Mietpreise:Wie Mieter geschützt werden sollen

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Mitspiegel Berlin: Gelb steht für "überwiegend einfache Wohnlage", orange für mittlere und rot für gute Gegenden, also teure Wohnungen. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Justizminister Heiko Maas will Mieter besserstellen. Wie groß sind seine Chancen, die Pläne gegen die heftige Kritik durchzusetzen?

Fragen und Antworten von Robert Roßmann

Es gibt kaum ein Thema, das derart emotional diskutiert wird wie die Entwicklung der Mieten. Das ist allerdings auch kein Wunder. Nur eine Minderheit der Deutschen lebt in den eigenen vier Wänden, in Berlin liegt die Eigentümerquote sogar unter zwanzig Prozent. Die Mehrheit der Bürger wohnt also zur Miete, sie ist - im Rahmen des Rechts - abhängig vom Gusto des Eigentümers. Dabei ist die Wohnung auch eine Art Lebensmittel. Jetzt hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen Gesetzentwurf zur Reform des Mietrechts fertiggestellt. Vor einem Jahr wurden die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip für Makler eingeführt.

Jetzt will Maas den Anstieg der Mietspiegel-Mieten bremsen und das Umlegen von Modernisierungskosten auf Mieter erschweren. Am Dienstagmorgen wurde der Gesetzentwurf bekannt, am Mittag tobte bereits ein politischer Sturm über dem Justizministerium. Die Immobilienwirtschaft mahnte in drastischen Worten Änderungen an. Auch die Unionsparteien übten heftige Kritik. Sogar der Mieterbund klagte über Teile der Reform. Um was geht es?

Warum sind Mietspiegel so wichtig?

Mieten sind in Deutschland nicht frei verhandelbar. Eigentümer dürfen sie in bereits bestehenden Mietverhältnissen maximal bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Bei Neuvermietungen darf die Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent überschritten werden. Von dieser im vergangenen Jahr eingeführten "Mietpreisbremse" sind lediglich Neubauten und "umfassend modernisierte Wohnungen" ausgenommen, hier gibt es bei der Erstvermietung nach dem Bau oder der Modernisierung keine Grenze. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird in den Mietspiegeln ausgewiesen. Diese Mietspiegel sind deshalb einerseits ein wichtiger Schutz vor unbotmäßigen Mietsteigerungen, andererseits aber auch ein erheblicher Eingriff in den freien Markt. Deshalb sind die Mietspiegel sowohl für Mieter als auch für Eigentümer außerordentlich wichtig - und regelmäßig umstritten. Es geht schließlich für beide Seiten um viel Geld.

Was soll sich jetzt ändern?

SZ-Grafik; Quelle: Statistisches Bundesamt (Foto: SZ-Grafik)

Bisher gehen in die Mietspiegel nur die neuen Mieten der vergangenen vier Jahre ein. Justizminister Maas will diesen Zeitraum jetzt auf acht Jahre ausdehnen. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete würden also auch ältere und damit in der Regel billigere Mietabschlüsse berücksichtigt werden. Das Niveau der Mietspiegel würde dadurch sinken, Eigentümer könnten die Mieten also nicht mehr so stark erhöhen wie bisher.

Kann sich Maas damit durchsetzen?

Die SPD hatte ursprünglich verlangt, den Zeitraum sogar auf zehn Jahre auszudehnen, Maas bleibt also unter der Forderung seiner Partei. Trotzdem wird er bei der Union auf starken Widerstand stoßen. Der Mietrechtsexperte der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, hat den Vorstoß von Maas bereits abgelehnt. Luczak sagte am Dienstag, die bestehende Zeitspanne von vier Jahren habe sich bewährt. Eine Verdoppelung auf acht Jahre hätte zur Folge, "dass die ortsübliche Vergleichsmiete in dynamischen Märkten sofort erheblich sinkt". Durch das Zusammenwirken mit der Mietpreisbremse wäre "jeder Anreiz zum Wohnungsneubau erstickt". Das wäre aber ein völlig falsches Signal, da nur mit Wohnungsneubau die wichtigste Ursache steigender Mieten, das zu knappe Angebot, langfristig bekämpft werden könne. Dafür sei aber "privates Kapital" nötig, das jetzt von Maas abgeschreckt werde.

Über die Zahl der Jahre wird es jetzt tarifverhandlungsähnliche Gespräche geben. Der Deutsche Mieterbund befürchtet, dass sich die Koalitionspartner am Ende auf sechs Jahre verständigen könnten. "Maas hat im vorauseilenden Gehorsam seine Forderung bereits von zehn auf acht Jahre reduziert", sagte Mieterbund-Geschäftsführer Ulrich Ropertz der Süddeutschen Zeitung. Er hoffe, dass es jetzt wenigstens dabei bleibe. Ein Zeitraum von sechs Jahren sei "nicht akzeptabel". Die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland sieht das naturgemäß anders. Mietspiegel sollten die aktuellen Marktmieten objektiv abbilden, erklärte die Arbeitsgemeinschaft. Die Mietspiegel in ihrer aktuellen Form hätten sich "seit mehreren Jahrzehnten bewährt und maßgeblich zum sozialen Frieden auf den Mietmärkten beigetragen". Der Entwurf von Justizminister Maas stelle dagegen "eine Manipulation der Miethöhen dar". Angesichts dieser widerstreitenden Interessen dürften sich Union und SPD am Ende tatsächlich auf einen Zeitraum irgendwo zwischen vier und acht Jahren verständigen. Die Entlastung für die Mieter wird also vermutlich nicht ganz so groß ausfallen, wie Maas es sich jetzt noch wünscht.

Was ändert sich bei Modernisierungen?

Bisher können Eigentümer jährlich elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete aufschlagen. Maas will diesen Anteil auf acht Prozent senken. Dazu ein Beispiel: Kostet die Modernisierung einer Wohnung anteilig 20 000 Euro, kann der Eigentümer bisher 2200 Euro, also gut 183 Euro monatlich auf die Miete aufschlagen. Künftig wären es nur noch gut 133 Euro. Maas geht damit über den Koalitionsvertrag hinaus. Darin hatten sich Union und SPD darauf verständigt, die Umlage von elf auf zehn Prozent zu verringern. Allerdings hatten Union und SPD damals auch vereinbart, dass Vermieter die Kosten für eine Modernisierung nur so lange auf den Mieter umlegen dürfen, bis sich die Investition amortisiert hat. Auf diese Beschränkung verzichtet Maas jetzt.

Gibt es auch einen Schutz vor Eigentümern, die Mieter verdrängen wollen?

Unseriöse Eigentümer nutzen derzeit die Möglichkeit, Modernisierungskosten unabhängig von der Mietspiegel-Höhe auf die Miete umlegen zu können, oft dazu, Mieter zu vertreiben. Sie kündigen extrem aufwendige Umbauten und entsprechend drastische Mieterhöhungen an. Wenn deshalb viele Mieter ausziehen, können die Eigentümer die Wohnungen deutlich teurer an neue Interessenten vermieten oder als Eigentumswohnungen verkaufen. Diese Lücke im Mietrecht will Maas jetzt schließen. Künftig darf wegen einer Modernisierung die Miete innerhalb von acht Jahren höchstens um drei Euro pro Quadratmeter erhöht werden. Außerdem wird eine genaue Härtefall-Klausel eingeführt. Künftig darf die Miete inklusive der Heizkosten nach einer Modernisierung höchstens 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens der Bewohner betragen.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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