Machtkampf bei der Deutschen Bank:Clash der Egos

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In der Deutschen Bank bekämpfen sich zwei Lager, das des bisherigen und das des künftigen Chefs. In Deutschlands größter Bank geht es derzeit zu wie in Deutschlands kleinster Regierungspartei. Nur dass die Kapriolen in der Causa Jain gegen Ackermann keinen größeren Schaden anrichten dürften. Peinlich sind sie allemal.

Hans-Jürgen Jakobs

Schon der Name sagt es: Die Deutsche Bank ist in Deutschland eine besondere Firma. Sie ist bei weitem das größte und mächtigste Geldinstitut. Sie hat die großen deutschen Konzerne als Kunden. Sie betreibt wie keine zweite Bank der Republik das internationale Geschäft. Sie ist traditionell ein gesuchter Gesprächspartner der Regierungen, gleich welcher Couleur. Sie ist sogar ohne große Blessuren aus der Finanzkrise gekommen.

Die Deutsche Bank also vermag vieles - eines vermag sie aber offenbar nicht: einen zivilen, ordentlichen Führungswechsel zu organisieren. Seit mehr als einem Jahr macht das Geldhaus mit chaotischem Suchen nach den Verantwortlichen für die Zukunft auf sich aufmerksam.

Einen neuen Tiefpunkt in der Unterhaltungsserie aus dem Frankfurter Bankenviertel markierte jetzt ein Flop des designierten Vorstandsvorsitzenden Anshu Jain, der als Jüngerer in einer Doppelspitze den Ton angeben will. Ausgerechnet sein Kandidat für den wichtigen Posten des Risikovorstands fiel bei der Aufsichtsbehörde Bafin durch: Der Mann habe zu wenig Führungserfahrung und beherrsche die Kreditrisiken womöglich noch nicht.

Ein Veto! Allenfalls auf Probe hätte der US-Amerikaner William Broeksmit anfangen dürfen, dessen größte Qualifikation offenbar darin besteht, ein enger Gefolgsmann von Jain zu sein. Ein amtlich angezweifelter Lehrling im Vorstand sollte es dann doch nicht sein, und so berief der Aufsichtsrat am Freitag einen anderen, den Schotten Stuart Lewis. Er hat als Stellvertreter des abservierten Risikovorstands Hugo Bänziger immerhin 4000 Leute geführt, und nicht nur 200 (wie der gescheiterte Kandidat).

Angesichts des Tohuwabohus stellt sich die Frage, warum es überhaupt zu einem Wechsel kommen muss: Bänziger hat seinen Job ausgezeichnet verrichtet, in den Augen der neuen Machthaber besitzt er nur den Makel, ein Vertrauter des langjährigen Vorstandschefs Josef Ackermann zu sein.

Es geht also in Deutschlands größter Bank derzeit zu wie in Deutschlands kleinster Regierungspartei, der FDP, die ebenfalls in Machtspielchen gefangen ist, und dem Publikum alle paar Wochen eine neue Überraschung beim Clash der Egos präsentiert. Weil es der Deutschen Bank weitaus besser geht als den Liberalen, dürften die Kapriolen rund um den Generationenwechsel keinen größeren Schaden anrichten. Peinlich sind sie allemal. Denn es ergibt sich der Eindruck, dass sich hier zwei Lager mit allen Mitteln der Intrige bekämpfen.

Da sind zum einen der verdiente Bankchef Ackermann und seine Getreuen, die lieber den einstigen Bundesbank-Präsidenten Axel Weber an die Vorstandsspitze geholt hätten als irgendeinen der lange gedienten Top-Manager im eigenen Haus - und die den Eindruck vermeiden wollen, hier sei der Ende Mai gehende Chef schon eine lame duck. Und da ist auf der anderen Seite der Investmentbanker Anshu Jain, der von London aus - vor der Finanzkrise - sprudelnde Gewinne gewährleistet und dabei das Haus auch in ein Spielkasino verwandelt hat, dessen schlimmste Auswüchse Ackermann stoppen musste.

Dieser Jain will jetzt mit Vertrauten im Vorstand die Bank international weiter nach vorne bringen. Sein Vertrauter Henry Ritchotte darf immerhin das operative Geschäft und die IT verantworten, und ein weiterer, erst 39-jähriger Adlatus rückt in Vorstandsnähe auf.

Die Schlüsselpersonalie, der Risikovorstand, aber ist an einer Behörde gescheitert. Man hätte es dem künftigen Ko-Vorsitzenden Jürgen Fitschen, aber auch Aufsichtsratschef Clemens Börsig, zugetraut, in sensiblen Gesprächen mit der Bafin zu antichambrieren, welche Chancen der Aspirant überhaupt hat. Irgendwie sollte alles schnell und heimlich laufen, doch dann wurde die Sache öffentlich und unheimlich. Das neue Führungsduo Jain und Fitschen ist blamiert, bevor es offiziell loslegen wird.

© SZ vom 17.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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