Porsche: Ärger in den USA:Teure Fußabdrücke

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Die USA planen strengere Spritregeln. Diese treffen kleinere Sport-Modelle von Porsche härter als die US-Hersteller. Wird Zuffenhausen vom wichtigsten Automarkt verdrängt?

Thomas Fromm

Bisher war der Radstand eines Fahrzeugs eher etwas für die Spezialisten unter den Autofahrern. Die Kennzahl beschreibt den Abstand zwischen den Achsen der Vorder- und Hinterräder. Je kürzer der Radstand, desto wendiger ist der Wagen. Je länger, desto besser fährt das Auto auf langen geraden Strecken. Ein kürzerer Radstand ist also etwas für die Sportler unter den Fahrern - wer es gemütlicher mag, kann einen längeren nehmen.

Eine neue US-Richtline könnte Porsche noch teuer zu stehen kommen. Im schlimmsten Fall droht dem Autokonzern gar der Rauswurf vom US-Markt. (Foto: Foto: ddp)

Wenn Sportwagenbauer wie Porsche in diesen Tagen verzweifelt ihre Radstände ausmessen, geht es allerdings um handfeste Politik. Der "Footprint", also "Fußabdruck", ist der Kern neuer Verbrauchsnormen in den USA, die im Mai veröffentlicht und im Jahre 2011/2012 in Kraft treten sollen.

Für Autos mit einem großen "Footprint", also Radaufstandsfläche, gelten dann höhere Grenzwerte als für die mit einem kleineren Fußabdruck. Am meisten trifft es potente Sportwagen: Klein, wendig, kraftvoll. Zum Beispiel Porsche. Der 911er hat einen Radstand von bis zu 2350 mm - und ist damit nicht viel länger als ein Fiat Cinquecento.

Schon wittern Kritiker hinter der ganzen Aktion einen Trick der Amerikaner: Ausgerechnet die langen US-Schlitten und heimischen Pick-up-Trucks hätten einen günstigeren "Fußabdruck", Porsche dagegen - mit kleinen, aber leistungsstarken Flitzern - sei durch die Regelung benachteiligt. Möglich also, dass die Formeln zur Berechnung der Grenzwerte nicht zufällig gerade so formuliert sind, dass die großen US-Hersteller die Vorgaben weitestgehend erfüllen?

"Es hat Sinn, Gewicht und CO2-Ausstoß zu korrelieren", heißt es in der Branche. "Aber den Radstand? Das scheint eher ein Ausschlusskriterium zu sein, mit dem man den anderen das Leben schwermachen will." Schon kursiert in der Branche ein lakonischer Vergleich: "Wieviel CO2 darf nach dieser Regelung dann erst ein Riesen-Lkw ausstoßen?", fragt ein Automanager.

Andere können der Philosophie Washingtons durchaus etwas abgewinnen: "Man könnte den Vorstoß auch dahingehend interpretieren, dass die Hersteller kleinerer Autos zu umweltfreundlicheren Technologien und kleineren Motoren gezwungen werden", sagt der Manager eines deutschen Autoherstellers.

Die Gespräche mit Politikern laufen auf Hochtouren

Bei Porsche gab man sich am Montag wortkarg. "Wir sind da politisch und technisch unterwegs", heißt es in Zuffenhausen. Mit anderen Worten: Es schlägt nun nicht nur die Stunde der Ingenieure, sondern auch die der Lobbyisten. Die Gespräche mit Politikern und Behörden laufen auf Hochtouren, berichten Konzernkreise.

Immerhin: 20.000 von insgesamt 75.000 Fahrzeugen weltweit setzte der Sportwagenbauer zuletzt in den USA ab. Daher spricht man im Südwesten nun von "großen Anstrengungen", die man jetzt unternehmen müsse. Nach Angaben von Porsche muss der Konzern bis 2016 die Reichweite seiner Sportwagen auf durchschnittlich 41,4 Meilen je Gallone steigern. Das entspricht einem Verbrauch von 5,7 Litern auf 100 Kilometer. Momentan liegt die Reichweite noch bei 27 Meilen pro Gallone. Eine "große Herausforderung" sei das Gesetz daher.

Porsche werde künftig verstärkt auf die Hybridtechnik setzen, so etwa beim neuen Cayenne, der im Mai auf den Markt komme. Dazu kämen technische Neuerungen wie die Start-Stopp-Technik oder Doppelkupplungsgetriebe, mit denen der Verbrauch um bis zu 17 Prozent gedrosselt werden könne. Porsche ist zum Handeln gezwungen: Es geht um den größten und wichtigsten Markt für den Autobauer - gerade deshalb ist die Frage mit dem Radstand so wichtig. "Fest steht: Wir werden auch weiterhin unsere Autos in den USA verkaufen", so ein Sprecher.

Porsche droht Verdrängung vom US-Markt

Analysten des französischen Finanzhauses Cheuvreux gaben am Montag zu bedenken, dass europäische Sportwagenbauer wie Porsche notfalls vom US-Markt gedrängt werden könnten - vorausgesetzt, sie passten sich nicht den neuen Gegebenheiten an. Angesichts der Beliebtheit, die diese Autos in Übersee hätten, sei dies jedoch eher unwahrscheinlich.

Stattdessen dürfte es nun erstmal darum gehen, politische Kompromissregelungen zu finden. Immerhin hat sich der Hersteller für die Jahre 2012 bis 2015 bereits eine Ausnahmegenehmigung besorgt - danach aber wird es ernst. In der Branche ist von hohen Strafen die Rede, von 30.000 Dollar pro verkauftem Auto und mehr.

Auch deshalb hat der Fall Porsche die heimische Autoindustrie nun in Aufruhr versetzt. Beim Verband der Automobilindustrie (VDA) heißt es, man prüfe die neuen Regelungen genau. Auch die Autobauer selbst studieren neben ihren eigenen Radständen vor allem die neuen US-Vorgaben.

Bei Audi in Ingolstadt hofft man, dass die geplanten Auflagen in den kommenden Wochen noch einmal verändert werden. "Die Regelungen sind noch nicht endgültig, daher ist zurzeit alles Spekulation", sagte ein Konzernsprecher. Bei Daimler gibt man sich optimistisch: "Wir sind sicher, dass wir die Vorgaben in den nächsten Jahren erfüllen können", heißt es dort.

© SZ vom 23.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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