Panama Papers:Nummer 98 beugt sich

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Panama will einen besonders beliebten Trick von Briefkastenfirmen verbieten und mit den Finanzbehörden aus fast 100 Ländern kooperieren. Aber ist das wirklich die Wende?

Von Ulrich Schäfer, München

Der Druck auf Panama war größer als jemals zuvor. Alle bedrängten das Land: Macht Schluss mit eurem Treiben als Steueroase. "Panama ist der letzte große Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden", schimpfte der Chef der Industrieländer-Organisation OECD, Angel Gurría, nur wenige Stunden, nachdem die Panama Papers veröffentlicht wurden.

Und nun lenkt der Präsident von Panama zumindest teilweise ein: Fern der Heimat, beim Staatsbesuch in Tokio, versprach Juan Carlos Varela am Dienstag, dass Panama einen beliebten Trick verbieten werde, um die wahren Eigentümer von Briefkastenfirmen zu verschleiern. Zudem werde sich sein Land von 2018 an am internationalen Austausch von Finanz- und Steuerdaten beteiligen.

Panama ist damit notgedrungen zu Zugeständnissen bereit, die bisher undenkbar waren. Deutschland und vier EU-Länder hatten Panama in der vorigen Woche mit Sanktionen gedroht, falls das Land beim Kampf gegen die Steuerflucht nicht kooperiere. Sie forderten, die Eigentümer von Briefkastenfirmen offenzulegen. Am Wochenende hatten auch die Finanzminister der G-20-Staaten, der führenden Industrie- und Schwellenländer, Reformen von Varelas Regierung gefordert.

Die OECD hatte bereits in den letzten Tagen ihre Erwartung geäußert, dass Panama sich bewegen werde. Es gebe Signale der Regierung, sagte OECD-Chef Gurría Ende vergangener Woche am Rande der Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Washington. Panamas Präsident Varela bestätigte dies nun in Tokio: "Um einen Missbrauch unseres Steuersystems zu verhindern, wollen wir mit anderen Staaten kooperieren und die Transparenz erhöhen."

Gute Nacht, Panama: Die Steueroase steht weltweit am Pranger. Ein neuer Bericht hinterfragt nun auch die Rolle der USA und der EU. (Foto: Joe Raedle/Getty)

Varela kündigte in Japan insbesondere an, dass Panama einen wichtigen Trick verbieten will, den die Offshore-Industrie seines Landes genutzt hat. Demnach sollen sogenannte anonyme Inhaberaktien in Panama künftig nicht mehr erlaubt sein. Sie waren bislang ein sehr beliebtes Mittel, den wahren Eigentümer einer Briefkastenfirma zu verschleiern. Denn bei diesen Aktien gilt das simple Prinzip: Wer sie in Händen hält, im wahrsten Sinne des Wortes, also in Papierform, dem gehört die Firma; der Name des Eigentümers taucht ansonsten nirgendwo auf, in keinem Firmenregister, keinem Aktienregister wird er notiert.

In den Dateien der Kanzlei Mossack Fonseca, die der S üddeutschen Zeitung zugespielt wurden, tauchen Zehntausende von Unternehmen auf, bei denen solche Inhaberaktien verwendet wurden. So zum Beispiel bei einer Briefkastenfirma, die den Dokumenten zufolge dem argentinischen Fußballprofi Lionel Messi gehören soll; oder bei mehreren Offshore-Firmen, die den Panama Papers zufolge offenbar dem deutschen Privatagenten Werner Mauss zuzurechnen sind.

Panama hatte für die Inhaberaktien im Januar bereits neue Regeln eingeführt, ohne allerdings diese Papiere komplett zu verbieten. Das werde man nun ändern, versprach Varela: "In Zukunft wird man wissen, wer der Eigentümer eines Unternehmens ist", sagte er am Dienstag in Tokio. In vielen anderen Steueroasen sind solche anonymen Inhaberaktien schon länger verboten.

Varela erklärte in Tokio zudem, dass Panama sich am weltweiten Austausch von Steuer- und Finanzdaten beteiligen wird. In einem Interview mit der japanischen Zeitung Nikkei kündigte Präsident Varela an, Experten der OECD würden diese Woche nach Panama reisen, um die technischen Details zu klären. 97 Länder hatten sich bislang darauf verpflichtet, darunter auch Steueroasen wie die Britischen Jungferninseln, die Caymans, Guernsey und Jersey, Liechtenstein, Luxemburg und die Schweiz. Panama wäre nun Nummer 98.

Präsident Juan Carlos Varela verspricht mehr Transparenz. (Foto: Bloomberg)

Demnach müssten Finanzinstitute und Vermögensverwalter aus Panama künftig einmal jährlich die Konten aller ausländischen Kunden an die Finanzbehörden der jeweiligen Heimatländer melden - samt Adresse, Steuernummer, Kapitalerträgen und Kontoständen. Gut die Hälfte der Länder, die dem Abkommen zugestimmt haben, will diese von 2017 an tun; die anderen wollen 2018 folgen - so auch Panama.

Deutsche Steuerbehörden hätten dadurch theoretisch vollen Zugriff auf die Kontodaten deutscher Steuerzahler in den Ländern. Dies würde gemäß den OECD-Regeln auch für die Konten von Stiftungen oder Trusts gelten, also letztlich von Briefkastenfirmen. Das Problem ist allerdings: Bei vielen Briefkastenfirmen taucht der offizielle Eigentümer nirgends auf - oder es handelt sich dabei um eine Briefkastenfirma in einer anderen Steueroase, die wiederum einer weiteren Briefkastenfirma gehört. Die Daten würden also dann im Zweifel von Panama auf die Britischen Jungferninseln oder die Seychellen übermittelt. Und von dort dann auf die Cook Islands oder nach Niue, eine Insel im Südpazifik, wo die Kanzlei Mossack Fonseca einst Tausende von Briefkastenfirmen gegründet hat. Am Ende erfährt der deutsche Fiskus also doch nicht alles.

Steuerexperten plädieren daher dafür, ein internationales Firmenregister zu schaffen, in dem alle wahren Eigentümer öffentlich genannt werden - eine Forderung, die sich zuletzt auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien zu eigen gemacht haben. Ein solches Register wäre, so der britische Schatzkanzler George Osborne, "ein Schlag mit dem Hammer gegen alle, die ihre Steuern in dunklen Ecken verstecken".

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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