Musikvideo: Keynes rappt:"Freddy? In der Fed geht die Party ab"

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Zwei kluge Herren, glückliche Damen und viel Musik: Ein Video über den berühmten Ökonomen Keynes und seinen Rivalen Hayek wird zum Hit.

Nikolaus Piper

Der Renner auf Youtube ist derzeit nicht Sex, sondern Ökonomie. Das Rap-Video "Fear the Boom and Bust" ("Fürchte den Auf- und Abschwung") wurde seit 26. Januar bereits über 650.000-mal gesehen. In der Rangordnung der populärsten Politikvideos steht es an neunter Stelle und existiert in Fassungen mit spanischen, französischen, japanischen, chinesischen und finnischen Untertiteln. In einigen US-Colleges wird das Video bereits als Unterrichtsmaterial genutzt.

Wirtschaft im Musikvideo: "Die niedrigen Zinsen sind schuld," behauptet Hayek. "Nein, es sind die tierischen Instinkte," antwortet Keynes. (Foto: Screenshot: Youtube)

Hayek gewinnt ...

Der Inhalt: Der britische Ökonom John Maynard Keynes und sein Freund und Gegner, der Marktradikale Friedrich August von Hayek, gehen auf Tour im Finanzdistrikt von Manhattan und rappen sich dabei durch das Einmaleins der Krisentheorie. "Es gibt das Auf und Ab von Booms und Rezessionen / und es gibt Gründe, es zu fürchten," singen sie unisono. "Die niedrigen Zinsen sind schuld," behauptet Hayek. "Nein, es sind die tierischen Instinkte," antwortet Keynes. Das Ganze endet mit einem wilden Besäufnis im Keller der Federal Reserve Bank von New York.

Im Detail ist das Video durchaus anspruchsvoll. "Keynes" und "Hayek" werfen mit "Kapitalstruktur", "Liquiditätsfalle", "Kreditexpansion" und anderen Ausdrücken um sich, von denen die meisten Youtube-Nutzer noch nie etwas gehört haben dürften.

Der Erfolg des Filmes hat sicher vor allem damit zu tun, dass es einfach ein guter Rap ist. Das Video passt aber auch genau zur gegenwärtigen Stimmung in den Vereinigten Staaten. Anders als in Deutschland hat die Finanzkrise in den USA keine Welle antikapitalistischer Gefühle ausgelöst, sondern, im Gegenteil, das Misstrauen gegenüber dem Staat genährt.

Hinter "Boom and Bust" stehen denn auch zwei Männer, die sich als "Libertarians" bezeichnen, also als staatsfeindliche Konservative: John Papola, ein 32 Jahre alter Videokünstler aus New Jersey, der zusammen mit seiner Frau Lisa Versaci in New York eine kleine Produktionsfirma betreibt, und Russell Roberts, ein Wirtschaftsprofessor von der George-Mason-Universität in Virginia. Beide lassen keinen Zweifel daran aufkommen, wem ihre Sympathie gehört: Hayek. Am Ende des Besäufnisses muss Keynes sich übergeben, während Hayek ihm die Vorteile des Maßhaltens lehrt.

Papola ist Autodidakt: Er lud sich Hörbücher wichtiger Ökonomen auf seinen iPod und hörte sie sich während der Fahrt zur Arbeit an. "Das Video wäre nie zustande gekommen, wenn ich nicht jeden Tag zwei Mal anderthalb Stunden im Bus und der U-Bahn sitzen würde," sagt er.

... aber Keynes wird fair dargestellt

Papola hatte die entscheidende Idee und wandte sich an Russell Roberts mit der Bitte um Unterstützung, weil der Professor bereits Erfahrung damit hatte, Ökonomie allgemeinverständlich darzustellen. Sein neuestes Buch ( The Price of Everything) versucht in Romanform das Funktionieren des Marktes im Sinne Hayeks zu erklären. Obwohl Papola und Roberts Partei sind, haben sie aber Keynes fair dargestellt. Das bestätigte ihnen jedenfalls dessen Biograph, der britische Historiker Robert Skidelsky.

Gedreht wurde das Video an zwei bitterkalten Tagen im Dezember. "Das merkt man daran, dass Hayek immer die Hände in den Hosentaschen hatte," erklärt Roberts. "Er hat einfach gefroren." Die beiden Hauptdarsteller, Billy Scafuri (Keynes) und Adam Lustick (Hayek), sind erfahrene Rap-Komödianten. Drehort war tatsächlich der Finanzdistrikt von Manhattan; die Saufszene wurde allerdings nicht in der Fed selbst aufgenommen, sondern im "Trinity Place", einer Bar an der Wall Street, deren Attraktion ein ausgedienter Banktresor ist.

© SZ vom 10.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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