Unternehmenskommunikation:Werbung tut gut

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Claus Hipp hat den Dreh raus: Seit Jahren bürgt er mit seinem Namen für die Qualität der Produkte. Viele Mittelständler hingegen betreiben Kommunikationsverweigerung.

Angelika Slavik

Als Maria-Elisabeth Schaeffler mit ihrem Unternehmen den Automobilzulieferer Continental übernehmen wollte, blieb ihr irgendwann nichts anderes übrig: Sie musste reden. Über ihre Motive, ihre Strategie und darüber, warum die Übernahme auch für die Conti-Mitarbeiter eine gute Sache wäre. Bei Schaeffler mag man das normalerweise gar nicht, Verschwiegenheit gilt dort als hehres Prinzip - wie bei vielen Familienunternehmen.

"Dafür steh' ich mit meinem Namen" - der Unternehmer Claus Hipp ist ein Erfolgsbeispiel für gelungene Werbung eines Familienunternehmens. (Foto: Foto: ddp)

Nachteile durch Unprofessionalität

Vor allem mittelständische Betriebe zeigen sich als leidenschaftliche Kommunikationsverweigerer. "Die meisten würden am liebsten überhaupt nichts von sich preisgeben", sagt Brun-Hagen Hennerkes, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. Kommunikation beschränke sich in vielen Firmen auf schlecht gemachte Anzeigen in Lokalzeitungen - eine durchdachte Kommunikationsstrategie gebe es nicht. "In der Mehrzahl der Familienunternehmen läuft das völlig unprofessionell", sagt Hennerkes. Das allerdings sei bedauerlich, denn den Betrieben entstünden dadurch eine ganze Reihe an Nachteilen - wessen sie sich oft überhaupt nicht bewusst seien.

Der Mangel an Professionalität in der Kommunikation zeigt sich auch an den unternehmensinternen Strukturen. Laut einer aktuellen Studie der Initiative Unternehmenskultur wird in nur 19 Prozent der mittelständischen Familienunternehmen die Öffentlichkeitsarbeit von einem ausgebildeten PR-Experten verantwortet. Alle anderen lassen diese Agenden von ihrem Marketing- oder sogar vom Vertriebsleiter erledigen. Der Grund dafür liegt oftmals in mangelndem Fachwissen: Öffentlichkeitsarbeit, Werbung, Marketing, "viele glauben, das ist alles das Gleiche", sagt Hennerkes. "Es fehlt ihnen der Überblick, deshalb ist das Wenige, das sie tun, dann auch noch völlig ineffizient."

Besonders die Öffentlichkeitsarbeit wird oft vernachlässigt. "Viele Firmenchefs weigern sich, überhaupt anzuerkennen, dass es sich auszahlt, in die eigene Reputation zu investieren", sagt die Unternehmensberaterin Claudia Hilker, die sich auf Kommunikationsstrategien für Mittelständler spezialisiert hat. Dabei gelte generell: Je kleiner die Firma, desto geringer die Bereitschaft, eine langfristige Strategie zu erarbeiten. Denn viele schielten, oftmals auch wegen des engen finanziellen Spielraums, nur auf den unmittelbaren Nutzen. "Die fragen als erstes, wie viel Umsatzsteigerung im nächsten Quartal drin ist", sagt Hilker. Öffentlichkeitsarbeit entfalte ihre Wirkung aber nicht unmittelbar, sondern nachhaltig. Auch wenn die "klassischen alten Familienpatriarchen" das oft nicht einsehen wollten.

Nachteil im Rennen um Nachwuchskräfte

Dabei bringt ein gutes Image unterm Strich auch finanzielle Vorteile. Denn Unternehmen, die sich nicht um ihr Bild in der Öffentlichkeit kümmern, erscheinen oft auch als Arbeitgeber nicht sonderlich attraktiv. Gut ausgebildete Nachwuchskräfte sind für diese Firmen schwer zu bekommen - obwohl sie Stellen mit viel Gestaltungsspielraum und guten Aufstiegsmöglichkeiten zu besetzen hätten. Wer im Wetteifern um die besten Köpfe allerdings immer den kürzeren zieht, wird langfristig Schwierigkeiten haben, mit den Wettbewerbern Schritt zu halten: Die Innovationen kommen dann von der Konkurrenz.

