Volkswagen:Kronzeugen belasten VW-Spitze schwer

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Winterkorn ist im September 2015 wegen der Abgas-Affäre zurückgetreten. Er bestritt damals jegliches Fehlverhalten. (Foto: Getty Images)
  • Auch nachdem die Konzernspitze von der Abgasaffäre informiert worden war, soll sie keine Initiative ergriffen haben, um die US-Behörden über die Manipulationen aufzuklären.
  • Mindestens fünf VW-Beschäftigte haben sich den US-Behörden als Kronzeugen zur Verfügung gestellt. Zwei von ihnen belasten nun den früheren Chef Winterkorn und den amtierenden Vorstand Diess.
  • Träfen die Aussagen der beiden Manager zu, bekäme die Abgas-Affäre eine neue Dimension.

Von Claus Hulverscheidt, Georg Mascolo und Klaus Ott, München

In der VW-Abgasaffäre werden Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn und das heutige Vorstandsmitglied Herbert Diess nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR schwer belastet. Zwei Beschäftigte aus dem mittleren Management haben als Kronzeugen bei der US-Justiz ausgesagt, Winterkorn und Diess seien schon Ende Juli 2015 über die Manipulation von Schadstoffmessungen bei Diesel-Fahrzeugen in den USA informiert worden.

Die Konzernspitze habe aber nichts unternommen, um die Behörden aufzuklären, sondern den Skandal weiter vertuscht. So steht es auch in der Strafanzeige eines US-Ermittlers gegen den am Wochenende in Miami festgenommen VW-Manager, dem eine Beteiligung an der Verschleierungsaktion vorgeworfen wird.

Mindestens fünf VW-Beschäftigte haben sich den US-Behörden als Kronzeugen zur Verfügung gestellt. Träfen die Aussagen der beiden Manager zu, die Winterkorn und Diess belasten, dann bekäme die Abgasaffäre eine neue Dimension.

Zudem hätten die Aktionäre von Volkswagen, die den Wolfsburger Autokonzern auf mehr als acht Milliarden Euro Schadenersatz für den Kursverlust ihrer Papiere verklagen, mehr Aussicht auf Erfolg. Bisher hat VW stets behauptet, der damalige Konzernvorstand um Winterkorn habe erst Ende August, Anfang September 2015 von den gefälschten Abgasmessungen erfahren. Unmittelbar im Anschluss, am 3. September 2015, seien die Manipulationen den US-Behörden dann offengelegt worden.

Volkswagen beharrt auf der bisherigen Darstellung

Insbesondere die Aussage des Kronzeugen Nummer 1 bei der US-Justiz steht dem entgegen. Dieser VW-Manager war damals Abteilungsleiter im Bereich Dieselmotoren. Er hat nach Angaben von Kennern des Falles den US-Ermittlern berichtet, er habe die dortigen Behörden bei einem Termin am 19. August 2015 in den Vereinigten Staaten auf eigene Faust und entgegen den Anweisungen seiner Vorgesetzten über den Betrug informiert. Er habe die Behörden nicht länger anlügen wollen.

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Winterkorn soll die Anschuldigungen der beiden Kronzeugen intern zurückgewiesen haben. In VW-Kreisen hieß es am Dienstag, auch die Vorwürfe gegen den erst Anfang Juli 2015 zu Volkswagen gewechselten Diess seien falsch. Offiziell blieb der Konzern bei der Darstellung, wonach die Manipulationen in den USA umgehend bei den Behörden zugegeben worden seien, nachdem der Vorstand davon erfahren habe. "Daran hat sich nach jetziger Kenntnis bis heute auch nichts Wesentliches geändert", betonte VW auf Anfrage.

Während die Ermittlungen gegen einzelne Manager weitergehen werden, stehen die strafrechtlichen Untersuchungen gegen das Unternehmen in den USA vor dem Abschluss. VW teilte am Abend mit, man sei sich mit den Behörden grundsätzlich über eine Geldbuße in Höhe von 4,3 Milliarden Dollar einig. Einschließlich der zivilrechtlichen Zahlungen an Autobesitzer und Behörden kostet der Skandal VW damit allein in den USA bis zu 22 Milliarden Dollar - deutlich mehr als der Konzern bisher zur Seite gelegt hat. Er muss zudem für drei Jahre eine "unabhängige Aufsichtsperson" bestellen.

© SZ vom 11.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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