Paul Achleitner:Interner Bericht entlastet den Oberaufseher der Deutschen Bank

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Paul Achleitner zwischen dem Chef der Deutschen Bank, John Cryan (links), und Jürgen Fitschen, der den Vorstand mittlerweile verlassen hat (Foto: Martin Leissl/Bloomberg)

Die heikle Untersuchung rund um Paul Achleitners Rolle in der Libor-Strafe ist abgeschlossen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Paul Achleitner hat eine Sorge weniger. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Finanzkreisen erfuhr, ergab eine interne Untersuchung der Deutschen Bank keine Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung ihres Aufsichtsratschefs im Umgang mit der sogenannten Libor-Strafe.

Bei dieser seit Januar 2016 laufenden Untersuchung ging es um eine heikle Frage: War Achleitner mitverantwortlich dafür, dass die Bank rund 100 Millionen Pfund mehr an die britische Finanzaufsicht zahlen musste als ursprünglich avisiert, weil sie bei der Aufklärung der Zinsmanipulation nicht gut kooperiert hatte?

Der Fall war verworren, die Untersuchung für Achleitner bedrohlich. Hätten ihm die beauftragten Rechtsanwälte Pflichtverletzung nachgewiesen, hätte er sich im Mai 2017 wahrscheinlich nicht wie geplant zur Wiederwahl für eine zweite Amtszeit stellen können. Außerdem hätte ihm Schadenersatz in Millionenhöhe gedroht. Die Prüfung war aber auch deswegen heikel, weil sie - gemäß den Vorgaben des Aktienrechts - in der Verantwortung des von ihm eingesetzten Vorstandes lag.

Dass dieser ihm in den Rücken fallen würde, war einerseits zwar nicht zu erwarten. Andererseits musste Vorstandschef John Cryan den Sachverhalt trotzdem sorgfältig prüfen lassen. Schließlich muss er nun damit rechnen, dass zum Beispiel Aktionäre das Ergebnis selbst noch einmal begutachten wollen. Bereits auf der Hauptversammlung 2016 hatte eine Aktionärin eine Prüfung dieser Vorgänge beantragt.

Der Aufsichtsrat hat Achleitner bereits für eine zweite Amtszeit nominiert

Die besagte Untersuchung - intern "Principle-11-Verfahren" genannt - hatte im Sommer 2015 ausgerechnet Achleitners Aufsichtsratskollege und früherer Freund, der Rechtsanwalt Georg Thoma, angestoßen. Beide waren darüber in einen heftigen Streit geraten, woraufhin Thoma im April 2016 offenbar keinen anderen Ausweg sah, als sein Mandat aufzugeben. Andere Aufsichtsräte hatten ihm öffentlich "Übereifer" und "juristische Selbstverwirklichung" bei der Aufklärung vorgeworfen.

Der Prüfung lag auch ein im Internet veröffentlichter Bericht der britischen Finanzaufsicht (FCA) zugrunde. Darin bezichtigt diese die Bank detailliert, in welchen Punkten sie nicht ausreichend kooperiert habe. In der Folge habe die Aufsicht die Strafe im Libor-Fall um 100 Millionen auf 226 Millionen Pfund erhöht. Die Vorwürfe der FCA und das Strafmaß sind seit 2015 bekannt. In ihrem öffentlichen Bericht führte die Behörde damals jene Manager auf, die gegen die sogenannte "Regel 11" verstoßen haben sollen. Diese mahnt einen "offenen und kooperativen Umgang mit dem Regulator" an. Der Bericht der Aufsicht enthielt keine Klarnamen. Später aber wurde bekannt, dass einer der verantwortlichen Manager (im Text "Senior Manager F") Achleitner selbst war.

Konkret warf die FCA der Bank seinerzeit vor, ihr bestimmte Dokumente nicht ausgehändigt zu haben. Im Frühjahr hatte die Deutsche Bank daraufhin betont, im Bericht der FCA gebe es "keinen persönlichen Vorwurf gegenüber Herrn Achleitner, Mitarbeiter der Bank falsch informiert zu haben, sodass diese die Herausgabe von Dokumenten an die englische Behörde verweigert hätten."

Wer nun tatsächlich für die mangelhafte Kooperation und damit die höhere Strafe verantwortlich war, ist bislang noch unklar. Weiterhin untersucht der aktuelle Aufsichtsrat spiegelbildlich, ob ehemalige sowie ein amtierender Manager in diesem Punkt ihre Pflicht verletzt haben könnten. Auch sie werden in dem FCA-Dokument erwähnt, allerdings ebenfalls nicht mit Klarnamen. Dem Vernehmen nach ist diese Untersuchung noch nicht abgeschlossen. Die Bank wollte sich weder zu der laufenden Untersuchung gegenüber den Vorständen noch zur Causa Achleitner äußern.

In jedem Fall muss der Österreicher nun wohl nicht mehr um seine Wiederwahl bangen. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Sonntag meldete, hat der Aufsichtsrat Achleitner für eine zweite Amtszeit nominiert. Bereits auf einer Sitzung Ende Oktober hätten sich die Mitglieder einstimmig für den 60-jährigen entschieden. Der Nominierung sei eine Bewertung der Arbeit des Gremiums vorangegangen. Diese Evaluierung sei mithilfe einer externen Unternehmensberatung erfolgt. Außerdem sei die Entscheidung mit den größten Investoren der Bank abgesprochen worden, so dass einer Wiederwahl Achleitners auf der Hauptversammlung im Mai 2017 nichts mehr im Wege stehen dürfte.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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