Urteil zu riskanten Zinswetten:Italiens Justiz knöpft sich Deutsche Bank vor

Vorwürfe gegen Mitarbeiter und Manager der Deutschen Bank

Deutsche Bank: Urteil in Italien

(Foto: dapd)

Sie versprachen italienischen Gemeinden niedrige Zinsen, doch die Städte verloren Millionen: Ein Gericht hat jetzt die Deutsche Bank und weitere Investmentbanken verurteilt, sie sollen sich des schweren Betrugs schuldig gemacht haben.

Es klang wie ein tolles Geschäft: Investmentbanken priesen italienischen Städten riskante Zinswetten an, die den klammen Kommunen niedrigere Zinsen bringen sollten. Doch es kam anders. Die Gemeiden zahlten ordentlich drauf und verloren Millionen. Nun hat deswegen ein Gericht in Mailand die Deutsche Bank, die Schweizer UBS, die US-Bank JP Morgan und die deutsch-irische Depfa Bank wegen der Geschäfte verurteilt. Die Banken haben sich demnach des schweren Betrugs schuldig gemacht.

Das Urteil ist nur der Auftakt zu einer ganzen Serie von Prozessen: Rund 600 italienische Kommunen haben Derivate im Volumen von 36 Milliarden Euro gekauft, nun drohen ihnen nach Daten der heimischen Notenbank daraus Verluste von fast vier Milliarden Euro.

Das Gericht verurteilte die Banken zu je einer Million Euro Strafe und ordnete die Einziehung von insgesamt 87 Millionen Euro an. Neun Bankmitarbeiter wurden zu Bewährungsstrafen von bis zu acht Monaten verurteilt.

Staatsanwalt Alfredo Robledo hatte bis zu zwölf Monate Haft gefordert. Er hatte den Banken vorgeworfen, 100 Millionen Euro durch die Geschäfte abgesahnt zu haben. "Das ist ein historisches Urteil, weil es den Grundsatz anerkennt, dass die Geschäfte von Banken mit der öffentlichen Hand transparent sein müssen", sagte Robledo nach dem Richterspruch.

Konkret ging es um sogenannte Swapgeschäfte. Mit ihnen wollte die Millionenstadt Mailand ihre Zinslast für eine 1,7 Milliarden Euro schwere 30-jährige Anleihe verringern, die sie 2005 aufgelegt hatte.

Die Deutsche Bank, UBS und JP Morgan kündigten Berufung gegen das Urteil an. "Die Deutsche Bank ist weiter der Auffassung, dass die Bank und ihre Mitarbeiter sich stets korrekt verhalten haben", sagte ein Sprecher. JP Morgan erklärte, die Verhandlung habe gezeigt, dass sich alle Beteiligten anständig und ehrlich verhalten hätten und dass die Transaktionen nach britischem und italienischem Recht in Ordnung gewesen seien.

Auf zivilrechtlichem Wege hatten sich die vier Banken bereits mit der Stadt Mailand geeinigt. Die Stadtverwaltung hatte versprochen, im Strafverfahren nicht gegen die Institute auszusagen. Ein früherer Stadtkämmerer von Mailand war aber vor Gericht aufgetreten und hatte erklärt, er sei "sicherlich kein Experte für Derivate" und habe nur Grundkenntnisse in der englischen Sprache, in der die Verträge abgefasst waren.

Die Banken hatten argumentiert, dass die Verwaltung über die Risiken voll aufgeklärt worden sei und die Finanzmetropole durchaus Erfahrung in solchen komplexen Geschäften habe.

So hatte die Deutsche Bank auch in Deutschland argumentiert, wo sie ebenfalls Zinsswaps mit Städten und Gemeinden abgeschlossen hatte, die Zinsen sparen wollten. Auch diese entpuppten sich in der Finanzkrise als verlustreich für die Käufer. Wie die Deutsche Bank in Deutschland dabei vorgegangen ist, beschreibt der SZ-Report "Butterfahrt ins Schlosshotel".

Der Bundesgerichtshof hatte die Deutsche Bank ebenfalls verurteilt, weil die komplexe Transaktion nach seiner Auffassung "bewusst zulasten des Anlegers" konstruiert worden sei. Seither haben sich die Deutsche Bank und andere Institute mit zahlreichen Kommunen und Unternehmen auf Vergleiche geeinigt.

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