Opel und die Bundesregierung:Guttenberg fehlt mal wieder

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Missachtung des Parlaments? Die Opposition mokiert sich über das Fehlen von Wirtschaftsminister Guttenberg in der Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses zu Opel.

Thorsten Denkler, Berlin

Er wäre ja gekommen, gerne sogar, halt nur nicht so lang und doch auch recht früh. Um acht Uhr an diesem Dienstagmorgen hätte Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ein halbes Stündchen erübrigen können, um den Parlamentariern im Wirtschaftsausschuss des Bundestages drängende Fragen zu Opel, Magna und GM zu beantworten.

Das war vor allem der Opposition zu wenig, die die Sondersitzung des Ausschusses beantragt hatte. Es geht um 4,5 Milliarden Euro, die der Bund für die Rettung Opels bereitstellt. Und es geht um Tausende Arbeitsplätze. Nach jüngsten Medienberichten sollen europaweit 11.000 Stellen wegfallen. Betroffen werden vor allem die Standorte Bochum und Rüsselheim sein.

Statt Fragen zu beantworten, besucht MInister Guttenberg lieber eine Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer in Heilbronn. Guttenberg "kneift", moniert der Grünen-Politiker Alexander Bonde kurz vor Beginn der Sitzung. Das sei "nah an der Missachtung des Parlamentes".

Wennemer und Pfeil sagen ab

Die Linke ist an diesem Morgen überhaupt nicht vertreten. Die Obfrau der Linken, Ulla Lötzer, ließ eine Erklärung verbreiten, in der sie die Sondersitzung wegen Guttenbergs Fehlen als "Farce" bezeichnet - und deshalb "aus Protest" nicht an der Sitzung teilnehme.

Doch es fehlt nicht nur Guttenberg. Auch die beiden Vertreter von Bund und Ländern in der Opel-Treuhandgesellschaft, die der Bund zur Begelitung der gewährten Staatshilfen eingerichtet hat, sagten eine Teilnahme ab. Dabei gehören diese beiden zu den schärfsten Kritikern des Verkaufs der Anteilsmehrheit von Opel an den österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna, der vom russischen Staat unterstützt wird..

Der Vertreter des Bundes, Ex-Conti-Chef Manfred Wennemer, hatte in der entscheidenden Sitzung der Treuhand am 10. September entgegen der Weisung der Bundesregierung gegen den Deal gestimmt. Der Ländervertreter, FDP-Mann Dirk Pfeil, enthielt sich. Gut möglich, dass politischer Druck jetzt dazu geführt hat, dass beide sich als unabkömmlich entschuldigten.

Die Bundesregierung will in jedem Fall den Verkauf von Opel an Magna als Erfolg gewertet wissen. CDU-Mann Peter Hintze, der als parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium anstelle Guttenbergs vor dem Ausschuss aussagt, betonte vor der Sitzung, es sei völlig normal, wenn es in der Öffentlichkeit unterschiedliche Bewertungen gebe. Ein besseres Ergebnis sei möglich, aber "wir müssen mit den Angeboten umgehen, die man hat", sagte er.

Zum drohenden Arbeitsplatzabbau wollte er nichts sagen, das sei Sache von Betriebsrat und Opel. Die simple Strategien ("Magna wird schon wissen, was zu tun ist") wendet er auch auf die Frage an, wie mit den Bedenken von Unternehmen wie VW umzugehen sei, die Magna jetzt als Konkurrenten und nicht mehr als Zulieferer ansähen. VW befürchtet, Magna könne zum einen Opel bevorzugen und zum anderen Konkurrenz-Technik ausspähen.

Magna beliefert neben VW auch Mercedes, BMW und Saab zum Teil auch mit fertigen Fahrzeugen. Die VW-Einwände sollen jetzt durch Gespräche ausgeräumt werden, erklärte Magna-Ko-Chef Don Walker in Tokio: "Die meisten Kunden, mit denen ich gesprochen habe, wollen wissen, wie wir das so trennen, dass die Technologie geschützt ist."

Opel soll als selbständiges Unternehmen auftreten

Mit seinen Antworten seien die meisten Kunden aber zufrieden. Opel werde nach dem Einstieg Magnas ein selbständiges Unternehmen werden. Magna werde zwar drei Vertreter in den Opel-Aufsichtsrat schicken. Diese müssten dann allerdings bei Magna ausscheiden.

Genug Fragen gäbe es also für eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses. Nicht zuletzt die nach der finanziellen Beteiligung von Ländern mit Opel-Standorten an der Rettung. Nicht auszuschließen, dass jene 4,5 Milliarden Euro, die Deutschland bereitstellt, nicht reichen, wenn es keine Einigung gibt.

Aber Wirtschaftsminister Guttenberg hat in jüngster Zeit schon ganz andere sitzengelassen. Am Montagmorgen fehlt er, als die CSU-Spitze ihr 100-Tage-Sofortprogramm für die Zeit nach der Bundestagswahl vorstellt. Ein dringender Arzttermin sei dazwischengekommen, hieß es. Dabei machte der Wirtschaftsminister am Vorabend in der ARD-Talksendung "Anne Will" noch einen recht fitten Eindruck. Späte, nach der Show, soll er noch genüsslich am Wein genippt haben, meldet die Financial Times Deutschland. Und am Montagnachmittag sei er schon wieder Bier trinkend in einem Festzelt gesichtet worden.

Guttenberg scheint es gelassen zu nehmen. In Heilbronn soll er über einen Satz des Schriftstellers Max Frisch sprechen: "Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen."

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