Rente:Rentenerhöhung zum 1. Juli - für viele toll, für manche schmerzhaft

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Ein Pensionär sitzt im Schatten eines Baumes: Die Rente mit 67 wird wohl zunächst kaum Entlastung bringen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
  • Im Juli steigen in Deutschland die Renten für Millionen Ruheständler.
  • Etwa 160 000 von ihnen müssen deshalb offenbar künftig erstmals Steuern auf ihre Altersbezüge zahlen.

Von Guido Bohsem, Berlin

Der Juli wird für die deutschen Ruheständler ein schöner Monat. Ihnen winkt eine Erhöhung der Renten, wie es sie seit Jahren nicht gegeben hat. Im Westen steigen die Bezüge um 4,25 Prozent, im Osten sogar um 5,95 Prozent. Fachleute sprechen vom größten Rentenplus seit der Jahrhundertwende. Ein westdeutscher Rentner, der 45 Jahre lang zum Durchschnittslohn gearbeitet hat, wird im Monat brutto etwa 60 Euro mehr erhalten. Doch nicht nur die etwa 20,5 Millionen Rentner dürfen sich über den kräftigen Anstieg freuen: Zu den Profiteuren gehören auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine Kollegen in den Ländern. Denn der Anstieg der Renten wird ihnen fast eine dreiviertel Milliarde Euro pro Jahr an Steuereinnahmen bringen.

Konkret beziffert Finanzstaatssekretär Michael Meister die Mehreinnahmen in einem Schreiben an den Linken-Finanzexperten Axel Troost auf 720 Millionen Euro im Jahr 2017. Im folgenden Jahr werde die Summe auf 730 Millionen Euro steigen, heißt es in dem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Brief.

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Wirklich überraschen aber dürfte es viele Rentner, dass sie die Rentenerhöhung überhaupt erst zu Steuerzahlern macht. Nach Meisters Worten müssen insgesamt 160 000 Ruheständler im kommenden Jahr erstmals dem Fiskus einen Teil ihrer Bezüge abgeben. Sie geraten durch die Rentenerhöhung erstmals über die Schwelle, bis zu der ihre Rente unversteuert bleiben darf.

Dass Renten überhaupt besteuert werden, gilt erst seit dem Jahr 2005. Die rot-grüne Koalition setzte damals ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts um, das die ungleiche Besteuerung von Pensionen und Renten kritisiert hatte. Genauer gesagt stießen sich die Richter daran, dass die Arbeitgeberanteile zur Rente nicht besteuert wurden.

Mit dem Gesetz müssen alle neuen Rentner grundsätzlich Steuern zahlen. So sind für den Rentenjahrgang 2005 seither 50 Prozent der Rente steuerpflichtig. Bei den folgenden Jahrgängen steigt der Anteil in jedem Jahr um zwei Prozent. Für die Rentner des Jahres 2016 sind es 72 Prozent. Von 2040 an sollen es 100 Prozent sein. Auch für Ruheständler gilt der Grundfreibetrag (2016: 8652 Euro). Außerdem können sie Werbungskosten und Sonderausgaben geltend machen.

Laut Finanzstaatssekretär Meister zahlen 2015 schon 4,5 Millionen Rentner Steuern, Tendenz steigend. Für den Linken-Politiker Troost ist diese Zahl zu hoch. Der Grundfreibetrag müsse daher angehoben werden. Dadurch würden vor allem die Ruheständler mit den niedrigeren Renten entlastet. Das würde die Finanzkassen aber teuer zu stehen kommen. Nach einer Faustformel muss der Staat auf 600 Millionen Euro verzichten, wenn der Grundfreibetrag um 100 Euro steigt.

Der Berliner Steuerprofessor Frank Hechtner weist auf eine ganz andere Konsequenz der Besteuerung von Ruheständlern hin: In den personell ohnehin nicht üppig ausgestatteten Finanzämtern entsteht dadurch erhebliche Mehrarbeit. Er plädiert dafür, die Steuererklärungen noch stärker automatisch zu prüfen. Nur so könnten die Ämter der Flut der Erklärungen Herr werden, die immer mehr steuerzahlende Rentner einreichen.

© SZ vom 18.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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