Schuldenkrise in Europa:Schäuble deutet neues Hilfspaket für Portugal an

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Europas Politiker besprechen in Brüssels Sitzungssälen intern viel mehr, als sie je öffentlich sagen würden. Etwa: Portugal braucht ein neues Hilfspaket. Dazu sei Deutschland bereit, hat Schäuble privat seinem portugiesischen Kollegen gesteckt - doch eine Kamera zeichnete den kurzen Dialog auf.

Nicht nur Griechenland steckt in der Krise, auch Portugal gehört zu den Euro-Ländern, die mit ihren Schulden kämpfen. Immer mehr Beobachter fragen sich, ob das Land nicht ein weiteres Hilfspaket oder sogar einen Schuldenschnitt braucht. Die Zinsen, die das Land zahlen muss, sind auf Rekordniveau gestiegen.

Unterredungen in Brüssel: Wolfgang Schäuble (links) im Gespräch mit Jean-Claude Juncker (rechts), Luxemburgs Premier, und dem Österreicher Thomas Wieser (Mitte). Tonaufnahmen des Gesprächs sind nicht bekannt. (Foto: Bloomberg)

Noch vor wenigen Tagen hatte der konservative Ministerpräsident Pedro Passos Coelho kategorisch erklärt, dass Portugal die Troika aus Internationalem Währungsfonds, EU und Europäischer Zentralbank "weder um mehr Zeit noch um mehr Geld" bitten werde. Das Land hatte im Sommer 2010 ein Hilfspaket von 78 Milliarden Euro erhalten; das Geld fließt bis 2013. "Der bisher festgelegte Zeitplan wird eingehalten. Die ganze Regierung ist bemüht, dass das Programm beispielhaft ausgeführt wird", sagte Coelho.

Dass Portugal mit dem bisherigen Programm ausreichend versorgt ist, war bislang auch die Position der Geldgeber. Doch beim Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstagabend in Brüssel hat der deutsche Minister Wolfgang Schäuble erstmals anders geäußert. "Wenn wir das Programm verändern müssen, sind wir bereit", sagte er seinem portugiesischen Kollegen.

Es war jedoch keine öffentliche Äußerung, sondern eine kleine Unterredung im Sitzungssaal. Währenddessen waren Fotografen und Fernsehteams im Raum, um Aufnahmen zu machen - typische Bilder für die Abendnachrichten, in denen eigentlich kein Ton deutlich zu hören ist. Portugiesische Journalisten hatten den Dialog aufgezeichnet und ihn wegen seiner Brisanz veröffentlicht.

Schäubles portugiesischer Kollege Vitor Gaspar bedankte sich für dessen Aussage. Der deutsche Finanzminister verwies noch darauf, dass er für ein neues Paket für Portugal noch politischen Rückhalt in Deutschland sammeln und erst eine Lösung für Griechenland gefunden werden müsste. Der portugiesische Minister erwiderte, dass sein Land schon Fortschritte gemacht habe. "Ja, haben Sie", antwortete Schäuble und wendete sein Gesicht vom Gesprächspartner ab. Dann endet der kurze Ausschnitt.

Das Finanzministerium kommentierte die Aussagen Schäubles nicht. Stattdessen wies es darauf hin, dass Portugal seine Sparauflagen bisher sogar übererfüllt habe. Ob Anpassungen notwendig werden, müsse zu gegebener Zeit geprüft werden. Das Ministerium kritisierte den portugiesischen Fernsehsender scharf. Es verstoße gegen journalistische Standards, bei Auftaktbildern von Treffen in Brüssel private Gespräche heimlich mitzuscheiden.

"Schäuble kommt in der Realität an", twitterte der grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold. Portugal sei überschuldet und brauche Entlastung.

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