geworden. Der Konzern, der zwischen Kunden-Akquisition und Sponsoring trennt, hatte die Prinzipien "guter Unternehmensführung" gefährdet gesehen und vorsorglich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Bei VW in Wolfsburg wird diese Sicht der Dinge offenbar nicht geteilt, und von den fünf Beschuldigten schon gleich gar nicht. Kommt es tatsächlich zur Anklage, dann läuft es auf ein höchstrichterliches Urteil hinaus. Dann wüsste die Wirtschaft, was erlaubt ist und was nicht.

Dem VfL hat der ganze Handel übrigens nichts gebracht. Der Mitte 2010 auslaufende Sponsorvertrag der Telekom wurde am Ende doch nicht verlängert.

© SZ vom 08.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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