Staatshilfe für die Autoindustrie:Opel ist keine Bank

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Die Kanzlerin setzt auf Zeit: Soforthilfen für Opel wird es nicht geben. Und das ist richtig. Denn der Staat sollte mit Rettungspaketen für Wirtschaftsunternehmen vorsichtig sein.

Guido Bohsem

Eine bessere PR-Aktion hätte sich der Europa-Chef von General Motors, Carl-Peter Forster, eigentlich nicht ausdenken können. Just an dem Tag als er mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über ein Rettungspaket für sein Unternehmen beriet, wurde der neue Mittelklasse-Opel zum Auto des Jahres gekrönt. Demonstrativ fuhr er mit dem Insignia vors Kanzleramt - als wolle er sagen: Seht her, wir bauen prima Wagen, die Ursache der Krise liegt in Amerika beim schwächelnden Mutterkonzern.

Opel ist durch die Krise beim Mutterkonzern General Motors ins Taumeln geraten. (Foto: Foto: ddp)

Überaus positiv für Opel wirkte auch, dass Forster nach dem Treffen mit der Kanzlerin sagte, die Bürgschaft nur im schlimmsten und äußerst unwahrscheinlichen Fall zu brauchen, nämlich dann, wenn GM in die Insolvenz gehe. Auch Merkel tat ihr Bestes, um die Situation der Rüsselsheimer nicht ganz so dramatisch erscheinen zu lassen wie sie durch das hektisch einberufene Gipfeltreffen wirkte. Soforthilfen für Opel schloss sie aus und wenn es später welche geben sollte, so nur unter strengen Auflagen.

Auf den ersten Blick erscheint das alles reichlich merkwürdig. Als es darum ging, den Rettungsschirm für die Banken aufzuspannen, gab es nur wenig Bedenken der Politik und auch kein wochenlanges Zögern. Die Führung der Koalition drückte das Rettungspaket von 500 Milliarden Euro in atemberaubender Geschwindigkeit durch Bundestag und Bundesrat. Man könnte also auf die Idee kommen, dass die Koalition einen Unterschied macht zwischen Banken und Realwirtschaft, dass sie zur Stelle ist, wenn die Hochfinanz um Geld bittet und sich ziert, wenn ein Autobauer eine vergleichsweise niedrige Bürgschaft von einer Milliarde Euro braucht.

Unterschiedliche Regeln

Doch so einfach ist die Sache nicht. Tatsächlich liegt der Fall Opel ganz anders als beim Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate oder der Commerzbank-Hilfe. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe, einen ökonomischen und einen politischen. Der ökonomische Grund klingt ziemlich banal, obwohl er es nicht ist: Opel ist keine Bank. Ob es einem passt oder nicht: Für Banken gelten andere Regeln als für andere Wirtschaftsunternehmen.

Sicher, eine Pleite des traditionsreichen Autobauers wäre eine wirtschaftliche Katastrophe für die Bundesrepublik, weil bis zu 75.000 Jobs bedroht wären. Ein Zusammenbruch Opels, und das ist der Unterschied, hätte aber keine Folgen, die das Wirtschaftssystem als Ganzes bedrohen. Wahrscheinlich würden sogar andere Hersteller davon profitieren, weil der Bedarf an Autos trotz der einbrechenden Absatzzahlen weiterhin vorhanden ist, VW zum Beispiel.

Im Finanzsektor hingegen würde der Zusammenbruch eines wichtigen Instituts eine Kettenreaktion auslösen, die auch die Konkurrenten mit in den Abgrund reißen könnte. Diese Lektion hat US-Finanzminister Henry Paulson lernen müssen als er Lehman Brothers pleitegehen ließ. Und nicht nur die Banken selbst wären bedroht. Weil sie ihrer Aufgabe nicht mehr nachkommen könnten, die Wirtschaft mit Geld zu versorgen, wäre auch diese in höchster Gefahr und mit ihr Hunderttausende Arbeitsplätze.

Überforderter Staat

Der politische Grund wiegt ebenso schwer. Es ist selbst in einer Rezession nicht die Aufgabe des Staates, jedes angeschlagene Unternehmen oder jede schwankende Branche mit kostspieligen Rettungsaktionen zu stützen. Das käme gerade für eine Exportnation wie Deutschland einem Rückfall in Zeiten des Protektionismus gleich. Beides würde den nationalen und internationalen Wettbewerb hemmen und letztlich den Wohlstand aller schmälern. Selbst wenn der Staat es wollte, er könnte es gar nicht. Es würde seine finanziellen Möglichkeiten überfordern.

Will sie keinen Ansturm auf die Staatskassen hervorrufen, sollte die Koalition deshalb vorsichtig sein mit Hilfsangeboten an Unternehmen, auch wenn sie aus der Automobilbranche kommen.

© SZ vom 19.11.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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