Auch in Krisenfällen kann sich ein guter Ruf bezahlt machen - etwa bei einem Umweltskandal. "Die Bevölkerung ist viel eher bereit zu verzeihen, wenn das Unternehmen gut in der Region verwurzelt ist", sagt Beraterin Hilker. Ähnliches gelte für Einsparungsmaßnahmen und Arbeitsplatzabbau: Ein Unternehmen, dem man Sinn für soziale Verantwortung zugestehe, könne auf pfleglichere Behandlung hoffen, von Mitarbeitern und Medien gleichermaßen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die nachwachsende Generation Veränderungen bringt und Werbung sich sehr lohnt.

Ein gutes Image fördert aber auch die Kundenbindung - egal, ob es sich dabei um Geschäftskunden oder Verbraucher handelt. "Wer sicher ist, dass er ordentliche Qualität aus einem deutschen Unternehmen bekommt, rennt nicht gleich zur Konkurrenz, wenn die mal ein bisschen billiger ist", sagt Hilker.

Besserung in Sicht

Allen guten Argumenten zum Trotz veröffentlichen bis zu 20 Prozent der familiengeführten Betriebe nicht einmal grundlegende Informationen über ihr Unternehmen, schätzen Experten. Doch die Front des Schweigens weicht langsam auf: Da viele Mittelständler in lukrativen Nischen tätig sind, haben sie bisher auf die Kommunikation ihrer Erfolge verzichtet, um Wettbewerber nicht auf diese Nische aufmerksam zu machen.

Solch eine Strategie wird durch strengere Publizitätsvorschriften bald der Vergangenheit angehören, meint Experte Hennerkes. Dazu kommt, dass sich mit jedem Generationswechsel auch die Einstellung zur Außenkommunikation verändert. "Die meisten der Jungen haben studiert und schon deshalb eine ganz andere Einstellung", sagt Hennerkes.

Damit die neue Lust auf öffentliche Wahrnehmung aber auch den gewünschten Effekt bringt, brauche es eine ganzheitliche Kommunikationsstrategie, sagt Ursula Visnyei, strategische Planerin bei der Werbeagentur JWT in Frankfurt. Bevor die erarbeitet werden könne, müssten Stärken, Schwächen und Ziele des Unternehmens genau definiert sein - was oft nicht der Fall sei: "Familiengeführte Unternehmen wissen manchmal gar nicht, was für ein dickes Pfund sie besitzen", sagt Visnyei.

Oft fällt es den verschwiegenheitsverliebten Patriarchen allerdings schwer, externe Berater in Bücher und Strategiepläne schauen zu lassen. Offenheit, so Visnyei, sei aber unerlässlich - nur so könnte die Kommunikationsstrategie optimal auf das Unternehmen zugeschneidert werden.

Sei aber erst eine gemeinsame Basis gefunden, sei die Arbeit für Familienunternehmer oft sogar besonders effizient. Denn anders als in großen Konzernen ist die Entscheidungsstruktur bei inhabergeführten Mittelständlern schnell überschaubar. "Es kann so viel schneller und flexibler auf kommunikative Herausforderungen reagiert werden", sagt Visnyei.

Der Erfolg hängt dabei nicht immer am großen Budget. Vor allem das Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten, mit vergleichsweise geringem finanziellem Aufwand große Aufmerksamkeit zu erzielen. Auch für Sonderwerbeformen und ungewöhnliche Marketingideen können sich immer mehr Unternehmen begeistern.

Es lohnt sich

Besonders zugänglich zeigen sich die Familienunternehmen aber vor allem für klassische Produktwerbung. Laut Studie glauben 80 Prozent der Betriebe, ihren Umsatz so signifikant steigern zu können - auch wenn nicht alle so weit gehen wie der Babykosthersteller Claus Hipp, der seit Jahrzehnten in seinen eigenen Fernsehspots auftritt. Der Satz "Dafür steh' ich mit meinem Namen", hat ihn zum Inbegriff des verantwortungsvollen Familienunternehmers werden lassen. Leicht sei ihm der Schritt vor die Kamera nicht gefallen, erzählte Hipp einmal, schließlich habe auch er seine Privatsphäre sehr geschätzt.

Geschäftsentwicklung und Imagewerte dürften das Opfer allerdings wert gewesen sein. "Ein Idealfall", sagt auch Werberin Ursula Visnyei. Denn Hipp verkörpere Qualität, Ehrlichkeit und Authentizität - genau jene Vorzüge, die Familienunternehmen in den Vordergrund spielen sollten, um sich von anonymen Aktiengesellschaften abzugrenzen. Denn der Status als Familienunternehmen sei, so Visnyei, "viel zu wertvoll, um ihn einfach zu verstecken."

© SZ vom 11.9.2008/kim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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