Unternehmensführung bei Lufthansa:Mayrhuber will Abflug in den Aufsichtsrat machen

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Wolfgang Mayrhuber: Macht er den Abflug in den Aufsichtsrat bei Lufthansa? (Foto: REUTERS)

Wolfgang Mayrhuber hat sieben Jahre die Lufthansa geführt, nun will er ihr oberster Kontrolleur werden. Doch um seine Wahl tobt ein Machtkampf - einflussreiche Aktionäre wollen weiter gegen ihn stimmen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es war die kuriose Wendung am Ende eines verrückten und sehr langen Tages: Am Morgen hatte Wolfgang Mayrhuber mitgeteilt, er werde angesichts der Kritik von Aktionären nicht für den Lufthansa-Aufsichtsrat kandidieren. Doch zehn Stunden und viele Telefonate später zeichnete sich ab, wer statt ihm den Vorsitz des Kontrollgremiums übernehmen sollte: Wolfgang Mayrhuber.

Noch am Morgen sah es ganz düster aus für die Ambitionen des ehemaligen Vorstandschefs, sein Unternehmen zu beaufsichtigen. Nachdem sich die Berater der Institutional Shareholder Services (ISS) gegen Mayrhuber gestellt hatten, waren viele Investoren von ihm abgerückt. Nach internen Hochrechnungen hatte der Kandidat nur die Unterstützung von 50 bis 60 Prozent der Aktionäre. Viel zu wenig für eine glaubwürdige und machtvolle Amtszeit. Und all dies gerade einmal 24 Stunden vor der für Dienstag anberaumten Hauptversammlung.

Es wäre das dramatische und unrühmliche Ende einer jahrzehntelangen Lufthansa-Karriere für den Oberösterreicher gewesen, der 1970 bei der Lufthansa als Ingenieur in der Triebwerksinstandhaltung in Hamburg begonnen hatte; der danach vier Jahrzehnte für den Konzern gearbeitet hatte; und der schließlich sieben Jahre lang, von 2003 bis 2010, als Vorstandsvorsitzender agierte.

ISS bemängelte andere Aufsichtsratsmandate von Mayrhuber

Doch dann setzten sich der amtierende Aufsichtsratschef Jürgen Weber und seine Leute ans Telefon und klapperten die wichtigsten Investoren ab. Ergebnis: Mayrhuber genießt trotz der massiven ISS-Kritik offenbar die Unterstützung von weit mehr als 60 Prozent der Aktionäre. Daraufhin erklärte dieser sich am Abend doch bereit, wieder zu kandidieren. Wie groß die Unterstützung tatsächlich ist, wird sich allerdings erst auf der Hauptversammlung der Lufthansa herausstellen, die am Dienstag in Köln stattfindet.

Hinter der Kritik an dem 66-jährigen Luftfahrt-Manager Mayrhuber stehen vor allem die amerikanischen Finanzmarktberater von ISS, die institutionelle Investoren beraten. Die ISS hatte bemängelt, dass Mayrhuber zu viele andere Aufsichtsratsmandate innehabe und die "Cooling Off"-Periode nach seinem Ausscheiden als Vorstandschef nicht lange genug sei. Ein ungewöhnlicher Vorgang - denn in Deutschland war es in vielen Konzernen lange üblich, dass Vorstandsvorsitzende direkt in den Aufsichtsratsvorsitz wechseln. Auch Mayrhuber wollte ursprünglich bereits vor zwei Jahren, also ohne große Pause, in das Kontrollgremium wechseln.

Allerdings übten deutsche Anleger wie die Fondsgesellschaft Union Investment, die zur Gruppe der Volks- und Raiffeisenbanken gehört, auch inhaltliche Kritik an Mayrhuber - und ebenso an Karl-Ludwig Kley, der als ehemaliger Finanzvorstand der Lufthansa ebenfalls in den Aufsichtsrat einziehen will. "Wir sehen Kley und Mayrhuber als eine Einheit", sagte Fondsmanager Ingo Speich. "Das Unternehmen hat sich in den vergangenen beiden Jahren komplett verändert. Jemand, der wie Mayrhuber oder Kley die alte Linie vertritt, wäre fehl am Platze." Wenn der amtierende Vorstandschef Christoph Franz Altlasten aus der Zeit seiner Vorgänger finde, könne er diese "nicht unbefangen abtragen", wenn er von diesen beaufsichtigt werde. Speich kündigte am Montag an, bei der Hauptversammlung gegen Mayrhuber und Kley zu stimmen.

Mayrhuber hat in seiner Zeit als Lufthansa-Chef Fluggesellschaften wie Swiss, Austrian und Brussels Airlines zugekauft. Während sich die Swiss sehr gut gemacht hat und seit Jahren rentabler ist als Lufthansa selbst, sind Austrian und Brussels Airlines weiterhin Sanierungsfälle. Vor allem im Falle Austrian hat es schon zu Mayrhubers Zeiten erheblichen Widerstand gegeben. Mayrhuber wollte nach Informationen aus Unternehmenskreisen auch die chronisch defizitäre Alitalia übernehmen, wurde aber in letzter Sekunde gebremst. Damals sprach sich der amtierende Aufsichtsratschef Jürgen Weber selbst gegen den Schritt aus, eine weitere europäische Fluggesellschaft mit problematischen wirtschaftlichen Aussichten zu übernehmen. Mayrhuber überstand die Krise im Amt.

Konflikt kocht vor der Hauptversammlung wieder hoch

Obwohl Franz inhaltlich eine deutlich andere Linie verfolgt als sein Vorgänger Mayrhuber, stehen sich die beiden sehr nahe. Franz hat Mayrhuber immer wieder gegen die Kritik verteidigt und argumentiert, seine Entscheidungen müssen man aus ihrer Zeit heraus beurteilen.

Trotz mancher inhaltlicher Differenzen hatte sich auch Aufsichtsratschef Weber für Mayrhuber als seinen Nachfolger stark gemacht, obwohl es schon länger Kritik aus Mitarbeiter- und Aktionärskreisen gegeben hatte. Bei der letzten Hauptversammlung machte er deutlich, dass Mayrhuber weiter sein Kandidat sei. Daraufhin wurde es in der Sache ruhiger, ehe der Konflikt mit den mächtigen Aktionärsgruppen wenige Tage vor der nächsten Hauptversammlung wieder hochkochte.

Ungeachtet der Querelen rund um den Vorsitz beschloss der Aufsichtsrat am Montag, den Vorstand zu erweitern. Dort sind künftig Bettina Volkens für Personal und Harry Hohmeister für Swiss, Austrian und Brussels Airlines zuständig. Stefan Lauer scheidet nach 13 Jahren aus.

© SZ vom 07.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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