Steuerhinterziehung:Wie Steuerflüchtlinge sich durchwursteln

Grand Cayman, Cayman Islands

Die kaiman-Inseln sind neben der Schweiz das wichtigste Offshore-Zentrum.

(Foto: Getty Images)
  • Trotz der Bemühungen der G20-Staaten, Steuerflüchtlinge abzuschrecken, ist die Zahl der Wertpapieranlagen an Offshore-Finanzplätzen gestiegen.
  • Viele Steuerflüchtlinge haben jedoch in den letzten Jahren ihre Anlageform geändert. Wertpapiere sind beliebter geworden, Depoteinlagen weniger attraktiv.

Von Katharina Kutsche

Reiche nutzen weiterhin Offshore-Finanzplätze, um ihr Vermögen vor dem Zugriff des Finanzamtes zu schützen. Trotz Bemühungen der G20-Staaten, Steuerflüchtlinge durch mehr Transparenz und Informationsaustausch abzuschrecken, stieg die Zahl der Wertpapieranlagen in Steueroasen zwischen 2010 und 2014 um 27 bis 46 Prozent*. Dies ergab eine Studie im Auftrag der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament.

Mit der Untersuchung hatten die EU-Grünen die deutschen Ökonomen Sarah Godar von der Berlin School of Economics, und Hannes Fauser, Freie Universität Berlin, beauftragt. Ihre Aufgabe: die Auswirkungen der 2009 von den G20-Staaten beschlossenen Maßnahmen auf die Entwicklung des in Steueroasen versteckten Vermögens zu prüfen. Dafür arbeiteten die beiden Wissenschaftler mit Daten, die sie vom Internationalen Währungsfonds IWF, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIS, der Europäischen Kommission und dem französischen Ökonomen Gabriel Zucman übernahmen.

Steuersünder bevorzugen Wertpapiere, Depoteinlagen gehen zurück

Ihre Analyse ergab unter anderem, dass sich die Offshore-Zentren in ihrer Bedeutung stark unterscheiden, je nach finanziellem Gewicht: Die wichtigsten Finanzplätze sind die Schweiz und die Kaiman-Inseln mit Einlagen in Höhe von jeweils mehr als 420 Milliarden Dollar.

Wertpapiere offenbar die bevorzugte Anlageform, wie das Beispiel Kaiman-Inseln zeigt. Depoteinlagen dagegen gingen um 13 Prozent zurück.

Der Ökonom Zucman schätzt, dass 2014 rund 7,6 Billionen Dollar von Privatpersonen in Steuerparadiesen angelegt wurden. Davon entfallen allein 6,1 Billionen Dollar auf Anlagen in Wertpapieren.

Die tatsächlich verschobenen Summen lassen sich nur schwer hochrechnen, da die Datenqualität gerade bei den Meldungen aus den Steueroasen schlecht ist - sie übermitteln entweder zu wenig Zahlen oder kaum brauchbare. Und so scheinen die großen Offshore-Finanzplätze von der weltweiten Transparenzoffensive weitgehend unbeeindruckt. Sven Giegold, Abgeordneter im EU-Parlament und Auftraggeber der Studie, sagt: "Den Steueroasen geht es erschreckend gut. Die internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Steuerflucht zeigen keine durchschlagende Wirkung."

Steuerparadiese haben sich bislang leicht entziehen können

Im Frühjahr 2009 hatte der G20-Gipfel beschlossen, den Kampf gegen Steuerflucht zu verstärken, Bestandteil des Maßnahmenpakets ist der Automatische Informationsaustausch (AIA). Hierfür entwickelten die G20-Staaten gemeinsam mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europäischen Union einen gemeinsamen Meldestandard. Hatten kurz nach dem Gipfel von 2009 erst 38 Staaten die Umsetzung der internationalen Standards zugesagt, unterzeichneten bis Februar 2016 schon 80 Länder. Trotzdem konnten sich die Steuerparadiese dem Drängen auf Mitwirkung offenbar leicht entziehen - Gelder wurden neu umverteilt, aber nicht in ihr Herkunftsland zurückgeführt, um dort besteuert werden zu können, stellten Godar und Fauser fest.

Die EU wird zum 1. Januar 2017 mit dem Automatischen Informationsaustausch beginnen. Die Studie der EU-Grünen könnte daher eine Möglichkeit bieten, erkannte Schlupflöcher zu schließen. Nach Einschätzung von Giegold sollte dies auch von der deutschen G20-Präsidentschaft vorangetrieben werden: "Herr Schäuble muss hier beweisen, dass er auch durchsetzungsfähig ist, wenn es um die Vermögenden geht, die von Steuergerechtigkeit wenig halten", sagt er.

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version wurden diese Zahlen nur den Kaiman-Inseln zugeordnet. Das ist nicht korrekt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: