Podiumsdiskussion:"Ihre Fehler haben Leben gekostet, unsere nicht"

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Schuldzuweisungen unter Mächtigen: Zwei der wichtigsten Banker weltweit diskutieren mit Konzernchefs über das Verhältnis zwischen Banken und ihren Unternehmenskunden. Während JP-Morgan-Chef Jamie Dimon die Kritik an Bankern abschmettert, gesteht Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain alte Sünden.

Von Andrea Rexer, Königstein

Die beiden haben viel gemeinsam. Ihre Geldhäuser gehören zu den größten der Welt, keines hat Staatshilfe in Anspruch nehmen müssen. Und in beiden Fällen haben Skandale die Reputation des Hauses empfindlich leiden lassen. Im tief verschneiten Königstein nahe Frankfurt sitzen an diesem Montagabend zum ersten Mal Anshu Jain, Chef der Deutschen Bank, und Jamie Dimon, Chef der US-Bank JP Morgan, zusammen auf einem Podium. Das Thema des Abends ist das Verhältnis zwischen Bankern und ihren Unternehmenskunden. Zwei davon sitzen mit auf der Bühne - und zwar solche, die sich in der Vergangenheit besonders kritisch zu Bankern geäußert haben: Klaus Engel, Chef des Chemiekonzerns Evonik und Nikolaus von Bomhard, Chef der weltgrößten Versicherung Munich Re.

Es gehe nicht nur um die Kunden, sondern um das Verhältnis zur gesamten Gesellschaft, sagt von Bomhard. Und Engel unterfüttert das mit Daten: 74 Prozent der Bevölkerung glauben, dass das, was Banker tun, gefährlich ist. Das wollen weder Jain noch Dimon so im Raum stehen lassen. Doch bei aller Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Top-Bankern könnte der Umgang mit der Kritik kaum unterschiedlicher sein.

Dimon ist einer der mächtigsten Banker

Auf der einen Seite präsentiert sich der selbstbewusste Dimon, der seine Standpunkte in launige Anekdoten verpackt und Kritik auch mal mit harschen Worten beiseite schiebt: "Ihre Fehler haben Leben gekostet, unsere nicht", blafft er Evonik-Chef Engel an, als der zu bedenken gibt, dass die toxischen Produkte in seiner Branche hoch reguliert seien. Und überhaupt seien nicht alle Banker als böse zu verteufeln, so Dimon. Der Banker gilt nach wie vor als einer der mächtigsten der Finanzbranche - auch wenn ein milliardenschwerer Zockerskandal seinem strahlenden Image kräftige Kratzer verpasst hat. Dimon räumt ein, dass das ein "peinlicher" Fehler war, aus dem man aber alle notwendigen Konsequenzen gezogen habe. "Es verschwinden nicht alle guten Dinge, nur weil man einen Fehler gemacht hat", bilanziert er seine eigene Managementleistung.

Ganz anders klingt der Co-Chef der Deutschen Bank: Er wägt jede Antwort vorsichtig ab und analysiert statt zu poltern. Vor allem die Jahre 2006 bis 2008 seien Jahre des "kollektiven Versagens" gewesen. 80 Prozent jener Fälle, die jetzt die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, stammten aus dieser kurzen Phase. Und Jain bekennt sich: "Die Deutsche Bank war Teil davon."

In der Frage, wie es weiter gehen soll, sind sich die beiden Banker aber dann doch schnell einig: Universalbanken sollen weiter bestehen. "Ein Trennbankensystem würde ein Problem lösen, das es nicht gibt und dabei hohe Kosten verursachen", argumentiert Jain. Dimon pflichtet ihm bei. Nikolaus von Bomhard hält dagegen: Man solle die Beweislast umkehren, fordert er. Wenn eine Bank ein Geschäftsmodell haben wolle, müsse sie es dem Regulator erklären können. "Wenn eine Bank zu kompliziert ist, sollte das die Aufsicht nicht akzeptieren", so von Bomhard. Damit könnte Jain leben, versichert er. "Unser wichtigster Kontakt ist inzwischen der zum Regulator."

© SZ vom 23.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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