Krise in Griechenland:Hedgefonds gefährden Schuldenerlass

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Der US-Fonds Greylock weigert sich als Erster, einem freiwilligen Schuldenerlass für Griechenland zuzustimmen. Nun stellt sich die Frage: Platzt der Schuldenerlass? Und was passiert dann?

Harald Freiberger, Alexander Hagelüken und Christiane Schloetzer

Der amerikanische Hedgefonds Greylock rühmt sich, für Kunden "besondere" Anlageobjekte zu finden. Griechenland darf sicher als besonders schlechtes Investment gelten, weil erstmals ein EU-Staat seinen Gläubigern das Geld schuldig bleiben wird. Bei der Frage, wie dieser Schuldenschnitt für Athen abläuft, wird Greylock LLC mit Büros in Singapur und Accra/Ghana eine besondere Rolle spielen: Der US-Fonds weigert sich als Erster, dem freiwilligen Schuldenerlass zuzustimmen, zu dem sich die privaten Gläubiger bis Donnerstagnacht durchringen sollen. So stellt sich die Frage: Platzt der Schuldenerlass? Und was passiert dann?

Die Unsicherheit darüber trieb am Dienstag den Deutschen Aktienindex zeitweise drei Prozent nach unten. Der internationale Bankenverband IIF trommelt weiter für die freiwillige Lösung. Intern beschwört der Verband die Mitglieder, eine unkontrollierte Pleite Athens koste eine Billion Euro, vor allem, weil die Panik auf Spanien und Italien übergreife. Nun wirbt der IIF damit, große Institute wie die Deutsche Bank, die Allianz oder BNP Paribas machten freiwillig mit und verzichteten auf mehr als die Hälfte des Nennwerts ihrer Anleihen. Wenn die anderen Gläubiger bis Donnerstag folgen, schrumpfen die griechischen Schulden von 203 auf 96 Milliarden Euro. Das ist die Voraussetzung für weitere Hilfen Europas für Athen.

Doch die Zusage des IIF reicht eben nicht. Hedgefonds mit schnittigen Namen wie Marathon, Saba oder Vega sollen ein Viertel aller griechischen Anleihen in privater Hand halten. Wenn sich mehrere Hedge-Fonds so verhalten wie Greylock, sinkt die Annahmequote unter den Gläubigern schnell unter 90 Prozent - die Schwelle, die Griechenland definiert hat. In EU-Regierungen und bei der Europäischen Zentralbank rechnen daher einige damit, dass die freiwillige Lösung scheitert.

Für diesen Fall hat die griechische Regierung nachträglich Umschuldungsklauseln für ihre Anleihen eingefügt, sogenannte CAC. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, alle Investoren zum Tausch zu zwingen, auch die Greylocks dieser Welt. Es müsste mindestens die Hälfte der Investoren darüber abstimmen und sich mit Zwei-Drittel-Mehrheit dafür aussprechen. "Die Klauseln sind ein Mittel, um die privaten Investoren unter Druck zu setzen, weil sie bedeuten, dass sie den Tausch gar nicht vermeiden können", sagt Konrad Becker, Analyst bei Merck Finck.

Daraus folgt eine Gefahr. Schließlich kann man nicht mehr von einem freiwilligen Schuldenschnitt reden, wenn die Klauseln ausgelöst werden. In diesem Fall würden die Ratingagenturen griechische Anleihen auf "Zahlungsausfall" herunterstufen - ein unabsehbares Risiko für die Anleihen anderer Schuldenstaaten wie Spanien oder Italien. Zwar warnt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer vor Panikmache: "Große Staaten wie Italien und Spanien können die Euro-Regierungen gar nicht fallenlassen, weil sonst alles zusammenbricht". Doch die Unsicherheit bleibt, was ein zwangsweiser Schuldenschnitt bedeuten würde.

In jedem Fall würden wohl Kreditausfallversicherungen fällig, mit denen sich Investoren gegen den Ausfall griechischer Anleihen absicherten. Manche Beobachter denken, dass sich Hedgefonds genau aus diesem Grund verweigern - weil sie die 2,4 Milliarden Euro Versicherungssumme kassieren wollen. Erwartet werden Klagen gegen Athen und die Europäische Zentralbank, die durch ein Sondermanöver Verluste durch einen Schuldenschnitt vermeiden will.

Unruhe ist auch in Griechenland ausgebrochen. Erst spät haben dortige Kleinanleger gemerkt, dass sie von dem Schuldenschnitt betroffen sind. So wie Deutsche Bundesschatzbriefe kaufen, erwarben Griechen Anleihen als vermeintlich sichere Anlage. Zwar versicherte die Regierung, man werde den Kleinanlegern helfen, aber daran glaubt kaum jemand. Betroffen sind zudem Firmen, die für den Staat tätig wurden und mit Anleihen bezahlt wurden. Sie verlieren hohe Summen, kommt es zum Zwangsschnitt. Gleiches gilt für die Pensionskassen, deren Verluste beziffert die Regierung auf elf Milliarden Euro - und fügt hinzu: Den Fonds müsse dann der Staat helfen. Am Dienstagabend sagte ein Regierungsvertreter, dass sich vier Pensionsfonds weigerten, beim Schuldenschnitt mitzumachen. Sie stehen unter dem Druck der Gewerkschaften, welche die Altersvorsorge ihrer Mitglieder durch den Haircut in Gefahr sehen.

© SZ vom 07.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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