Machtkampf bei Volkswagen:Winterkorn muss durchhalten

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Die Attacke von VW-Aufsichtsratschef Piëch war brutal. Soll Martin Winterkorn einfach hinschmeißen? Nein. Der Manager könnte Volkswagen helfen, wenn er jetzt Chef des Konzerns bleibt.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Natürlich könnte Martin Winterkorn jetzt zurücktreten. Natürlich könnte er jetzt einfach hinwerfen. Aber was hätte er davon? Und vor allem: Was hätte Volkswagen davon? Nichts.

Der Konzern steckt in einer schweren Führungskrise- ausgelöst durch den einen, vernichtenden Satz von Ferdinand Piëch. "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn." Doch diese Führungskrise wäre auch nicht vorbei, wenn Winterkorn nun sagen würde: Ihr könnt mich mal. Klar, Winterkorn würde damit zeigen, dass er nicht alles mit sich machen lässt. Er würde sich aus der Schusslinie begeben, ehe weitere, noch gezieltere Schüsse folgen. Er könnte sagen: Ich habe getan, was ich tun konnte; aber nun kann ich nichts mehr tun.

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Denn Winterkorn hat das Vertrauen seines Mentors verloren, der ihn immer gefördert hat. Das ist ungefähr so, als würde Jogi Löw nicht mehr das Vertrauen des DFB-Präsidenten besitzen. Und ist ungefährt so, als ob Karl-Heinz Rummenigge beim FC Bayern sagen würde: Ich gehe auf Distanz zu Pep Guardiola. Die Konsequenz könnte nur lauten: Ende des Vertrages. Demission. Schluss. Aus.

Piëch regiert nach Gutsherrenart

Wenn aber Winterkorn nun gehen und er sich dem Druck von Ferdinand Piëch beugen würde, wäre nichts gewonnen - anders als bei einem Fußballteam, dessen Trainer die Mannschaft nicht mehr motivieren und nicht mehr zu Siegen treiben könnte. Die Führungsprobleme bei Volkswagen würden nur noch weiter verschärft. Denn Ferdinand Piëch, der Patriarch, der von Salzburg aus in Wolfsburg durchzuregieren versucht, sähe sich wieder einmal bestätigt. Er hätte wieder einmal bewiesen, dass er mit allem durchkommt. Und dass er, so wie schon bei Bernd Pischetsrieder, so wie schon bei Wendelin Wiedeking, einen leitenden Angestellten einfach mit einem Satz öffentlich hinrichten kann. Egal welche Verdienste jemand auch hat - solch ein Vorgehen nach Gutsherrenart, bei dem einer sich allmächtig fühlt und sich über alle anderen hinwegsetzt, ist weder bei einem Familienunternehmen noch bei einem börsennotierten Konzern tolerabel. Und VW ist beides.

Die Familien, das sind die Porsches und die Piëchs, in der dritten, vierten und teils fünften Generation. Eine Dynastie, die sich immer weiter verästelt. Solch eine große Unternehmerfamilie kann, ja darf kein Einzelner dominieren, der alle anderen ausbootet, weil das dann zu fortwährendem Krach führt. Viele Familienunternehmen gehen dadurch zugrunde. Meist haben diese Zwistigkeiten damit zu tun, dass zwei Familienzweige nicht miteinander können; oder dass die ältere Generation nicht an die jüngere übergeben kann. VW erlebt gerade beides.

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Es braucht verlässliche Regeln - und keinen Gottvater

Gut geführte und ebenfalls börsennotierte Familienunternehmen wie BMW, Merck oder Haniel mit teils noch größeren Familien im Hintergrund sind da Gegenbeispiele. Sie folgen verlässlichen Regeln. Denn letztlich gilt das Prinzip, dass einer sich nicht als Gottvater aufspielen kann, auch in einer Aktiengesellschaft. Wer an der Spitze steht, in Aufsichtsrat und Vorstand, ist nicht nur sich verpflichtet, sondern allen Eigentümern.

Gewiss, Winterkorn wäre am besten schon vor zwei Jahren gegangen, um seine Aufgabe als Vorstandschef geordnet an einen Jüngeren zu übergeben. Nun aber sollte er bleiben. Er würde dem Unternehmen einen dauerhaften Dienst erweisen, wenn er dem selbstherrlichen Eigentümer Piëch seine Grenzen aufweist - und damit dabei hilft, dass VW künftig nicht mehr ganz so autokratisch geführt wird, sondern ruhiger und vernünftiger.

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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